25211 – Long story short (25204 bis 25210)

Ich war fünfeinhalb Tage im Krankenhaus. Mir wurde durch die Leiste eine künstliche Herzklappe eingebaut. Ich hatte vorher keine Beschwerden und fühle mich nun genau wie vorher,  nur ohne die Angst vor dem Eingriff und einer etwas höheren Lebenserwartung. Alles ist gut (genug).

25210 – Sprich-mit-g.-Tag

Das Stationsleben beginnt heute früher als gestern. Viertel nach sieben wird mir zum ersten mal der Blutdruck gemessen. Der Eindruck einer Wellness Station wird bröckelig. Bis zur letzten Nacht hier liegen sechzehn komplikationslose Stunden vor mir. Bis zum Frühstück eine. Es ist bemerkenswert, wie schnell mensch in Institutionen beginnt, die Zeit vom Mahlzeit zu Mahlzeit zu messen.

Der Bettnachbar, den ich gestern nach einen ersten Plausch für einen seltsamen Vogel hielt, ist verwirrt (das genaue medizinische Etikett kenne ich nicht). Dass er dabei über weite Strecken recht konsistent erzählt, macht es nicht einfach, das zu erkennen. Ihr erinnert euch, gestern sprangen wir von Thema zu Thema, ich hielt das für einen ungewöhnlichen Gesprächsstil.

Gestern Abend, nach einem ausgedehnten Nachmittagsschlaf, muss er sich neu auf die Krankenhaussituation einstellen. Erneut fragt er sich, was hier noch geschehen wird, besichtigt die Toilette und würdigt, so wie ich vorgestern, den Zuschnitt der Patientenzimmer. Heute Morgen erzählt er den Pflegerinnen, gestern hätte ihn die Nachricht erreicht, seine Katze sei überfahren worden. Ich habe gehört, wie er im Schlaf mit ihr gesprochen hat. Ich vermute, der Tod der Katze ist schon länger her. Bei allem ist es nicht schwierig, neben ihm zu leben. Er respektiert meine Schweigsamkeit, mein Verschwinden hinter Büchern oder elektronischem Gerät. Zumindest die meiste Zeit, am Abend setzt er sich für eine Stunde zu mir und wir reden über … vieles.

Heute scheint so ein Tag zu sein, an dem Menschen mit mir sprechen wollen. Schon mittags spricht mich einer der Patienten aus dem Nebenzimmer an, bleibt lange hängen und erzählt mir seine Krankengeschichte. Und auch einen Teil der Lebensgeschichte. Das alles ist nicht uninteressant, nur etwas überraschend und von jedem Kontext befreit.

Später am Abend biete ich einer mild-dementen Mitpatientin an, ihr das Wasser vom Automaten zu ihrem Zimmer zu tragen, zuvor aber meinen Bettnachbarn zurück in unser Zimmer zu bringen (sicher ist sicher). Als das erledigt ist, stehen auch zwei Pflegerinnen bei ihr und mein Angebot ist strenggenommen nicht mehr notwendig. Dennoch, die Mitpatientin möchte sich und ihr Wasser von mir „ins Bett“ gebracht bekommen. Die Pflegerinnen haben viel Spaß und verbergen nur mit Mühe ihr Lachen.

Zwischendrin auch ein eingeschobener Besuch von H., ich freue mich sehr. Nebenbei besprechen wir kurz, wie wir uns morgen verständigen, sie wird mich nach meiner Entlassung zum Platz begleiten. Das ist notwendig (die Verständigung, nicht das Begleiten), weil es verschiedene Aussagen hinsichtlich dessen gibt, ob vor der Entlassung noch eine Ultraschalluntersuchung stattfinden soll oder nicht.

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Ich sage voraus, dass ich morgen im Laufe des frühen Vormittags ohne Ultraschall entlassen werde, nachdem die Pflegerinnen mich viel zu früh geweckt und mir den Blutdruck gemessen haben. Ein letztes Frühstück hier, Übergabe des Arztbriefes und Abgang. Mehr wird zu diesem Krankenhausaufenthalt vermutlich nicht mehr zu sagen sein.

H. wird mich zum Platz begleiten, ein Arrangement, das wir vor der OP für den Fall getroffen haben, dass es mir schlecht ginge. Nun geht es mir gut und wir werden eine kurze gute Zeit miteinander haben.

Und ab morgen werden wir uns hier wieder unbeschwerteren Themen widmen können.

