Berlin-Hamburg-Tour ~ 2. bis 7.10.2024

1.10.2024, Dienstag
Reisevorbereitung wie Ihr sie von mir kennt, alles erstmal auf dem Bett ausbreiten, dann in den Rucksack, fertig. Diesmal ist der Rucksack besonders klein, ich habe den Ehrgeiz, mit Handgepäck auszukommen. Das klappt natürlich nur, weil ich vor Ort fast alles vorfinden werde und nur einen Satz Wäsche zum wechseln mitnehme. Außerdem: Zahnbürste, Brillen, Buch und Tagebuch, Tablet. Und fertig.

Mein Programm ist extrem reduziert und gruppiert sich um die Friedensdemo am 3. Oktober herum. Die auch den Ausschlag gegeben hat, dass diese Reise geschieht. Wenige Tage zurück hatte ich den Gedanken, es könnte eine gute Sache sein, daran teilzunehmen. Fast könnte man von einer spontanen Idee sprechen, die dann ein Eigenleben entwickelte. Davor und danach bei H. unterkommen und wenn ich schon einmal „in der Gegend“ bin, auf dem Rückweg für einen Abend und eine Nacht in Hamburg vorbeischauen. Könnte für alle Beteiligten machbar und mühelos genug sein.

Erstmals seit langem beginnt eine Reise nicht mit einem unbequemen Fußmarsch entlang der Bundestraße und durch den Wald zur nächsten Busstation. Ich kann mit dem Fahrrad nach Gießen hinein fahren und es für die Zeit meiner Abwesenheit in der Webkante abstellen. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit.

Gießen bei Nacht

2.10.2024, Mittwoch
Die Busfahrt startet planmäßig in der Nacht um zwanzig vor eins, gefühlt noch Dienstag. Und dann kommt alles anders. Der Bus fällt aus unbekannten Gründen aus. Zwei Mitwartende beweisen schon nach einer Stunde mangelnde Impulskontrolle und beschimpfen den Kundenservice in fließendem Englisch (deutsch spricht der Kundenservice nur während der Geschäftszeiten von neun bis siebzehn Uhr). Allerdings vollkommen ohne ein Ergebnis, sie – und folglich wir als Gemeinschaft der Wartenden – wissen nach diesen Anrufen nicht mehr als vorher. Der Bus sollte da sein, ist es aber nicht. Beide Anrufer verlassen empört die Haltestelle.

Als ich nach zwei Stunden Wartezeit beim Kundenservice anrufe, habe ich unbeabsichtigt alles richtig gemacht. Zwei Stunden sind die Schwelle, ab der die Mitarbeiter Ersatzoptionen anbieten dürfen, erklärt mir mein Gesprächspartner. Erstens Storno und Rückerstattung des Kaufpreises, zweitens Umbuchung, drittens Fahrt mit einem anderen Anbieter bei voller Kostenerstattung (2. Klasse). Ich wähle Option Zwei, mittlerweile ist es fast drei und der nächste Bus in die richtige Richtung fährt schon fünfundzwanzig Minuten später. Die Umbuchung findet live am Telefon statt, das neue Ticket kommt via Email und, weil mir das nicht schnell genug geht, mit der zuvor genannten Buchungsnummer auch über die Ticket-Suche in der App. Als ich mich von meinem Freund im Kundenservice verabschiede, haben wir beide das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Wenig später kommt der Bus zum Ticket und alles läuft rund, wenn man davon absieht, dass ich mehr als sechs Stunden später in Berlin ankomme als beabsichtigt. Zwischendrin habe ich sogar etwas schlafen können und jetzt ist wirklich Mittwoch.

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Ich steige am Alexanderplatz aus und fahre von dort zu einer sehr besonderen Warhol-Ausstellung, Andy Warhol: Velvet Rage And Beauty, von der ich zunächst etwas enttäuscht bin. Um dann, während ich versuche, die gemachten Bilder für Euch zuzuschneiden und aufzubereiten, merke, dass …, ja was? Ich mindestens ambivalent bin!

Für heute lasse ich es dabei, weil ich weiterschreiben möchte. Aber bei passender Gelegenheit gibt es hier einen Nachtrag.

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Nach der Ausstellung dann zu H., es gibt Kürbissuppe und Gespräch. Ab neun/halbzehn bin ich mit Hund Erna allein zuhaus‘ und H. mit einem Freund unterwegs. Das gibt mir Gelegenheit, den Blogbeitrag zu beginnen

3.10.2024, Donnerstag, Tag der deutschen Einheit

Die Demo ist wie Demos seit Jahrzehnten sind, die Sprecher der Auftaktkundgebungen erzählen uns, warum wir hier sind (in der Regel wissen wir das selbst, wenn auch nicht so detailiert), und auch warum es notwendig ist, so zahlreich hier zu sein und letztlich, dass es schön ist, die Bewegung so wachsen zu sehen. Wobei das mit dem Wachstum gerne auch mal ein Wunschgedanke ist.

[Hier wird’s ein paar Infos und Verlinkungen mehr zur Demo geben, aber erst, wenn ich wieder zuhause bin]

Die Teilnehmer um mich herum haben in der Mehrheit graue Haare. Muss mensch ein gewisses Alter erreicht haben, um für Kompromisse und Verhandlungslösungen zu sein? Fast scheint es so, das Fehlen der mittleren Altersgruppe auf Demos habe ich seit vielen Jahren immer mal wieder bemerkt, aber hier fehlen auch die ganz Jungen.

Die Abschusskundgebung verlasse ich frühzeitig, was angesichts der zu erwartenden Verkehrssituation schlau erscheint. Und wirklich wird die nahe Bushaltestelle nur noch von einer der vier gewöhnlich verfügbaren Linien angefahren und ist entsprechend ausgelastet. Wenigstens ist es genau die Linie, die ich brauche.

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Ich bin gegen fünf wieder bei H., werde mit Spinatsuppe verköstigt und gegen acht laufen wir ins nahe gelegene Kino. Wir schauen „Joker: Folie à deux“, der die Kritikerschelte nicht verdient, die er bekam. Berechtigt allerdings: er wird der Figur des Jokers, wie Comic- und Filmfans sie bisher schätzten, nicht gerecht. Gesehen haben wir einen tragischen Musical-Film mit sehr schönen Bildern und hervorragenden Darstellern, nur keinen Joker, nirgends, außer vielleicht in der letzten Einstellung.

4.10.2024, Freitag
Der Tag beginnt etwas lust- und planlos. Ich habe noch nichts vor, browse durch diverse Kultur-in-Berlin-Seiten, sehe aber, dass mich nichts so richtig fängt. Weil ich aber vor die Tür möchte, schaue ich „Sehenswürdigkeiten in der Nähe“ nach und auch, ob es denn igendwelche Caches (häh?) in der Nähe gibt.

Danach hat der Tag Struktur und als Bonus muss ich auch nicht alleine los, sondern H. und Erna schließen sich an, Hunderunde und Einkauf werden in meine Pläne integriert. Auch daran erkennt mensch, dass es wirklich sehr, sehr kleine Pläne waren. Am weitesten von der Tochter-Wohnung entfernt ist der Lebensmittelmarkt, der ausgesucht wurde, weil er direkt neben meinem ersten Ziel liegt, einem „Holzsessel“ auf einem Spielplatz. Fragt nicht. Ich hatte browsenderweise ein Bild davon gesehen und wollte ihn be-sitzen. Am Ziel angekommen finde ich sogar eine ganze Sitzgarnitur vor. Ich bin sehr leicht zufriedenzustellen.

Auf dem Weg zum Spielplatz sind wir schon an zwei der wohnungsnahen Caches vorbeigekommen, einen davon haben wir auch gesucht und nicht gefunden. Grund genug, es nocheinmal zu probieren. Also gibt es auf dem Rückweg am angegebenen Ort noch einmal einen längeren Aufenthalt, diesmal erfolgreich.

Auf dem Weg nachhause findet H. dann auch den zweiten Cache, für sie der Erste; aber ehrlich , so stillos muss man selbst in Berlin nicht sein. Dokumentiert wird er natürlich trotzdem.

Etwas unerbetene Lebenhilfe gefällig? Etwas lust- und planlos starten ist gar nicht schlimm, fangt einfach etwas beliebiges an und danach regelt der Tag das selbst! So auch diesmal.

Ich schicke ein Bild der Caches an die einzige Person, von der ich annehme, dass sie daran Interesse haben könnte, A.. Und nun muss ich etwas abschweifen. Selbige A. nämlich wollte für mich beim bevorzugten Seifenhersteller Duschgel mitbestellen, eine Bestellung, die ausfallen musste, weil ihr Lieblingsgel dort nicht mehr vorrätig war. Aber eben jener Seifenhersteller, erfahre ich in der durch die Caches angestoßenen Kommunikation, hätte in Berlin fünf Niederlassungen und ich könne mir vielleicht in einer davon mein Duschgel besorgen, möglicherweise auch ihres.

Nun habe ich eine Aufgabe, die mich dazu bewegt, die zuvor sehr minimalistisch gehaltenen Pläne für den Abend etwas zu erweitern. Seit zwanzig Jahren gibt es in Berlin das „Festival of Lights“, während dem die verschiedensten Lichtinstallationen gezeigt werden, meisten im Zusammenhang mit den zahlreich vorhandenen  sehenswerten Gebäuden. Ich hatte mir am heutigen Eröffnungsabend des Festivals das vermutlich am wenigsten spektakuläre Event der über das ganze Stadtgebiet verstreuten Veranstaltungen herausgesucht. Einfach weil es nah war, ich hatte am Morgen – Ihr erinnert Euch: lust- und planlos – keine Lust auf die lange Fahrt in die Stadtmitte. Nun aber gibt es mehr zu tun, als aufwändig dem Vergnügen nachzujagen.

Ich lege die Fahrt zum Seifenshop in der Stadtmitte so, dass ich pünktlich zum Eröffnungsevent  um neunzehn Uhr am Alexanderplatz bin. Von dort aus muss ich kaum noch etwas selbst entscheiden, es genügt, sich von und in den Menschenmassen treiben zu lassen. Und Berlin wäre nicht Berlin, wenn das Ganze nicht irgendwie am Brandenburger Tor enden würde.

 

Ich komme irgendwann gegen halb zwölf müde, fußlahm und sehr befriedigt nachhause.

5.10.2024, Samstag
Die erste Hälfte des Tages vergeht mit dem Wechsel von Berlin nach Hamburg.

Ankunft in Hamburg-Bergedorf gegen halb drei.

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Den Nachmittag und Abend verbringe ich mit Sohn, Schwiegertochter und Enkel in wechselnden Zusammensetzungen. Wie zu erwarten gibt es viel Gespräch und Enkel B. ist redenden Erwachsenen gegenüber sehr viel toleranter als noch im letzten Jahr. Ich bin zufrieden.

 

6.10.2024, Sonntag
Morgens Familienleben mit gemeinsamen Frühstück, danach sind wir eine kleine Weile mit den Fotoalben aus He.s Nachlass beschäftigt. Da die Alben erst nach unserer Trennung zu ihr gekommen sind, sich überwiegend mit ihrem Zweig der Familie beschäftigen und es auch sonst keinen Anlass gab, sie mir zu zeigen, kenne ich sie mehrheitlich nicht.

Ein Album ist aktueller, es stammt aus 2011 und ist thematisch den „Menschen, Tiere[n], Sensationen“ des Wagenplatzes gewidmet, auf dem sie zu diesem Zeitpunkt regelmäßig zu Gast war. Ich kopiere das Album komplett.

Aus He.s Fotoalbum: das geodätische Pflanzgerüst 2011

Danach bin ich den Rest des Vormittags mit Enkel B. vor der Lego-Kiste.

Gegen Mittag muss M. ein paar Fahrdienste für die Familie erledigen und ich habe Zeit für mich, die ich für dies Eintragungen nutze. Nebenbei, ich sitze auf dem Balkon in der Sonne und es geht mir gut.

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Wieder eine kleine Freizeit, Schwiegertochter und Stiefenkelin werden dort abgeholt, wo sie zuvor hingebracht wurden.

Zwischendrin war ich mit M. und B. auf einem kleinen Jahrmarkt. Eine semi-erfolgreiche Aktion, da es dem Enkel noch an Impulskontrolle und Frustrationstoleranz fehlt. Nach fünf großzügigen Karussellfahrten war ihm nach mehr und als das aus zeitlichen und finanziellen Gründen nicht ging wurde die Situation mit Geschrei, Gestrampel und allerlei anderen Unmutsbekundungen sehr schnell sehr häßlich.

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Die Stimmung bleibt den Rest des Abends gedrückt. B. ist im Auto aus Erschöpfung eingeschlafen und auch als er später geweckt wird bleibt er auf Krawall gebürstet. Die Familie – und ich beziehe mich hier ein –  ist an ihren Grenzen.

Als B. im Bett ist geht nur noch TV, ich breche gegen neun Uhr auf und bin wie immer viel zu früh an der Bushaltestelle. Beginn der Heimreise, keine besonderen Vorkommnisse.

7.10.2024, Montag
Ein langer nächtlicher Aufenthalt in Essen. Zwei der vier „freien“ Stunden verbringe ich damit, drei Caches anzulaufen, zwei davon finde ich auch.

Während der Fahrt keine besonderen Vorkommnisse. Ich bin fahrplangemäß gegen halb eins zurück in Gießen, hole mein Fahrrad aus der Webkante und fahre nachhause. Dabei kaufe ich nebenbei noch ein paar Lebensmittel ein, nicht genug, wie ich später finde und noch einmal einen Monster-Lebensmitteleinkauf mache. Darüber hinaus passiert an diesem Tag nichts mehr.

Jahresrückblick 2020

Dieses Jahr gibt es den Rückblick-Deluxe. Was damit zusammenhängt, dass ich ihn schon im Februar begonnen und dann in etwa zweimonatigen Abständen befüllt habe. Meistens nur mit Stichworten, gelegentlich auch mal ein Bild. Das hat den Einstieg in den Text dann sehr erleichtert.

Andererseits, so ganz deluxe dann doch nicht. Ich bin unzufrieden mit den Bildern. Ihr werdet es ja selbst sehen, von den wenigen sind erstaunlich viele schlecht. Hätte ich sie weglassen sollen? Wisst Ihr was, wir machen es uns leicht und genau keinen Kopf darum. Wer hier mitliest weiß schon lange, dass es Hochglanz nur woanders gibt. Los geht´s.

Januar

Im Moment tut ja jeder so, als hätte es vor 2020 keine schlechten Jahre gegeben. Doch, gab es. Die Schlafstörungen, die mich im Januar im Wortsinn ermüden, habe ich eindeutig aus 2019 mitgebracht. Und der Winter davor war auch nicht so prall.

Das subjektiv Gute im objektiv Schlechten war der milde Januar inmitten der Klimakrise.  Dank dessen und einer guten inhäusigen Vorbereitung konnte ich nämlich in den letzten beiden Januarwochen das geodätische Rankgerüst 2.0 aufbauen.

Februar

Der Februar ist dann wieder eine Indoor-Veranstaltung. Erwähnenswert an dieser Stelle ist eigentlich nur die Beschäftigung mit dem Arduino; das ist ein kleiner programmierbarer Schaltkreis, der gemeinsam mit einigen Sensoren und Aktoren auf einer Platine daherkommt. Das Teil vereinfacht die Automatisierung von zum Beispiel einer Gewächshausbewässerung sehr. Denn darüber denke schon seit mehreren Jahren nach, in diesem Jahr ist dann wenigstens ein Prototyp fertiggeworden.

Die Motivation, sich nochmal mit der Bewässerungssteuerung zu befassen, kam mit der Eröffnung des Makerspace in Gießen, dem MaGie. Dort gab´s an einem Abend eine kurze Arduino-Einführung (an einem anderen konnte man die Grundlagen des 3D-Drucks erlernen und irgendwann davor gab es auch einmal einen Tag der offenen Tür), verbunden mit der Einladung, die dortigen gut ausgestatteten Räumlichkeiten doch für eigene Vorhaben zu nutzen (das ist die Idee hinter dem Konzept Makerspace: Space zum Maken). Ich sah die Möglichkeit, meiner Eigenbrödelei einen zeitgemäß nerdigen Anstrich zu verpassen. Die Idee war, mir einen Wochentag herauszusuchen, an dem ich regelmäßig dorthin ginge und mein kleines Projekt weiterentwickeln würde. Doch dann kam der

März

und mit ihm die Corona-Pandemie. Die Welt wird seltsam und bleibt es für den Rest des Jahres. Eine der ersten Maßnahmen gegen die Pandemie sind die Schließungen von so ziemlich allen Begegnungsmöglichkeiten, die nicht dem unmittelbaren Lebenserhalt dienen. Dazu zählt auch der Makerspace Gießen, ich bin ausgebremst, noch bevor ich überhaupt Fahrt aufnehmen konnte.

Ab diesem Zeitpunkt übt die Spezies Anpassungsfähigkeit, mit wechselnden Ergebnissen. Der in Westdeutschland aufgewachsene Teil meiner Generation erlebt zum ersten Mal leere Regale in den Discountern. Manche Grundnahrungsmittel, Toilettenpapier und Hamster werden knapp.

Dafür nimmt der Anteil der Bevölkerung im Homeoffice exponentiell zu, ebenso die Verwendung des Wortes „exponentiell“, weil es endlich nicht mehr erklärt werden muss. Eher als ungesellig angesehene und computeraffine Menschen wie ich sehen sich erstmals evolutionär im Vorteil und …, oh, … gerade bekomme ich einen Hinweis aus der Regie „Corona“ an dieser Stelle langsam auszublenden und wieder zum persönlichen Teil zu kommen.

April

Nicht vollkommen unerwartet kommt die Trennung von A., die ihr bis hierher als „Lieblingsmensch“ kennengelernt habt. Das Trennungsgeschehen selbst war undramatisch, vielleicht weil wir nur noch vor uns selbst zugeben mussten, dass aus uns als Liebespaar zunächst ein Paar und dann ein gutes Team geworden war. Es bleibt gegenseitige Wertschätzung und die Hoffnung positiv-emotionale Restbestände in eine Freundschaft umwandeln zu können.

Ebenfalls im April: die  Reparatur des gemeinsamen Druckers. Ja, wir hatten eine gute Zeit, der Drucker, A. und ich.

Mai

Manche Dinge könnten jedem geschehen. Und dann geschehen sie mir. Ich finde das nicht richtig. Das hier zum Beispiel. Der Raum direkt neben unserem Eingangsbereich hat schon lange keine Wände mehr und auch das Dach leckt. Nun ist auch die Decke heruntergebrochen, hängt aber noch an einem Zapfen in der Ecke fest. Wie schwer kann das sein, sie kontrolliert herunterzuziehen?

Es zeigt sich: zu schwer! Bei meinem Versuch, die heruntergebrochene Decke vollständig auf den Boden zu bekommen, drückt sie die Wand zum Parkplatz heraus. Blöderweise trifft sie Z´s Auto und – Ende der Geschichte – glücklicherweise bin ich haftpflichtversichert. Dennoch, der Formalkram ist lästig und beschäftigt Z. und mich auch in den folgenden Wochen immer mal wieder.

Ungefähr zur gleichen Zeit werden mir die Nummerschilder gestohlen. Und anderen anderes. Oder auch nichts, unsinnigerweise werden die Scheiben trotzdem eingeschlagen. Eines Abends sieht Z. einen Unbekannten auf unserem Parkplatz und gemeinsam gelingt es uns, den Dieb in C´s Wagen stellen und der Polizei übergeben. Die Diebstahlsserie endet und alle Beteiligten – mit Ausnahme des Diebes – könnten zufrieden sein. Dennoch ruft diese Geschichte mehr gemischte Gefühle hervor, als ich bereit bin darzustellen.

Ach ja, auch der Staatsanwalt war nicht so ganz zufrieden, formaljuristisch folgt eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, die im November niedergeschlagen wird. Anwaltskosten und (ein wenig) Stress bleiben bei uns.

Juni

Wenn ich durch meine Bilder gehe, scheint im Juni nicht viel geschehen zu sein. Das ist natürlich Unsinn. Nur gibt es nichts, das in diesen Jahresrückblick passt. Die Welt ist immer noch im Pandemiemodus und mir ist das immer noch weitgehend egal, weil ich es nur bemerke, wenn ich einkaufen gehe, also ungefähr einmal in der Woche. Seit Mai (und noch bis Ende September) bin ich in meiner freien und aktiven Zeit mit dem Dome beschäftigt. A. ist zweimal die Woche da und hat ebenfalls Spass an und auf der Baustelle.

Dem Wohnprojekt, in dem ich wohne, gelingt es nach langer und schwieriger Zeit, wieder einen Vorstand zu bilden. Ich bin Teil des dreiköpfigen Vorstands, was mich vielleicht mehr als alle anderen überrascht.

Juli


In mehreren kleinen Arbeitseinsätzen haben wir im Eingangsbereich einen neuen Betonsockel gegossen (schwerpunktmäßig im Juli). Ich bin noch unsicher, ob ich feiern soll, dass wir soweit gekommen sind, oder schimpfen, weil wir nicht weiterkommen. Die nächsten Arbeitsschritte sind vorbereitet und auch vorgedacht, sie müssten nur noch getan werden.

