Wenn Ihr das lest, wird an vielen Orten auf der Welt Halloween gefeiert. Nichts dagegen, der 13-jährige in mir, der in seinem Holzschuppen ein lebensgroßes anatomisches Modell eines menschlichen Skeletts hängen hat, freut sich mit Euch. Ich muss mich jedes Jahr auf’s Neue davon abhalten, im 1-Euro-Shop handtellergroße Gummispinnen zu kaufen und aufzuhängen.
Aber …, eine Sache, die mir regelmäßig den Spaß am Fest verdirbt, ist dieser seltsame Brauch, Erpressung als Kinderspiel zu inszenieren. Ihr wißt schon, bei den Amerikanern trick-or-treat, bei uns Süßes-oder-Saures genannt, laufen Kinder durch die Nachbarschaft und verlangen Süßigkeiten, wobei sie dem Anliegen mit der Drohung, andernfalls Streiche zu verüben, Nachdruck verleihen. Das ist nur solange lustig, wie man nicht darüber nachdenkt.
Was hier spielerisch eingeübt wird, ist Erpressung als Kulturtechnik. Derzeit können wir in der amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik betrachten, wo das hinführt. Scheiß auf die guten Nachbarschaftsbeziehungen, ich fange lieber mal mit einer Drohung an, dann werde ich schon bekommen, was ich will.
Auf der persönlichen Ebene haben wir dann die Menschen, die es dich schmerzhaft spüren lassen, wenn du ihnen keinen Zucker in den Arsch bläst. Auch ein paar drastische Formulierungen aus dem Bereich sexualisierter Gewalt fielen mir hier noch ein, die aber hier nicht vorkommen sollen. Ich abstrahiere als: Befriedige mich oder ich bestrafe Dich!
Es ist die Geisteshaltung, die hier als erfolgversprechend eingeübt und belohnt wird, die mir so wenig gefällt. Sie ist das Gegenteil von Sich-zusammensetzen, von Suchen nach dem Win-Win, von gegenseitigem Wohlwollen. Es ist gewaltbereiter Egoismus als Volksfest.
