WMDEDGT Februar 2024

Es sei den Göttern Eurer Wahl oder auch einfach nur der Jahreszeit gedankt: die wirklich schlechte Zeit ist vorbei. Der letzte Monat mit seinem Nach-Berlin-Tief ist vorbei und mit Beginn des Februars ging es langsam wieder bergauf. Dabei kann ich teils gar nicht sagen, woher die Besserung kommt. Der Schlaf zum Beispiel hat sich fast ohne mein Zutun wieder normalisiert, zuerst mit kürzeren Lesepausen während der Nacht, dann fielen auch die weg, plötzlich gab es wieder fast-erholsame Nächte, und alles zu halbwegs erwartbaren Zeiten.

Wieder ins Tun zu kommen war nicht ganz so mühelos, hat bewußter Anstrengung bedurft und ist noch immer work-in-progress. Ich versuche, eine Stunde am Tag Dinge zu tun, die Menschen halt so tun, um minimale zivilistorische Standards zu halten. Das gelingt meistens und gelegentlich wird es aus Versehen sogar länger als eine Stunde.

Seit Mitte des Monats bin ich wieder regelmäßig auf meiner Lieblingsbaustelle. Auch hier mit kleinsten Anfängen und winzigen Fortschritten, die zusammen aber recht hoffnungsvoll stimmen. Ihr erinnert Euch: die Fensterfront. Es wird immer deutlicher, wie das Endergebnis aussehen wird und ich bin zufrieden. Vor drei Tagen habe ich die letzte fehlende Scheibe in der fast richtigen Größe gegen zwei andere in der definitiv falschen Größe eingetauscht. Nun steht noch ein größerer Baumarktbesuch aus, dann muss ich „nur noch“ bauen (also wenn wir großzügig über all die kleineren Baumarktbesuche hinwegsehen, die sich aus vergessenem Zeug und unbedachten Widrigkeiten ergeben).

Eine interessante Veränderung hat sich bei meinem Medienkonsum eingestellt. Während meines Berlinbesuchs hatte ich unbegrenztes Datenvolumen und habe mich deswegen viel auf YouTube herumgetrieben. Wieder zuhause konnte ich das fortsetzen, weil ich mein monatliches Datenvolumen nun in den verbleibenden zweieinhalb Wochen des Monats verbrauchen konnte. Dabei stellte ich unerwartet fest, das meine bisherige Zurückhaltung Youtube betreffend vollkommen unnötig war. Da die meisten Inhalte keine hohe Auflösung erfordern, komme ich mit meinem eingeschränkten Datenvolumen erstaulich weit. Und so habe ich auch in diesem Februar viel zu viel Zeit auf YouTube verbracht. Erstmals. Viel zu viel. Lasst uns das als Erfahrung betrachten. Ich weiß jetzt, was es bedeutet, unerwartet in irgendwelchen Themenlöchern zu verschwinden. Ich habe mindestens zehn rund zwanzigminütige Besprechungen geschaut, die in die Länge und Breite erläutert haben, warum „Madame Web“ ein wirklich sehr schlechter Film ist. Das ist mehr als die doppelte Laufzeit des Films selbst. Aber ich habe viel darüber gelernt, nach welchen Kriterien Kritiker kritisieren (schöne Grüße an meinen Deutschlehrer, der immer dazu geraten hat, Wortwiederholungen zu vermeiden). Geschätzt ab der fünften Besprechung wollte ich das sogar, etwas über das Kritisieren lernen.

Ein noch viel tieferes Themenloch waren die deutsch-amerikanischen Kulturunterschiede. Es gibt etliche Deutsche in Amerika und Amerikaner in Deutschland, die auf YouTube darüber berichten. Keine Ahnung, warum das bei mir Thema wurde, aber einmal angefangen taten die Vorschlagsalgorythmen, was sie halt tun und gaben mir immer mehr davon. Und nun können wir gemeinsam abwarten, ob mir dieses Wissen irgendwann in absehbarer Zeit noch einmal nutzt.

Heute, am vorletzten Tag des Monats, ist mein Internet ausgefallen. Und blieb es auch trotz redlicher Bemühung, es wieder herzustellen. Möglich Gründe dafür gibt es viele, gesicherte kaum, letztlich weiß ich nicht einmal sicher, ob der Fehler bei mir liegt. Das letzte Mal hat es fünf Tage gedauert, bis es wieder ging. Soll Euch gar nicht weiter interessieren, erwähnenswert daran ist nur, dass ich die nächsten Tage möglicherweise auf kalten Entzug gehe. Ich hab‘ jetzt schon schlechte Laune.

Wie immer, wer’s gerne kleinteilig hat darf hier WMDEDGT Februar 2024 weiterlesen

Jahresrückblick 2023

Die Idee hinter dem vorgezogenen Jahrerückblich war, Euch die wenig unterhaltsame Schilderung der Jahresendzeitdepression gleich zu Beginn des Beitrags zu ersparen. Das wird zumindest in diesem Jahr nicht gelingen, zum einen weil ich hier, entgegen der behaupten Absicht, gleich mal damit einsteige, dass ich anscheinend in diesem Jahr meine Jahresendzeitdepression deutlich vorziehe. Mein gegenwärtiges Aktionslevel ist niederschmetternd niedrig.

Und genug davon, Ende des depressionsbezogenen Klagens.

Zum anderen wird es hier wenig unterhaltsam, weil das Jahr es nicht war, so gar nicht. Im Fogenden wird das unangenehm deutlich und selten war ich so unsicher, ob ich einen Text veröffentlichen sollte.  Den Ausschlag zur Veröffentlichung gab letztendlich so etwas wie der Wunsch nach Vollständigkeit, es wäre doch schade, wenn im Sammelalbum meines Lebens ein paar entscheidende Kapitel fehlen. Auch wenn sie etwas dunkel sind. Da müssen wir halt gemeinsam durch.

Zur Erinnerung, der letzte Jahresüberblick endet mit mir in der Strahlentherapie, vorsichtig optimistisch in Bezug auf die bevorstehende Heilung und die unvermeidlichen Nebenwirkungen. Womit ich, Spoiler, durchaus richtig lag, wie die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zeigen. Dennoch, der Dezember des Jahre 2022 hat mich zerlegt (nachzulesen hier), danach lag ich ein paar Monate in Teilen herum und  habe mich bis heute nur unvollkommen wieder zusammengesetzt. Weniger dramatisch ausgedrückt bin ich vielleicht einfach nur in meinem wahren Alter angekommen und all die Jahre davor, in denen ich mich überwiegend gesund und vergleichsweise jung fühlte, waren das Geschenk eines günstigen Schicksals, guten Karmas oder guter Gene.

Im Januar finde ich mich also in der Reha zur Prostatakrebs-Bestrahlung wieder, die nun aber auch die Folgen eines Herzinfarkts und zweier Stent-Operationen lindern soll. Wie gut das gelingt, will ich nicht beurteilen, denn drei andere Themen drängen sich tageweise und mit wechselnder Intensität in den Vordergrund. Später werde ich noch darauf eingehen, als Psycho-Themen ziehen sie sich durch den Rest des Jahres, Kraft gesaugt haben sie während der Reha sehr, möglicherweise auch deren Erfolg beeinträchtigt.

Um die Hardware-Schäden schnell abzuhandeln, Prostata und Herz werden regelmäßg von Spezialisten gecheckt und alles ist in einem erwartbaren Rahmen. Dennoch ist meine Leistungsfähigkeit gegenüber dem Vorjahr eingeschränkt und es fühlt sich so an, als würde das auch so bleiben beziehungsweise altersbedingt  abnehmen. Bei den Hardware-Schäden mitzudenken ist immer auch die Gehbehinderung durch den Archillessehnenriss links. Ich komme nur deshalb bei schnellem Laufen nicht außer Atem, weil ich gar nicht schnell laufen kann. In der Folge, vermute ich, wird auch das rechte Bein nicht ausreichend trainiert, seit dem Oberschenkelbruch vor rund zwei Jahren ist es deutlich weniger belastbar. Aber, trotz aller Einschränkungen, noch geht alles alleine und das aufzuschreiben ist schon ein erster Hinweis darauf, dass die Gedanken schon manchmal bei einer Zeit sind, in der das nicht mehr so sein wird.

