25232 – Jahresrückblick 2025

Dieser Jahresrückblick erscheint mehr als vier Wochen später, als ich das ursprünglich plante. Aber wann immer ich mich hinsetzte, um ihn zu schreiben, stand ich sehr schnell wieder auf. Oder ich stand nicht auf, aber schrieb auch nicht. Das ist ungewöhnlich, im Berichtszeitraum habe ich täglich geblogt (weil ich es mir vorgenommen hatte, ich wollte sehen, ob ich das könnte) und mittlerweile finde ich es nicht mehr schwer, mich hinzusetzen und zur-Not-irgendwie loszuschreiben. Mit diesem Jahresrückblick wollte das nicht gelingen und mittlerweile weiß ich auch warum. Mir fehlen die Worte für den Teil des Zeitraums, der noch in 2024 liegt. Um ins Schreiben zu kommen, muss ich die ersten beiden Monate auslassen. Als ich das mache gelingt es innerhalb von zwei Sessions das Jahr „herunterzuschreiben“. Erst jetzt kann und muss ich an den Anfang zurückkehren.

Als ich Anfang NOVEMBER 2024 meinen Geburtstag feiere, bin ich noch mit T. zusammen. Etwas mehr als vierzehn Tage später bin ich das nicht mehr. