Die 8 unfreien Zustände

Gestern Abend eine unfrohe Diskussion im buddhistischen Zentrum meiner Wahl. Ein bunter Themenmix, aufgehängt am derzeitigen Sündenbock und unserer Wirkung auf Neue. Jede Menge Emotion, mal ungeschönt gestört, mal reinsichtig aufgehellt, immer – am Anlass gemessen – unnötig.

Wie auch immer, der Sündenbock weigerte sich, durch den ungeduldig hingehaltenen Reif zu springen. Mir war völlig unklar, wie ich in der Situation hilfreich sein könnte; ich spürte meinen Ärger, der mich daran erinnerte, dass ich in der Situation etwas nicht verstand (alter Sozialpädagogen-Spruch: „Wenn Du Dich ärgerst, hast Du etwas nicht verstanden.“) und stellte mich mittels Mantra erstmal ruhig.

Heute morgen erinnerte ich mich an die 8 unfreien Zustände. Unser Geist ist deshalb so anfällig für unfrohe Emotionen weil er sich ständig in Ablehnung und Erwartung verfängt. Verfangen in Erwartung und Ablehnung ist er unfrei. Systematisiert wird das mit den 8 unfreien Zuständen beschrieben:

Erwartung von … Ablehnung von …
Lust Leid
Gewinn Verlust
Lob Tadel
Ruhm Schande

Sobald wir in einem der unfreien Zustände verfangen sind, fällt es uns schwer mitfühlend zu sein. Das der Mangel an Mitgefühl in der Regel zu einem (Diskussions-)Verhalten führt, das mit „unklug“ nur unzureichend beschrieben ist, kann ich als bekannt voraussetzen. Auf die eine oder andere Weise waren wir gestern Abend alle unfrei, jeder gefangen in seinem ureigensten Mix aus Ablehnung und Erwartung.

Genug für heute, als kleiner Merker für mich selbst: „Die Meiselschrift vom Glauben an den Geist“ heraussuchen! Als kleiner Vorgeschmack für Euch der erste Vers:

Der höchste Weg
ist nicht schwer
nur ohne Wahl

Statuenfüllkurs

Wer schon immer mal wissen wollte, womit Statuen gefüllt werden, kann das auf diesem Bild sehen.Blüten und Kräuter, in diesem Fall Lavendel, Rose, Ringelblume, Jasmin, Thymian und Salbei sind vorne im Bild zu sehen. Sie füllen die Hohlräume zwischen den Edelsteinen und Halbedelsteinen auf, die in den verschiedenen Schalen bereit stehen und zur Füllung des Sockelbereiches dienen. Dort können auch andere Kostbarkeiten, zumeist Schmuck, eingebracht werden. In den Körper der Statue wird zunächst der Lebenbaum eingebracht, der am rechten Bildrand mittig auf dem Filz liegt, der die Füllung als letzte Lage abdecken wird. Um den Lebensbaum herum gruppieren sich Mantrarollen, ihre Zwischenräume werden mit Sandelholzmehl aus der großen Schüssel in der Bildmitte aufgefüllt.

Gibt es buddhistische Software?

2008-04-20-tux-buddha

Zugegeben, die Frage weckt falsche Vorstellungen, es soll in diesem Artikel nicht um Programme zur Herstellung meditativer Zustände gehen. Auch die elektronische Entsprechung von Gebetsmühlen ist nicht gemeint. Wie wir in der Bürosoftware unserer Wahl das Wort Gott gegen Buddha austauschen fiele unter Tipps und Tricks und wäre außerdem semantischer Blödsinn.

Wenn wir „buddhistisch“ mit „den Lehren Buddhas entsprechend“ übersetzen wollen, dann frage ich nach Software, die ich assoziativ mit Teilen von Buddhas Lehre verknüpfen kann. Weitergehend auch, ob es Software gibt, die buddhistischer ist als andere? Die Antworten: ja und ja.