Die Hardware zeigt also deutliche Abnutzungserscheinungen. Damit nicht genug, die Software ist ebenfalls ziemlich buggy. Als Meister der subtilen Überleitung komme mit dieser flappsigen Bemerkung zu den bereits angekündigten ganz und gar nicht flappsigen Psycho-Themen, denn die sind letztlich alle nur Variationen eines großen Themas, dem Sterben.

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Anlass, sich über das Sterben Gedanken zu machen, gab es genug. Als Helen Anfang Dezember starb, kam das für den Rest der Familie gänzlich unerwartet.  Wie um zu beweisen, dass auch ich „unerwartet“ kann, bekomme ich zwei Tage später einen Herzinfarkt und drei Tage später einen Stent gesetzt, die Strahlenbehandlung muss ich während der kurzen Nach-Überwachungszeit nicht unterbrechen, sie findet im gleichen Krankenhaus nur drei Stockwerke tiefer statt. Als Unterstützung für die Kinder, unsere gemeinsamen, nun erwachsenen Kinder, falle ich komplett aus, selbst meine eigene Trauer ist mir in dieser ersten Zeit nach ihrem Tod nicht zugänglich. Zu beansprucht bin ich von Strahlenbehandlung und physischem Herzleid, alles was ich möchte ist dasitzen, vor mich hin schauen und heilen.

Tatsächlich komme ich erst sehr viel später im Jahr dazu, meiner Trauer etwas mehr nachzuspüren, sie zu empfinden und zu durchleben. Im August besuche ich meinen Sohn und dessen Familie in Hamburg, wo auch Helen lebte. Im Rahmen dieses Besuchs schauen wir viele Bilder von Helen an, sprechen über sie und besuchen auch ihr Grab. Würde sie leben, hätten wir uns in diesen Tagen sicherlich getroffen; erstmals wird ihr Fehlen „wirklich“.

Wieder zuhause besucht mich meine Tochter für ein paar Tage, auch sie hat Fotos, Erinnerungsstücke und Fragen zu Helen im Gepäck. In den Gesprächen mit ihr bemerke ich in mir einen Differenzierungsprozeß, Trauer hat verschiedene Seiten, kommt mal tränenreich sentimental daher, mal resignativ bedauernd, manchmal mit Beimischungen früherer, auch schwieriger Gefühle ihr gegenüber. Alte Liebe und alte Kränkung kommen Hand in Hand. Ungelebte Chancen zeigen sich im Rückblick genauso klar wie unerfüllbare Erwartungen.

Vor wenigen Tagen wäre Helens 63. Geburtstag gewesen und bildete den Anlass, in Gedanken für einige Zeit bei ihr zu sein. Noch immer gibt es neue Facetten in diesem Gedenken, dennoch, es fühlt sich an, als sei zuende getrauert. Sie fehlt, aber ihr Fehlen schmerzt nicht mehr.

Ein anderes Ergebnis des Tochterbesuchs: es gibt jetzt endlich eine Patientenverfügung. Nach einer über einjährigen Pause, in der „eigentlich“ schon alles vorbereitet und vorgedacht war, es fehlte wirklich nur noch die Umsetzung  (ein paar Haken im Onlineformular, ausdrucken, unterschreiben) und – hier Auftritt der Tochter – jemand, dem die Aktion wichtig ist. War sie ihr, es gab eine dringende Bitte zum Termin X …, und done! Es kann so einfach sein.

Wie überhaupt, schon während des Jahres hatten wir verschiedene Telefongespräche, in denen wir durchgingen, was so alles schwierig werden kann, wenn ein nahestehender Mensch stirbt; meint: ich. Dabei hatten wir durchaus unsere emotionalen Momente, sind aber auch in der Sache vorangekommen. Meine wesentlichen Wünsche sind mitgeteilt. In Stichworten: Feuerbestattung, Friedwald, Erbverteilung. Selbst so praktische Dinge wie der Geräte- und Kontenzugang, jeweils off- und online, wurden besprochen. Mit all dem bin ich sehr zufrieden, solche Gespräche nehmen die Schwere aus dem Thema und führen zur Akzeptanz. Drüber reden hilft, selbst beim Sterben.