25209 – Wellness

Meine gute Stimmung hält sich erfreulich lange. Zugegeben, die Umstände dafür sind auch günstig. Heute morgen wache ich gegen zwanzig vor acht von alleine auf, gerechnet hatte ich damit, gegen sechs mit irgendwelchem Krankenhaus-Gedöns geweckt zu werden. Ausgeschlafen fühle ich mich wie auf der Wellness-Station, bis gegen elf klebe ich Zeug ins Journal und versuche Thumbnails von der künstlichen Herzklappe zu zeichnen. Das Teil sieht aus wie ein kleines Krönchen, hoffen wir, das kein Zacken rausbricht.

Das Personal freut sich über meine Anmerkung, die Station käme mir wie die Wellnessstation vor, drei Mahlzeiten am Tag und kaum Anforderungen. In Bezug auf die Pflege geschieht hier wirklich nicht viel, dreimal am Tag wird Blutdruck, Puls, Sauerstoffgehalt des Blutes und die Temperatur gemessen. Ich bin hier, weil die meisten Komplikationen nach dem Eingriff innerhalb der ersten drei Tage danach auftreten. Und wenn sie auftreten, dann sollen sie Krankenhaus auftreten. Ich wage an dieser Stelle die Vorhersage, dass ich Montag ohne Komplikation entlassen werde.

Gegen elf werde ich gebeten, meine Sachen zusammenzupacken, weil mein Zimmer benötigt würde. Sehr schade, ich habe gehofft, das Wochenende alleine im Zimmer zu bleiben, nun beziehe ich ein Doppelzimmer. Ich plaudere etwas mit meinem (mittlerweile dritten) Bettnachbarn, wir springen von einem Thema zum nächsten, einfach um ein Gefühl füreinander zu bekommen. Er ist der bisher seltsamste Vogel, mit dem ich zusammenliege, aber nicht unsympathisch.

Und schon ist Mittagszeit. Danach ziehe ich mich hinter das Tablet zurück, den kleine Aufenthaltsraum habe ich für mich, heute also dient er dazu, sich zu entziehen. Und bequemer ist es auch, an einem Tisch zu sitzen.

Zwischendrin dusche ich, der Ablauf der Dusche ist verstopft, als ich es bemerke habe ich schon eine Überschwemmung im Bad verursacht. Das Personal ist hilfreich. Es wirkt so, als sei ich der Erste, dem das passiert ist. Obwohl ich eher darauf tippen würde, dass das schon mehrmals passiert ist und nur nicht an die entsprechende Stelle weitergegeben wurde. Das Personal scheint eher darauf zu tippen, dass ich mit offener Glastür geduscht habe. Ich betone deutlich, dass sich die Überschwemmung wiederholen wird, wenn die Verstopfung nicht beseitigt wird. Und entlasse mich aus der Verantwortung.

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Nachmittags beginne ich zum ersten Mal, mich zu langeweilen. YouTube kann da helfen, manchmal, heute nicht. Schließlich lande ich auf meinem Bett und lese. Tochter H. hat sich angemeldet, sie wird ein verlängertes Wochenende in Gießen sein, und mich besuchen. Unmittelbar nachdem sie mit der Bahn angekommen ist, verbringen wir eine Stunde zusammen. Ich bin froh um die Ablenkung und erstmals ergeben auch meine unsinnig großen Lebensmittelvorräte Sinn, die lange Zugfahrt hat sie hungrig gemacht.

Der Rest des Abends vergeht mit lesen, Serien schauen und bloggen.

25208 – Normalstation

Gestern habe ich die Beobachtungsstation beschrieben und etwas ist in dem Beitrag angedeutet, was mich Laufe des Abends, vor allem aber der Nacht, dann ziemlich genervt hat. Es geht um den Zugang am Handgelenk, in dem die Gerätschaft zur körperinneren Blutdruckmessung steckt. Als Bonus lassen sich aus dem Schlauch auch die Blutproben nehmen, bei fünf bis sechs davon am Tag sollte sich Dankbarkeit einstellen, dass nicht immer wieder neu gestochen wird. Aber zwei Dinge haben mir den Spaß daran sehr verdorben. Zum Ersten war das Teil sehr unzuverlässig und tat, was es sollte nur dann, wenn ich absolut ruhig lag. Mit Ausnahmen, denn manchmal verlor das Teil auch bei ordnungsgemäßem Gebrauch den Kontakt. Der Arm liegt – wie er soll – gerade ausgestreckt neben dem Körper oder auf einem Kissen und es piept. Gerne auch mal in der Nacht. Das nenne ich das einfach-lästige Piepen.

Das doppelt-lästige Piepen trat auf, sobald ich irgendetwas von den Dingen tat, die ich ohnehin nicht tun sollte, zum Beispiel die Urinflasche im Stehen benutzen oder die Essenstasche ins Bett heben. Verräterteil, das Elende. Abzustellen nur durch das Personal. Das Doppelt-lästige daran war, das ich dann erklären mußte, warum ich die Weisung X mehr als Vorschlag sehe, für den Rest der Welt unter Umständen passend, aber gerade nicht kompatibel mit meiner Blase oder Bedürfnislage. Als ich heute morgen ging, konnte ich mich zumindest bei einer der Pflegerinnen für ihre Geduld bedanken.

Zum Zweiten war ich genervt, weil das Teil falsch saß, so zumindest mein erster Gedanke. Sobald mensch in die Versuchung gerät, anderen Menschen zu erklären, wie sie ihren Beruf ausüben sollen, ist es oft hilfreich darüber nachzudenken, ob es möglicherweise gute Gründe für diese „falsche“ Entscheidung gibt. Also dachte ich darüber nach, fand drei andere, „bessere“ Optionen, zu denen ich jeweils selbst sehr schnell auch einen Grund fand, warum die Fachkraft sich dagegen entscheiden würde.

Davon ausgehend, dass der Ort des Zugangs nicht ideal, aber durchaus sinnig gewählt war, hätte ich als Fachkraft dennoch eines versucht, um das Problem abzuschwächen. Ich hätte mit einer Schiene das Handgelenk versteift um zu verhindern, dass mit jeder unwillkürlichen (in meinem Fall auch willkürlichen) Bewegung die Elektrode des Blutdruckmessers ein kleines Stück aus der Einstichstelle herausgezogen bzw. wieder hineingestoßen wurde. Die kleine Wunde kam über die ganze Zeit nicht richtig zur Ruhe, immer war frisches Blut unter dem Fixierpflaster des Zugangs zu sehen, immer war die Wunde zu spüren, auch wenn sie nicht weh tat. Und das nervte.

Mein vorsichtiger Vorschlag, das Handgelenk mittels einer orthopädischen Schiene zu fixieren, wurde entweder nicht verstanden oder ignoriert. Folglich waren mein Handgelenk und ich heute Morgen etwas gereizt und wirklich, wirklich froh, als die Visite beendet und alle Kabel, Infusionen und Elektroden gezogen waren. Bei der Gelegenheit konnte ich auch zum ersten Mal die Wunde in der Leiste sehen. Sie ist kleiner als ich dachte und entgegen meiner Erwartung nicht vernäht.

Gegen neun werde ich mit all meinen Taschen ins Bett gesetzt und zur Normalstation gefahren.

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Ich kann mir vorstellen, Ihr seid von obenstehendem Text so genervt, wie ich vom Handgelenkszugang. Fühlt sich unnötig an, aber mensch muss da durch. Ab jetzt wird alles besser, versprochen.

Die Normalstation ist ein Hort der Freiheit. Kein Kabel begrenzt den persönlichen Freiheitsraum. Wer laufen kann, darf das auch. Sogar bis zum Küchenwagen, wo es unbegrenzte Tee- und Kaffeevorräte gibt. Unerschrockenen Patienten wird zugetraut, alleine Aufzug zu fahren, andere Stationen aufzusuchen und auch wieder zurückzufinden. Das Bein, das wenige Stunden zuvor nicht angewinkelt aus dem Bett hängen durfte, wird nun laufenderweise belastet, ohne das anwesendes Personal blass dabei wird. Eine Pflegerin übernimmt ungeprüft meine Angabe zur Temperaturmessung vom Morgen (okay, das ist nun keine superkritische Angabe, aber ich habe gelernt, mich auch über kleine Ding zu freuen). Kurz, seit dem Stationswechsel bin ich sehr zufrieden und fühle mich ausnehmend gut.

Durch einen glücklichen Umstand habe ich für diese Nacht das Zwei-Bett-Zimmer für mich alleine. Der Patient, der mit mir das Zimmer bewohnen sollte, hat die Behandlung, besser: die beobachtete Schonung, abgebrochen und schont sich nun zuhause. Dennoch bin ich nicht ganz alleine, denn die Zimmer haben hier eine nie zuvor gesehene Aufteilung. Es gibt zu je zwei kleinen Doppelzimmern einen gemeinsamen Aufenthaltsraum (a kind of).

Finde ich vom Konzept her gut gemacht, je nach Temperament oder Zimmergenossen kann der zusätzliche Raum mal mehr Ort der Zusammenkunft und ein anderes Mal des Ausweichens sein. Für mich war er heute schon beides, kurz nach seiner Ankunft habe ich dort mit Joe, mit dem ich mir letzte Nacht schon das Zimmer auf der Beobachtungsstation teilte, zusammen gesessen. Währendessen kam auch Armin, mein Bettnachbar der vorletzten Nacht, vorbei, um sich zu verabschieden. Und irgendwann nach dem Mittagessen war es gut, mich auf’s Zimmer zurückzuziehen und eigene Dinge zu machen.

Nachmittags ein kurzer Überraschungsbesuch von J., er hat hier ebenfalls zu tun, krankheitsbedingt.

Jetzt ist es Abend und im Rückblick erlebe ich den Tag wie eine große Befreiung. Körperlich geht es mir gut und ich kann mich Dingen widmen, die ich mag, schreiben lesen, zeichnen. Personal ist da, möchte gelegentlich auch etwas, aber ist nie einschränkend. So mag ich das.

25207 – TAVI (Transcatheter Aortic Valve Implantation)

Ich mache der Vollständigkeit halber mal dort weiter, wo ich gestern aufgehört habe. Der Abend vergeht mit kleinen zeichnerischen Einträgen ins Journal (ich vervollständige den Dublin-Eintrag mit zwei Thumbnails), Lesen und Serienkonsum. Zwischendrin bin ich plötzlich sehr müde, mache kurz die Augen zu, ruhe und bin anschließend bis zwei Uhr nachts wach. Ich bedaure das nicht, für die OP morgen wird es nicht schaden, so müde wie möglich zu sein.

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Es ist eine kurze Nacht. Pünktlich um sechs beginnen auf der ganzen Station die Monitore der Patienten zu piepen, bei denen sich in der Nacht irgendeine der vielfältigen Verkabelungen gelöst hat. Auf dem Flur entspanntes Geplauder der PflegerInnen, kein Grund zur Panik. Aber es nervt und dauert bestimmt zwanzig Minuten, bis alle Monitore wieder still sind.

Die zuständige Pflegerin bringt mir eines dieser kleidsamen OP-Hemdchen, deren praktische Vorteile mir sich noch nicht erschlossen haben. Vielleicht dienen sie dem Trainig der Feinmotorik, ich finde es durchaus herausfordernd zwei Schlaufen in unterschiedlicher Höhe auf dem Rücken und ohne Sicht zu binden. Spoiler: nach der OP wird der Schwierigkeitsgrad erhöht, indem an einem der Zeigefinger der Puls-Monitor „verklebt“ wird.

Gegen sieben ist die Aufgabe bewältigt, zudem bin ich „nachrasiert“, der Schnitt für die TAVI ist, im Gegensatz zu dem für Stents, beidseitig und erstreckt sich auch über den Bauch- und Brustbereich. Ich bin nun so rasiert wie nie zuvor im Leben und werde zu der Station gefahren, in der die „Vorbereitung“ auf die OP stattfindet. In Anführungszeichen, weil es nur eine weitere Übung in Redundanz ist, Name, Geburtsdatum, welcher Eingriff wird vorgenommen, wer alles weiß bekommt ein Bändchen mir allen Angaben ans Handgelenk.

Geschätzt gegen viertel vor acht werde ich in den OP-Raum gefahren und ab dem Moment spielt Zeit ohnehin nur noch eine untergeordnete Rolle, denn die erste Maßnahme ist, mich an die Lösung anzuschließen, die mich im Laufe der nächsten zwanzig Minuten langsam in den Dämmerschlaf versetzen wird. Während dieser zwanzig Minuten geschieht noch sehr viel um mich herum und mit mir. Ich bekomme einen zweiten Zugang gelegt, zahlreiche Elektroden werden an Körper und Stirn angebracht, meine Handgelenke werden bequem und körpernah fixiert, teilweise sind bis zu drei Personen gleichzeitig an mir beschäftigt. Währenddessen bekomme ich von all dem immer weniger mit. Ich erinnere einen Moment, in dem ich der Plauderei des Personals zuhörte, irgenein Thema abseits der Medizin, das ich nicht mehr erinnere, und mir auf sehr zähe Weise bewußt wurde, das ich einen interessanten Beitrag dazu leisten könnte. Ich war mir nur nicht sicher, ob ich überhaupt noch reden könnte, und überhaupt…, vielleicht war es einfach egal. Die letzten Erinnerungen sind die Begrüßungen durch die Operateure, Dr. A., der irgendwelche vorbereitenden Drähte oder Schläuche in mich hineinschiebt, und etwas später Dr. B., den ich mir als Behandler gewünscht hatte. Alles nur noch sehr undeutlich.

Ich träume, manchmal kommt etwas Realität durch (meistens wenn ich zu Schnarchen anfange und mich damit selbst wecke, dann legt sich eine Hand auf meinen Kopf und versichert mir, dass alles gut sei), und manchmal träume ich, während ich mir bewußt bin, dass ich träume. Auch alle drei Zustände gemeinsam scheinen möglich. Der Moment, in dem meine reale Herzklappe zur Seite geschoben wird und eine künstliche an ihre Stelle tritt, ist eine solcherart vereinte Empfindung. Auf der realen Ebene höre ich Gesprächsfetzen mit, die sich auf den Ballon beziehen, der die künstliche Herzklappe entfaltet und positioniert, zugleich sehe ich den Vorgang träumend und aus einer Innenperspektive und ebenfalls zugleich weiß ich um mein träumen und die illusionäre Beschaffenheit der Bilder, die ich sehe.

Oder der Gedanke innerhalb eines Traumes, dass die meisten meiner Träume in sehr großen Räumen, fast schon Hallen, stattfinden. Zum Zeitpunkt der Niederschrift erinnere ich nur noch zwei solcher Räume und nichts von dem, was sich darin ereignet hat (oder ob sich überhaupt etwas ereignet hat).

Ähnlich, wie ich in den Dämmerschlaf hineindämmerte, dämmere ich auch wieder hinaus, auf eine unbestimmte Weise das Gefühl, „es“ sei rum, zweimal umbetten, was „irgendwie“ punktuelle Mitarbeit von mir erfordert, ein Bild von der Aufzugdecke und die Befriedigung darüber, endlich in meinem Zimmer zu liegen und ausschlafen zu können, was auch immer das bedeuten mag. Von Gedanke zu Gedanke zunehmend klarer.

Gegen elf schaue ich das erste Mal wieder bewußt zur Uhr mit dem Gedanken, mir die Uhrzeit für den Blog zu merken. Da bin ich aber schon voll verkabelt und hänge an einer Infusion. Wichtiger: ich bin instruiert, was ich alles nicht darf, bzw. wie ich die Leiste zu schonen habe, durch die der Eingriff vorgenommen wurde. Dort gibt einen kleinen vernähten Einschnitt unter einem Druckverband, es gilt eine Blutung zu verhindern. Ich bin unbesorgt.

Ein klitzekleines bisschen besorgt bin ich, als mehrmals hintereinander meine Monitore piepsen, mal sei der Blutdruck arg niedrig, mal wird der Sauerstoffgehalt angemäkelt. Das Personal löst das Problem, indem es die jeweiligen Ansprechschwellen hochregelt. Mich erinnert das etwas daran, wie innerhalb der Politik Grenzwerte hochgesetzt werden, wenn sie nicht einzuhalten sind. Irgendetwas stimmt mit diesen Grenzwerten nicht, vielleicht waren sie vorher zu niedrig, vielleicht sind sie jetzt zu hoch, Handlungskompetenz ersetzt wirkliches Wissen. Weil ich mich gut fühle bleibt es bei solcherart abstrakten Sorgen.

Wenig später gibt es Kaffee und eine Mahlzeit, danach beginne ich diesen Beitrag. Gegenwärtig fühle ich mich gut, liegenderweise halte ich stehen für ein echte Option. Wäre ich mein Arzt, würde ich über eine Entlassung nachdenken.

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Dies kaum geschrieben fängt es mal wieder an zu piepen. Das wird im Laufe des Nachmittags noch mehrfach geschehen und ist irgendwann auch kein Aufreger mehr, das Blutdruckmessdingens hat schlicht Kontaktprobleme, damit bin ich vertraut, das macht mir keine Angst.

Und die Pflegenden haben ihr Augenmerk auch auf anderem, vor allem auf der Wunde in der Leiste, die gerne mal nachblutet, statistisch, bei mir ist alles gut damit. Habe ich schon erwähnt? Egal, hier ist ganz viel redundant.

Etwas unverbunden und weil es erwähnt gehört, bisher bin ich von der Freundlichkeit des Personals sehr angetan. Ein unproblematischer Ausreißer nach unten, ich würde einen schlechten Tag als Entschuldigung gelten lassen, darüberhinaus nur Menschen, die auf natürliche Weise zugewandt rüberkommen (das sind die Besten) oder ein Mittelfeld der professionellen Freundlichkeit, von der alle wissen, das sie das Leben aller Beteiligten leichter macht.

Und vielleicht sollte auch erwähnt werden, dass ein Großteil dieser Menschen deutlich an Gesichtszügen oder Sprache erkennbar einen Migrationshintergrund haben. Sie sind es, die den Laden hier am Laufen halten. Isso. Sollten wir würdigen. Oder wenigstens mal gehört haben.