
Kategorie: g.blogt
Der tägliche Kleinkram
24937 – Making of: Demo-Schild
Gestern auf der „Demo gegen den Rechtsruck“ habe ich ein Schild mit mir herumgetragen, das in der Woche vorher in mehreren kleinen Schritten, zumeist abends, entstanden ist. Hier die Dokumentation dazu:
2.2.2025
Ich habe vor Kurzem irgendwo im Internet einen interessanten und minimalistischen Gegen-Rechts-Sticker gesehen, den ich „aus dem Kopf“ für ein Protestplakat nachbauen will. Dazu muss ich herausfinden, wie groß ein Verbotsschild ist. Ich suche und finde: 60 cm im Durchmesser nach StVO-Norm.
Was ich außerdem brauche, sind die Maße des roten Außenkreises und des Mittelbalkens. Ich suche mir im Netz das Bild eines Halteverbot-Schildes, vermesse es und rechne die Maße hoch.
Pappe und die benötigten Spraydosen gesucht, alles da. Mit einem Papierstreifen einen ausreichend großen Zirkel improvisiert. Ausgeschnitten. Motiv vorgezeichnet.
Nicht abgebildet: eine zweite, gleich große Pappscheibe ausgeschnitten und zur Versteifung mit der ersten verklebt.
Das schwarze Feld gesprüht, später abgeklebt. Blöderweise ist die weiße Spraydose eine blaue mit weißer Kappe, also ziehe ich rot vor und werde für das weiße Feld statt Farbe einen entsprechend ausgeschnittenen Karton aufkleben.
5.2.2025Der Karton braucht beim verkleben etwas mehr Zuwendung.
Die Positionierung des Bärtchens ist problematisch (und bei 24936 beschrieben).
6.2.2025
Und noch einen stilechten Schildermast aus einem alten Kabelkanal improvisiert.
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Eine letzte Anmerkung: Ich bin mal wieder sehr stolz darauf, dass ich während der ganzen Bastelei auf Materialien zurückgreifen kann, die schon vorhanden sind. Das gibt diesem manchmal etwas unsinnig anmutenden Aufheben von Altmaterialien dann doch wieder Sinn. Ich mag das sehr.
24936 – LTLYM – Aufgabe 34: Erstelle ein Protestplakat und protestiere.
angelegt an 24924
LTLYM – Aufgabe 34: Erstelle ein Protestplakat und protestiere.
Erstelle ein Protestplakat und protestiere öffentlich gegen etwas, das du aus tiefster Überzeugung ändern möchtest. Es könnte die Misshandlung von Hühnern bei KFC sein oder der Mangel an Rechten für Kinder in unserer Gesellschaft. Du kannst alleine protestieren, mit einer selbst organisierten Gruppe oder mit einer bereits bestehenden Protestgruppe.
Dokumentation
Lass ein Foto von dir mit deinem Protestplakat machen, während du öffentlich protestierst. Schreibe einen Titel, der beschreibt, wogegen und wo du protestierst, zum Beispiel: „[Gegen den Rechtsruck – für Menschenrechte, Gießen, 8.2.2025].“
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Nach- und eingeschoben: Artikel zur Demo in der Gießener Allgemeinen vom 9.2.2025.
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Auf der Projekt-Seite ist zu den Aufgaben folgendes zu lesen:
„Wie ein Rezept, eine Meditationspraxis oder ein vertrautes Lied war der vorschreibende Charakter der Aufgaben dazu gedacht, Menschen zu ihrer eigenen Erfahrung hinzuführen.“
Okay, die Künstlerinnen möchten, dass wir Erfahrungen machen; indem wir die Aufgaben annehmen, willigen wir in den Erfahrungsprozess ein. Das ist ein Teil dessen, was die Aufgaben so spannend macht. Welche Erfahrungen werden wir machen?
Zwei Erfahrungen, die ich gemacht habe, will ich schildern, weil ich sie neben den persönlichen auch verallgemeinerbare Aspekte enthalten. Da war der Moment im Erstellungsprozess des Schildes, als ich merkte, dass ich die Lage des Bärtchens nicht aus der Geometrie ableiten konnte. Meine These lautete in etwa: der rote Mittelbalken steht exakt in einem 45°-Winkel zum Boden, wenn ich dann vom Mittelpunkt des Schildes eine Linie zum Boden fälle, kann ich daran das Bärtchen mittig ausrichten und muss nur noch dessen Höhe nach Augenmaß bestimmen. Zeigt sich: ja, kann ich machen, sieht aber immer (!) Scheiße aus, in dem Sinn, dass nicht der beabsichtigte Wiedererkennungswert von Scheitel und Bärtchen eintritt. Zeigt sich weiter: mit gar nicht mal so kleinen Abweichungen von dieser „perfekten“ geometrischen Ableitung stellt sich der gewünschte Effekt ein. Damit hatte ich einerseits nicht gerechnet, andererseits aber von ähnlichen Effekten schon gelesen.