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Ein weiteres großes Thema war die Demenz meiner Mutter, die mir wie eine unnötig in die Länge gezogene Variation des Sterbens vorkommt. Was ich so nicht schreiben würde, wenn ich nicht irgendwann bei mir bemerkt hätte, dass ich um sie trauerte. Vergangenheitsform, der Zustand dauerte nicht lange an und fiel in die Zeit der Reha, in der ohnehin alles geballt stattfand, was ich Euch hier halbwegs sortiert erzähle. Es war, es ist, als sei sie gestorben.

Mich in ihre Demenz einzufühlen gelingt mir nicht. Zumindest nicht im Sinne eines Mit-Leidens, auch hier eher abstrakt und, nun, wertend. Demenz ist der ultimative Move aus der Auseinandersetzung und der Beziehung heraus, hinein in eine Welt, die nur ihrer Interpretation folgt. Was wahr und was erfunden ist, kann und muss nicht mehr unterschieden werden. Sie hätte dies Unschärfe auch wesentlich früher in ihrem Leben zu schätzen gewußt.

Die Demenz meiner Mutter wurde lange nicht erkannt, vielleicht auch nur verleugnet. Anfang des Jahre wurde deutlich, dass sie nicht mehr alleine in ihrer Wohnung sein könnte. Da die Beziehung zu meiner Mutter immer schwierig und niemals wirklich liebevoll war, war ich nicht bereit, die Verantwortung für sie zu übernehmen und bestand darauf, dass ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt werden müsste. Bis zur Benennung einer Betreuerin dauerte es mehrere Monate, in dieser Zeit blieb ich gezwungenermaßen Ansprechpartner Nummer Eins für Nachfragen bezüglich ihres Verbleibs, die ich regelmässig nicht beantworten konnte.  Schmerzhaft deutlich wird auch, wie dysfunktional die Restfamilie ist, der Umgang miteinander ist – in der schwächstmöglichen Formulierung – unfreundlich und kontraproduktiv. Die Auseinandersetzung damit verschwendet unnötig viel Kraft, die ich an anderen Stellen sehr gebrauchen könnte.

Mir, und auch der irgendwann dann eingesetzten gesetzlichen Betreuerin, war von Beginn der Misere an klar, dass Mutters Wohnung aufgelöst und verkauft werden müsste. Insgesamt dreimal war ich, zum Teil mehrere Tage, in der Wohnung um Papiere zu sichten und Erinnerungsstücke zu entnehmen. Jeder dieser Besuche brachte Photoalben oder Schriftstücke zutage, die bewahrenswert sind. Insbesondere beim letzten Besuch, gemeinsam mit meiner Tochter, fanden wir nochmals alte Urkunden aus einer Zeit, als meine Mutter genealogische Nachforschungen betrieben hat. Im Ergebnis habe ich nun Kisten voller Zeugs bei mir herumstehen, von dem ich nicht weiß, wohin ich damit soll. Vieles davon könnte digitalisiert werden, ich habe auch schon damit begonnen, letztlich ist das aber aufwändiger, als ich zunächst dachte. Seit mehreren Wochen (hoch einstellig) steht das Zeug nun unangetastet herum und wartet auf weitere Entscheidungen meinerseits.

Emotionen bezüglich meiner Mutter sind mir kaum zugänglich, vielleicht auch wirklich nicht vorhanden. Ins Leiden kam ich immer nur, wenn von außen die Erwartung an mich herangetragen wurde, dass ich etwas für sie zu fühlen und in der Folge auch zu entscheiden hätte. Seitdem die gesetzliche Betreuerin eingesetzt ist und ich meine Mutter gut untergebracht weiß, beschäftigt sie mich wenig. Oder nur auf eine sehr abstrakte Weise. Ich schaue mir die Fotos aus der Zeit an, als ich noch nicht geboren war, und habe Phantasien darüber, wer diese Elternmenschen waren, damals. Oder spätere Fotos, die den Übergang in eine Zeit zeigen, die ich irgendwann dann auch miterlebte. Nachfragen kann ich nichts mehr, ich bin ganz frei, mir Geschichten auszudenken.

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Mir ist danach, den Text an dieser Stelle kurz zu unterbrechen. Schon jetzt ist dieser Jahresrückblick nicht unbedingt ein Gute-Laune-Text, aber ab hier wird es düster. Empathiebegabte Menschen werden nach dem Lesen traurig sein. Ganz ehrlich, Ihr müsst Euch das nicht geben. Wenn Alter, Krankheit und Tod gerade nicht in Euren Tag passen, dann solltet Ihr jetzt aufhören zu lesen und später wiederkommen. Oder gar nicht. Aber natürlich könnt Ihr auch einfach Jahresrückblick 2023 weiterlesen

Aufenthalt im Boddhi Zendo – Teil 2

Heute habe ich den zweiten Teil der Zendo-Tagebücher, den Aufenthalt im Jahr 2000, eingestellt. Das ist rund 1 Jahr später als gedacht und 2 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Teils.

 

Dieser zweite Teil unterscheidet sich wesentlich vom ersten Teil. Das Leben im Zendo wird kaum noch geschildert, stattdessen liegt der Schwerpunkt auf meiner jeweiligen Befindlichkeit. Fiebrig, erkältet, einsam, voller Selbstzweifel, identitätskriselnd und grenzdepressiv,  im Kampf mit Sex & Crime oder der Außenbewertung, alles dabei.

Wer sich noch nie mit Zen beschäftigt hat, wird hier wenig darüber erfahren, Praktizierende aber (oder solche, die viel darüber gelesen haben) werden vieles davon wiedererkennen. Sich dem zu stellen, was in uns auftaucht, wenn wir zur Ruhe kommen (wollen), ist Teil des Weges und die Aufgabe besteht darin, es zunächst sein und dann gehen zu lassen.

Einige der oben angesprochenen Themen begleiten mich bis heute. Das ist nicht der Zen-Praxis anzulasten, zuerst, weil ich nicht praktiziere, besonders aber, weil es nicht Ziel der Praxis ist, uns auf wundersame Weise leidensfrei zu machen.

Das ist eine starke Aussage, der manche widersprechen würden. Ist nicht die Befreiung vom Leiden das zentrale Thema im Buddhismus? Ich will diese Diskussion nicht führen (habe auch keinerlei Kompetenz, das zu tun), nur eine Idee zum Selbst-weiterdenken: Meditationspraxis löst nicht das Leiden auf, sondern die Ich-Illussion des Leidenden. Auch dafür gibt es zarte Hinweise in den Tagebüchern, wenn man sie aufzufassen weiß.

Einführung zum ersten Teil
Reisetagebuch Indien, Boddhi Zendo, 25.1. bis 25.2.1999
Einführung zum zweiten Teil (dieser Text)
Reisetagebuch Indien, Boddhi Zendo, 12.1. bis 7.2.2000

Europa Level 75

Ich mag solche Übersichten, obwohl sie in ihrer Vollständigkeit fast schon irreführend sind. Österreich ist nur drin, weil dorthin die Abschlussfahrt der Berufsfachschule ging. Ist fast fünfzig Jahre her. Aktueller, aber ebenso schwierig in der Einordnung, ist die Woche in einem Tagungshaus, das nur zufällig in Luxemburg lag.Auch die Abgrenzung zwischen „stayed here“ und „visited here“ ist für englische Muttersprachler vermutlich einfacher. Das Internet gab bei oberflächlicher Recherche nicht allzuviel dazu her. Ich habe das dann für mich in aller Unschärfe entschieden: „to stay“ ist plus/minus eine Woche.

Café Nachtlicht – Zusammen ist man weniger allein

Seit einiger Zeit engagiere ich mich im Café Nachtlicht. Das Café gibt’s schon länger, seit kurz vor Corona, es musste dann schließen und konnte erst in diesem Jahr im Mai wieder öffnen. Seitdem bin ich dabei, aufmerksam darauf wurde schon in der ersten, kurzen Öffnungsphase, damals sah ich mich allerdings eher vor der Theke. Winterdepressiv wie ich war und bin, hätte ich gerne so ein Angebot wahrgenommen, um mich etwas normaler zu fühlen (obwohl ich schon damals dachte, beim Personal nachzufragen, ob sie denn noch Menschen hinter der Theke bräuchten).