Unbedingt erwähnenswert: mir bricht ein Schneidezahn heraus, mit erwartbar ästhetischen Konsequenzen, die hier nicht gezeigt werden.  Der Bruch erfolgt überraschend und schmerzfrei, der Zahn war schon seit vielen Jahren tot und überkront. Eigentlich kein großes Ding, nur kommt es irgendwie zur Unzeit (andererseits, wann geht man mal in sich und denkt: „Ach, heute wäre ein guter Tag um einen Schneidezahn zu verlieren.“).  Der schneidezahnlose Zustand zieht sich über mehrer Wochen, nicht nur, weil die Brücke aus Kostengründen von Freunden in China hergestellt wird, sondern auch, weil meine Zahnärztin zwischendrin in Urlaub geht.

Als sie wieder da ist folgt ein großes Erneuern. Bei mir im Mund ist wenig im Originalzustand erhalten; im Oberkiefer sind alle Zähne überkront – und das schon seit 25 Jahren. Eine vorangegangene Paradontose-Behandlung hatte dann zur Folge, dass die Zahnhälse an manchen Stellen keinen Anschluss an das Zahnfleisch hatten. Oder so ähnlich. Kurz, es gab  einmal alle Kronen neu, neben dem neuen Schneidezahn. Die ganze Nummer zog sich bis September, bedeutet: im

August

war ich zahnlos in Berlin. Eine schnell und angenehm verbrachte Woche in Berlin, die an anderer Stelle schon gut dokumentiert ist. Okay, gut genug, ich habe den Beitrag an manchen Stellen immer noch im Entwurfsstadium.

Berlin 29.7. bis 3.8.2020 – Und immer noch Pandemie.

September

Schon Mitte Juli hatte ich begonnen, den Dome zu schließen, meint: OSB-Platten auf das Gerüst zu schrauben. Im September mache ich kaum etwas anderes. Ich möchte fertig werden, bevor es kühl und regnerisch wird. Und das gelingt, am 13.9.2020 kann ich diesen Arbeitsschritt beenden, die restlichen Septembertage vergehen damit, den Dome für den Winter in Folie einzupacken.

Oktober

Lange geplant und im Oktober dann endlich möglich, mein Besuch in Hamburg bei meinem Sohn und seiner Familie. Das liest sich jetzt komisch, wenn´s seine Familie ist, ist´s ja auch meine Familie. Aber vielleicht ist das noch nicht lange genug so, um sich selbstverständlich anzufühlen. Kann perspektivisch aber nur besser werden, weil ich dort im nächsten Jahr meinen ersten Enkel besuchen werde. Und wenn das kein Zugehörigkeitsgefühl auslöst, dann wird mir vermutlich in diesem Leben nicht mehr zu helfen sein.

Mitte Oktober kommt Ex-Nachbarin U. kurz vorbei und im Gespräch ergibt sich, dass Probetanzen in ihrem Tanzverein jederzeit möglich, sogar erwünscht sei, denn „da fehlen immer Männer“. Weil ich helfe, wo ich kann, bin ich also zum nächsten Termin dabei und habe auch Spass dabei. Allerdings bin ich auch gefordert, und das mehrfach. Ich sei unmusikalisch, hat man mir gesagt, damals, und bis heute neige ich dazu, dem Glauben zu schenken. Heute würde man das vielleicht als „rhythmisch herausgefordert“ bezeichnen. Andererseits habe ich mich in der Vergangenheit auf anderen Feldern als lernfähig bewiesen, warum nicht auch hier. Schwieriger ist meine – seien wir mal so unverblümt – Gehbehinderung. Wie gut sich ohne funktionierende Archillessehne Salsa tanzen lässt ist unerprobt, ich bin da neugierig. Meine Vermutung ist, dass ein paar Figuren einfach nicht gehen werden, andere vielleicht eine Spur anders aussehen und genug geht, um Spass zu haben.

Pünktlich zur zweiten Probestunde kam dann auch die Ankündigung, dass coronabedingt ab November wieder nichts mehr geht, Sachen mit Spass schon gar nicht. Ab jetzt nervt die Pandemie wirklich, zum zweiten Mal bremst sie meine zaghaften Soziallebensversuche aus. Zum dritten macht dann auch die Meditationsgruppe wieder dicht, die bis jetzt unerwähnt geblieben ist, weil ich sie seit Mitte 2019 mehr oder weniger regelmäßig besuche. Alleinsein beginnt, sich einsam anzufühlen.

November

Was im November auch so bleibt. Meinen Geburtstag verbringe ich erstmals nicht nur ohne Feier, sondern auch ohne Gesellschaft.