In meiner Linie sprechen wir oft von den Wesen, „die Buddhas sind, ob sie es wissen oder nicht“. Da fallen mir gerne all die Programmierer ein, die dafür sorgen, dass ich ein funktionierendes Betriebssystem mit sicheren und komfortablen Anwendungsprogrammen kostenfrei nutzen kann. Und all die Kulturschaffenden, die ihre Werke unter der CC-Lizenz der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Oder die Wikipädianer, die mich an ihrem Wissen Teil haben lassen. All diese Menschen helfen mir, weil sie Spaß daran haben oder es anderweitig für nützlich, wünschenswert und sinnvoll halten.

Buddha, „der Befreite“, hat uns die sechs befreienden Handlungen genannt, vier davon – mindestens -darf man den selbstlosen Codern, Künstlern und Kennern unterstellen: Großzügigkeit, sinnvolles Verhalten, Geduld und freudige Anstrengung (für die Freunde der Vollständigkeit: die letzten zwei Paramitas sind Meditation und Weisheit ). Deswegen schaue ich sie als Buddhas an, ob sie es wollen oder nicht.

Und: unbekannterweise helfen auch diese „Freunde auf dem Weg“ mir, der Buddhaschaft etwas näher zu kommen, einfach deswegen, weil sie mein Leben etwas sorgenfreier machen. Eine Sorge, zwei Sorgen, drei Sorgen weniger betreffs schlechter Eindrücke im Geist. Ich halte das für wichtig. Das Vorhandensein von Sorge oder Unruhe verträgt sich nicht mit dem Streben nach Erleuchtung. Auch dann nicht, wenn es nur eine kleine Sorge ist, zum Beispiel die, ob mein Betriebssystem nachhause telefoniert oder mein Provider erst speichert und dann petzt, das ich die neueste aber unbezahlbare Version von Was-auch-immer-Soft beim Warezlieferanten meines Vertrauens heruntergeladen habe. Oder ich mir Gedanken machen muss, ob der Urheber dieses Bildes, dieses Icons, dieses Jingle, dieses Zitates stolz oder kostenintensiv ärgerlich wird, wenn ich es in meiner Website verwende. Das muss ich nicht haben, wenn ich das nicht haben muss, weil es Alternativen gibt.

Also: es gibt Programme und Inhalte, die von den Machern der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Das Verwenden dieser Programme und Inhalte ist unter Erleuchtungsaspekten anzuraten.

Ein letzter Hinweis: Es gibt Lizenzen, die dafür sorgen, dass diese Programme und Inhalte auch der Allgemeinheit bleiben und nicht von weniger selbstlosen Zeitgenossen per Patent oder Urheberanspruch angeeignet werden. Diese Lizenzen können zur Orientierung auf der Suche nach buddhistischer Software nützlich sein. Gelegentlich werde ich an dieser Stelle noch einige Links einfügen.

Über die Nicht-Anwendung der Mittel

Heute morgen bin ich auf ein Zitat von Drukpa Künleg gestoßen, das immer noch nachwirkt. Ohne den genauen Wortlaut zu erinnern kann ich nur schreiben, dass es darum ging, die Mittel zu kennen und sie dennoch nicht anzuwenden. So handelnd ist man wie der, der vorm vollen Kühlschrank verhungert. Obwohl es zu Drukpas Zeiten noch keine Kühlschränke gab und sie in Tibet und Bhutan auch nicht wirklich fehlten.

Die Mittel anzuwenden ist dem widerständigen Ego, wie sich zum essen zu zwingen, wenn man nicht essen möchte. Nun ist es ganz und gar nicht mein Problem, nicht essen zu wollen. Aber ich habe beruflich und privat mehrfach mit magersüchtigen Frauen zu tun gehabt und weiss, wie schwer es ihnen fällt. Mein Lieblingslama hat einmal, von einer magersüchtigen Frau um Hilfe gebeten, gefragt, ob sie denn den Buddha mögen würde. Als diese das bejahte riet er ihr, sich den Buddha in ihrem Magen vorzustellen und ihn an ihrer Stelle zu füttern.

Wenn wir etwas – was auch immer – nicht für uns selbst tun können, so scheint es eine gute Idee zu sein, es für den Buddha in uns zu tun. Ich möchte mich in Zukunft öfter an den Buddha in mir erinnern, denn es ist an der Zeit, einiges für ihn zu tun.