Aber von welchem Angebot spreche ich? Das kurz und gut zu beschreiben finde ich immer etwas schwierig. Kurz kann der Flyer des Cafés auch nicht, aber er beschreibt auf der ersten Seite recht anschaulich die Lücke in der psycho-sozialen Versorgung, die das Café füllen möchte:

In Stadt und Landkreis Gießen finden Menschen, die am Wochenende in nächtliche psychische Krisen geraten, oder dies befürchten, bisher viel zu wenig nicht psychiatrische Hilfen oder Unterstützungsangebote.

Die Angebote der etablierten Beratungsstellen sind weder am Wochenende noch in den Nachtstunden erreichbar, da diese eher den „üblichen“ Geschäftszeiten folgen. Andererseits ist das klassische Beratungsgespräch, egal ob persönlich oder telefonisch, auch nicht immer das gewünschte Hilfsangebot der Betroffenen.

Einsamkeit, kreisende Gedanken, oder die sprichwörtlich auf den Kopf fallende Decke können psychische Krisen triggern und das Wochenende bis zum nächsten Hilfsangebot am Montag, zur unendlich weiten Distanz werden lassen. Unter Menschen sein, in Kontakt kommen, Ablenkung haben, spielen, reden, oder einfach nur still in Gesellschaft ein Getränk genießen, helfen dabei krisenhafte Momente zu überwinden. Leider erscheinen vielen Menschen in dieser Situation die Zugangsbarrieren vor entsprechenden öffentlichen Angeboten in Gießen unüberwindbar. Teilhaben in der Gießener „Nachtgesellschaft“ – dafür reichen die eigene Verfassung und/oder das Geld dann nicht mehr aus.

Mit dem Café Nachtlicht möchten wir Samstagnacht ein[en] Ort bieten, an dem dies möglich ist.

Im Flyer folgt an dieser Stelle ein kleiner Werbeblock, den ich nach hinten schiebe. Weiter mit dem Angebot:

Es gibt heiße und kalte nicht-alkoholische Getränke und kleine Snacks
– Alles wird zum Selbstkostenpreis verkauft
– Das Café-Team steht nicht nur mit „,Tat“ sondern bei Bedarf auch gerne mit „Rat“ zur Verfügung

[Es gilt:] Anstand, keine Drogen, kein Alkohol

Das Café Nachtlicht…
… liegt mitten im Herzen von Gießen, in der Walltorstraße 17
… will unterstützen ohne zu stigmatisieren
… will Hilfesuchende und Hilfsbereite zusammenbringen
… will Profis und Laien zum gemeinsamen sozialen Engagement einladen

Schaubild:
Café Nachtlicht (im Mittelpunkt, sternförmig verbunden mit den folgenden Themen)
Gemeinschaft
Inklusion
Austausch
Essen und Trinken
Unterstützung bei Krisen
Empathie und Verständnis
soziale Teilhabe
Rat und Hilfe

Wo und wann kann man das Café besuchen?
Im Freiwilligenzentrum für Stadt und Landkreis Gießen,
Walltorstraße 17, 35390 Gießen
Telefon: 0641 97225424
projekte@freiwilligenzentrum-giessen.de
www.freiwilligenzentrum-giessen.de

Jeden Samstag von 18:00 bis 0:00 Uhr

Dieses Projekt wird Ihnen präsentiert von … – der leicht veränderte Werbeblock

Das Café Nachtlicht basiert auf einer Kooperation zwischen dem Gesundheitsamt des Landkreis Gießen und dem Freiwilligenzentrum für Stadt und Landkreis Gießen e. V.

Es unterstützen uns professionell
– Esther Demand – Coffee Bay,
– Meinhard Rediske – Siebenkorn
– Dr. Sara Lucke – Vitos Gießen-Marburg,
sowie ehrenamtlich
– mehr als 30 engagierte Helferinnen und Helfern, die das Herz des Café Nachtlicht bilden, in 3-Personen-Teams sind sie an den Samstagen für die Besucher da.

Diverse Logos:
Landkreis Gießen
FREIWILLIGENZENTRUM für Stadt und Landkreis Gießen e. V.
siebenkorn DER REINE GENUSS
vitos: Gießen-Marburg

Viel mehr gibt’s heute nicht. Vielleicht beschreibe ich irgendwann mal einen typischen Abend hinter der Theke. Aber das wird unspektakulär.