Kleiner Abschweif: Grafiker wissen, dass sie ein Problem haben, wenn ein Balken schräg von einem Strich gekreuzt wird, weil dann optische Täuschungen ins Spiel kommen, die Richtiges falsch aussehen lassen. Oder die Sache mit Kreisen, die ab einer gewissen Größe (z.B. auf Werbeplakaten) nicht mehr als exakt kreisförmig wahrgenommen werden, weil das menschliche Sichtfeld breiter als hoch ist und unser Hirn das korrigiert, auch wenn es das besser nicht täte. Grafiker oder Künstler sind dann gezwungen, Dinge bewusst falsch zu machen, damit sie richtig aussehen. Abschweif Ende.
Und ab hier beginnt meine ureigene Erfahrung, denn jetzt musste ich mich auf meine gestalterische Intuition verlassen, meint: ich musste es richtig aussehen lassen, ohne mich auf objektive Geometrie beziehen zu können. Und ich musste mich darauf verlassen, dass das, was für mich richtig aussah, auch für andere Menschen richtig aussehen würde. Und ich musste mich darauf festlegen, im Wortsinn und mit Klebstoff.
Mir ist das sehr, sehr schwer gefallen, das ist die Erfahrung. Und auch, dass ich es hinbekommen habe. Mit lange hinschauen und Korrekturen im Millimeterbereich, spannend war das und irgendwann auch gut. Oder gut genug.
Die zweite Erfahrung ist vor allem eine soziale. Während der Demo habe ich bemerkt, dass manche Menschen die Bedeutung des Schilds, seinen Bezug, unmittelbar wahrnehmen, auch gut finden und die minimalistische Umsetzung zu würdigen wissen (zu denen zähle auch ich). Andere müssen einen Moment länger hinschauen bis der Groschen fällt, mensch sieht es am Gesicht. Und es gibt die, denen das Zeichen verborgen bleibt und von denen die mutigeren kommen, fragen und erst dann verstehen.
Angesprochen haben mich Personen aus allen drei Personengruppen, mit Menschen aus der letzten Gruppe hatte ich, und das ist die Erfahrung, schnell das Gefühl, als hätte ich die Verantwortung dafür, dass sie nicht verstehen. Das ist natürlich Unsinn, weil es ja die beiden anderen Gruppen gibt, die das Gegenteil belegen und die ich vor Ort erleben durfte. Dennoch.
Nehmen wir einen kurzen Moment an, wir befänden uns in einer Situation, in der die beiden ersten (Kontroll-)Gruppen nicht existieren oder still bleiben. Dann bliebe ich bei meinem Gefühl der Verantwortung dafür, von anderen nicht verstanden zu sein. Und würde versuchen, mich verständlich zu machen, gegenüber Menschen, die für mein Anliegen oder meine Darstellungsweise einfach nicht das Sensorium haben. Und ich würde das sehr viel verzweifelter tun, als bei einem Demo-Schild, bei dem es mir letztlich egal sein kann, ob ich verstanden werde oder nicht.
Wie blöd wäre das denn?
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Vorankündigung: Morgen gibt’s zum Demo-Schild das „Making of“.
24935 – Feuer, Wasser, Erde, Luft
Manchmal nehme ich Themen oder Ideen immer wieder auf.
So wie hier in den Jahren 1993, 1996 und 2003.
Zugegebenermaßen ist die Ausführung 2003 mit transparenten Fensterfarben nur ein schwaches Echo der 1993 ursprünglich geplanten Bleiglasvariante. Den Kindern war’s vermutlich egal.
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Und noch etwas für die Freunde unnützen Wissens.
Im Moment werden wir von Marvel auf „Die fantastischen 4“ heiß gemacht, eine Superheldengruppierung, von denen nerdige Erklärbären schon in meiner Jugend behaupteten, dass sie nur deshalb als Comic so erfolgreich wurden, weil ihre Kräfte an die vier Elemente angelehnt sind.