Den Geburtstagskuchen bekomme ich dann cirka eine Woche später von Freund J. überreicht, der ihn eigens für mich bei seiner Mama bestellt hat. Ich bin gerührt (hat er nicht gemerkt).

Es beginnt eine Zeit, in der mein Alleinsein, im Sinne von ohne Beziehung sein, eine neue Qualität bekommt. Bis Ende Oktober ist Ex-Freundin A. noch regelmäßig bei mir und auf der Baustelle aufgeschlagen. Das war gut, solange sie da war, aber an den Tagen danach ging es mir eher schlecht. Nicht so liebeskümmrig, sondern …, wisst Ihr was, ich lasse das mal bei mir, A. und genau einer qualifizierten Gesprächspartnerin. Ist ja nicht nur meine Privatsphäre betroffen, sondern tendenziell auch A.´s. Was gesagt werden kann ist, dass wir unsere Freundschaft für den Winter aussetzen und im Frühjahr weiterschauen. Im durchaus vorhergesehenem Ergebnis bin ich gerade real und gefühlt so allein, wie niemals zuvor in meinem Leben. Bitte jeden Jammerton wegdenken, das lässt sich auch ganz kühl sagen. Denn die neue Qualität des Alleinseins besteht ja nicht im Getrennt-sein vom früheren Partner, sondern darin, dass die Pandemiemassnahmen vielen Bewältigungsstrategien einfach im Weg stehen.

Dezember

Bis jetzt hat der Dezember noch nichts hergegeben, das die Beschreibung verdient. Aber eines ist in Bezug auf dieses Jahr erwähnenswert. Ich habe in Bezug auf die Ausbildung von (perpektivisch guten) Gewohnheiten Fortschritte gemacht. Die Frage, wie man denn wirklich regelmässig tut, was man gerne regelmässig tun würde, beschäftigt mich ja schon länger. Zumindest drei Dinge fallen mir ein, bei denen ich eine große Regelmäßigkeit entwickeln konnte. Vom Leichten zum Schweren.

Erstens: Duolingo. Wenn die eines drauf haben, dann Motivation. Also haben sie mir zum Zwecke des Rückblckes mal was vorbereitet. Und das nehme ich auch gerne.Die Spanischlernerei zieht sich schon seit unserem Barcelona-Trip 2018 hin. Ich lerne auf der niedrigsten Aufwandsstufe vor mich hin, eigentlich empfinde ich es kaum als lernen, sondern eher so, als würde ich nur immer besser, die richtigen Vokabeln und Strukturen zu raten. Kurz, es strengt kaum an und eine der besten Lernhilfen ist die allabendliche Erinnerung, wenn man das Lernen einmal vergessen hat. Es geht um den „Streak“, die maximale ununterbrochene Folge von Lerntagen. Es gibt genau nichts dafür, aber man möchte ihn möglichst lang.

Zweitens: Instagram – seltsam genug. Aber auch da konnte ich unerwartete Regelmäßigkeit entwickeln. Sehr, sehr viel besser als hier auf dem Blog, obwohl sich die Möglichkeit zur Zweitverwendung zumindest gelegentlich anbietet. Leider geht die Quantität etwas zu Lasten der Qualität, aber für die Herzchen bin ich bereit, Abstriche zu machen. So sehr, dass ich überlegt habe, wie sich etwas ähnliche hier auf dem Blog verwirklichen ließe. Bis ich was gefunden habe, könntet Ihr mir gelegentlich ein Herzchen in den Kommentaren lassen? Das würde mir wirklich helfen. Und Euch auch, weil´s hier dann mehr zu lesen gäbe.

Drittens: Abends die Zähne putzen. Ja, wirklich! Und das könnt Ihr jetzt wahlweise auf die lange Zeit beziehen, die ich das nicht getan habe, oder darauf, dass mir das endlich gelungen ist; oder auf beides. Knapp zehm Monate nun schon. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das jemals gelingen könnte.

Was mir Mut macht in Bezug auf andere Verhaltensänderungen, die ich auf dem inneren Zettel habe. Von denen könnt Ihr dann im Jahresrückblick 2021 lesen.

Und ab in den Lockdown!

Berlin, zwischen den Jahren

28.12.2019, Samstag
Küchenzeile montiert und eingeweiht

29.12.2019, Sonntag
Berlinische Galerie: original bauhaus

Arthur Segal, Helgoland (1923)

30.12.2019, Montag
Regale und Reparaturen

Ein insgesamt guter Aufenthalt mit dem Schwerpunkt auf Küchenmontage. Das knapp ausgefallene Kulturprogramm konnte ich unerwartet 10 Tage später nachholen.

