Vorrangig geht es hier nicht um das Bildchen (obwohl ich es gut genug fand, um es später zur Grundlage eines Linoldrucks zu machen), sondern um das Papier, auf dem es gekritzelt ist. Nämlich …
Letzten Mittwoch saß ich mit Tochter H. im Cafè und wir plauderten so vom Hölzchen auf’s Stöckchen. Irgendwann im Gespräch kamen wir über Zines auf die Anfänge des Selbstveröffentlichens und die Zeiten, als es noch keine Kopierer gab. Als ich den Matritzendruck erwähnte, wusste sie ganz offensichtlich damit nichts anzufangen. Auch Spiritusdrucker oder Blaudrucker als Bezeichnungen für die Geräte, mit denen die DIN-A4-großen Matritzendrucke angefertigt wurden, löste kein Erinnern aus.
Ich fand das im ersten Moment sehr erstaunlich, obwohl bei näherem Nachdenken klar wird, dass Matritzendruck die Vervielfältigungstechnik meiner Kindheit ist. Vermutlich ist der spezielle Spiritusgeruch der ausgeteilten Arbeitsblätter (so nannten wir damals™ Handouts) tief ins kollektiv-olfaktorische Gedächtnis meiner Generation eingebrannt. Und immer war die Schrift blau-violett, wie es auf der rechten Seite des Bildes zu sehen ist. Oft auch genau so verwaschen, von einer Matritze konnte mensch nur eine begrenzte Anzahl von wirklich guten Abzügen machen, danach wurden sie immer schlechter, irgendwann auch unlesbar. Alles Gewöhnungssache.
Tja, und daran musste ich denken, als ich heute bei der Suche nach etwas zu verbloggendem an dem Beitragsbild vorbei komme.
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Der eigentliche Blogbeitrag könnte hier enden. Tut er auch. Gehen sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.
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Ab jetzt also etwas ins Unreine. Es gibt einen Text, in dem ich schon einmal Spritusdrucke erwähnt habe. Den muss ich noch finden (gefunden!) und verlinken. Also von hier nach dort und wieder zurück. Weil ich nämlich eine kleine Zusammenfassung zum Matritzendruck anhänge, die ich mir habe erstellen lassen. Damit ich die Fakten hier (!) direkt nachlesen kann, wenn ich das nochmal will oder brauche.
Wer also noch etwas mehr über Matritzen- oder Spiritusdruck erfahren möchte geht zu Wikipedia oder darf direkt hier weiterlesen.
Der Matrizendruck, auch als Spiritusdruck oder Blaudruck bekannt, war in Schulen und Verwaltungen weit verbreitet, bevor Fotokopierer die Szene beherrschten. Hier ein kurzer Überblick:
- Entwicklung und Beginn: Der Matrizendrucker wurde 1923 in Deutschland von Wilhelm Ritzerfeld entwickelt. Er gewann im Laufe des 20. Jahrhunderts, besonders in der Nachkriegszeit, an Popularität, da er eine einfache und kostengünstige Möglichkeit zur Vervielfältigung von Dokumenten bot.
- Funktionsweise: Das Prinzip basierte auf einer speziellen Matrize, die aus zwei Schichten bestand: einer dünnen Wachsschicht und einem Trägermaterial. Beim Schreiben oder Zeichnen auf die Matrize wurde die Wachsschicht perforiert und die darunterliegende, mit Wachsfarbe getränkte Schicht freigelegt. Diese Matrize wurde dann in die Maschine eingespannt. Papier, das zuvor leicht mit Spiritus (Ethanol) befeuchtet wurde, wurde über die Matrize geführt. Der Spiritus löste die Farbe von den perforierten Stellen der Matrize und übertrug sie auf das Papier. Dies erzeugte die typischen blau-violetten Kopien.
- Anzahl der Drucke: Die Anzahl der möglichen Drucke pro Matrize war begrenzt. In der Regel konnten selten mehr als 100 Ausdrucke in guter Qualität erstellt werden, bevor die Farbe verblasste und die Lesbarkeit stark nachließ. Bei sehr guter Qualität der Vorlage konnten es aber auch bis zu 200 Exemplare sein.
- Niedergang: Der Matrizendruck kam mit dem Aufkommen der Xerographie (Fotokopie) in den 1960er Jahren zunehmend aus der Mode. Die ersten kommerziellen Kopierer, wie der Xerox 914 (1959), boten eine deutlich höhere Qualität, schnellere Vervielfältigung und die Möglichkeit, eine viel größere Anzahl von Kopien zu erstellen, ohne dass die Vorlage an Qualität verlor. Auch der Geruch der Spirituskopien und die begrenzte Haltbarkeit der Farbe spielten eine Rolle. In den 1970er Jahren waren Matrizendrucker zwar noch gebräuchlich, wurden aber zusehends von den modernen Kopiergeräten verdrängt.