Reed Richards hat die Fähigkeit, seinen Körper elastisch zu dehnen und zu formen wie Wasser. Seine Ehefrau Susan kann sich unsichtbar machen wie Luft. Deren Bruder Johnny kann sich selbst entzünden, Feuer, und Reeds bester Freund Ben hat eine steinartige Haut, die für das Element Erde stehen kann.
Ob die Referenz zu den vier Elementen allein den Erfolg ausmacht, sei dahingestellt, aber sie passt. Und weil sie das tut, habe ich mir das jetzt mindestens 40 Jahre gemerkt, ohne in der Zwischenzeit auch nur einmal mit irgendjemanden darüber gesprochen zu haben. Das finde ich – wenn auch aus unklaren Gründen – bemerkenswert.
24934 – Gesundheitsupdate
angelegt an 24927

Was bisher geschah: Ich habe ein Aortenaneurysma (Gespräche mit der Fee 1) und nun auch eine direkt daneben liegende hochgradige Herzklappenverengung (Gespräche mit der Fee 2). Die Ärzte empfehlen, beides gemeinsam zu operieren. |
Heute kam telefonisch das Ergebnis des CT’s, das zunächst die rein anatomische Machbarkeit eines minimalinvasiven Eingriffs über die Leiste zum Einsetzen einer künstlichen Herzklappe prüfen sollte. Zeigt sich: es geht. Alles nicht so supertoll, Risiken werden erwähnt, aber – auf explizite Nachfrage – wenn ich das unbedingt wolle, würde es auch gemacht.
Eine gute Nachricht kommt eher beiläufig, in einem Halbsatz, „es sei ja nicht dringend“. Ich fühle mich bestätigt in meiner Auffassung, das alles gut ist, solange ich frei von den Symptomen einer Herzklappenverengung bin. Aber darum geht es der Ärztin nicht, es geht um weitere Beratungsangebote, diesmal mit dem chirurgischen Team und mensch könne den Schwerpunkt im Gespräch ja auch auf die klinische Nachsorge legen, wenn es mit der Nachbetreuung schwierig sei. Sie erinnere sich, dass ich das problematisiert hätte. Yep, habe ich, allerdings mehr in der Absicht, den schonenderen Eingriff durch die Leiste priorisiert zu bekommen.
Kurz, mir steht ein durchaus gewünschter Beratungstermin mit der Chirurgie bevor, in dem mir unweigerlich die große OP mit Brustöffnung nahelegt werden wird. Notiz an mich selbst: Diesen Termin schriftlich vorbereiten!
Was ich ebenfalls tun werde: einen sehr weitläufigen Bekannten kontaktieren, der diese OP schon hinter sich hat. Der Kontakt besteht über Freund J. und hat schon Gesprächsbereitschaft signalisiert. Ich möchte möglichst genau wissen, was mich nach der Operation erwarten würde.
Gesundheitsupdate Ende.
<O>
In den vorherigen Beiträgen habe ich schon geschildert, dass mein Sterberisiko größer und meine Depressivität kleiner wird. Was gemeinsam dafür sorgt, dass ich auch die „große“ OP zunehmend in Betracht ziehe.
Dabei drängen neben den Operationsrisiken und Nachbetreuungsschwierigkeiten auch einige „Nebensächlichkeiten“ in den Vordergrund. Gerade der Zusammenhang mit der Depression und der Neigung, das eigene Leben und den gegenwärtigen Lebensstil nicht so sehr zu lieben, um unbedingt daran festzuhalten, wird da kritisch. Was, wenn ich in meiner gegenwärtigen „Hochphase“ der lebensverlängernden OP zustimme, dann aufgrund schlechter (Krankenhaus-)Ernährung und Bewegungsmangel wieder depressiv werde? Dann stehe (oder liege) ich da, mit der verlängerten Aussicht auf jede Würdelosigkeit des Alters. Und ich würde es hassen.
Andererseits, und darauf wies die Ärztin hin, der schnelle Tod aufgrund eines geplatzten Aneurysmas ist ja auch nicht garantiert. Wenn die Patientenverfügung da nicht sofort zur Hand ist (oder zu unspezifisch) wird notoperiert, das ist der Auftrag. Und kann durchaus auch in schwierigen Umständen enden. Wer das nicht will …, ob ich schon einmal daran gedacht hätte, mir „Nicht reanimieren!“ auf die Brust tätowieren zu lassen.
Es gibt viel zu bedenken.