Alle Jahre wieder …

… stellt mich das Weihnachstsfest vor die Frage, wie und wo es zu begehen sei. Das ist dieses Jahr ebenso einfach wie unoriginell, nämlich mit und bei dem Lieblingsmenschen.

In all den Jahren gab es für dieses Problem die verschiedensten Lösungsansätze; zu dieser Zeit auf Reisen zu sein (z.B. in Kalkutta oder Madagaskar) ist mir der liebste, zugleich aber auch derjenige, den ich vergleichsweise selten umsetzen konnte.

Ich erinnere mich auch an ein paar schöne Feste im Kreis von Freunden.  Und  zwei Gelegenheiten, die spektakulär in die Hose gingen. Im Moment weiss ich nicht, ob es dazu noch irgendwelche Aufzeichnungen gibt, aber sollte ich bei meinen Grabungsarbeiten in den Tagebüchern welche finden, werde ich sie hier verlinken.

Die frühesten Erinnerungen an Weihnachten sind natürlich Familienfeste, damals noch im großen Kreis, ausgerichtet von meinen Großeltern väterlicherseits. Sehr viele Menschen in einer viel zu kleinen Wohnung, dennoch über viele Jahre eine gerne wahrgenommene Pflichtveranstaltung. Vieleicht auch deswegen, weil meine Familie christliches Brauchtum nur auf die alleroberflächlichste Weise pflegte: Weihnachtbaum, eventuell ein Lied und dann dalli-dalli die Bescherung. Das eigentliche Fest war, bei bei gutem Essen zusammenzukommen, Alkohol zu trinken und gelegentlich  lautstarken Austausch zu pflegen. Selbstverständlich im Rahmen der bürgerlichen Konventionen.

Dass der Weihnachtstag und die vorangehende Adventszeit tatsächlich auch auf eine innerlich bereichende Weise gefeiert werden kann, habe ich bis heute nur ein einziges Mal erlebt, nämlich im Rahmen einer anthroposophischen Gemeinschaft, der ich kurz angehörte (Irren muss erlaubt sein!). Die einzige Zeit meines Lebens, während der ich gerne – wenn auch vermutlich furchtbar falsch – gesungen habe.

Halten wir fest: es gibt gute Erinnerungen an Weihnachten! Aber die meiste Zeit meines Lebens hat mich dieses Fest in tiefe Ambivalenzen gestürzt. Am schlimmsten vermutlich in der Zeit, als die Kinder noch klein bis vorpubertär waren. Schon der Versuch, Weihnachten nicht zu feiern, steht mit Kindern unter Strafe. Geht einfach nicht! Konsumkritik geht an Kindern ja sowas von vorbei! Auch zur Jungfernzeugung, Kreuzrittern oder Hexen und deren Verbrennung haben Kinder einen grundsätzlich anderen Zugang. Und dann erkär´ deinen Kindern alles so, dass sie es auch anderen Kindern erklären können. Unmöglich. Kurz, wir haben Weihnachten gefeiert, wie man Klebstoff aufträgt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich! Fast schon unnötig zu erwähnen, dass meine Kinder seit sie es können bei anderen Familien feiern. Erzieher, die Wert auf Selbständigkeit legen, können das aushalten. Mit Mühe.

Aber auch jetzt, die Kinder sind schon viele Jahre aus dem Haus, kostet das Fest Mühe und will ausgehalten werden. Das liegt zum einen an dem Druck, den dieses Fest in Bezug auf Harmonie und Familienzusammenhalt aufbaut. Gibt es beides nicht bei uns. Das ist eigentlich zu allen Jahreszeiten schade, aber um die Weihnachtszeit macht es traurig.

Zum anderen ist der Mangel an Alternativen zum „Familien-„Fest, die man sich ja aufgebaut haben könnte im Laufe der Jahre, im Wortsinn beschämend. Enge Freunde gibt es nicht (mehr) und nur wenige Menschen, von denen ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zu feiern. Und auch dieser Mangelzustand, im Rest des Jahres wenig wahrgenommen, drängt um Weihnachtszeit und Jahreswechsel ins schuldhaft Bewusste. Hässliche Sache, das. Einmal im Jahr muss ich da durch.

Update 7.2.2020: And now something completely different …

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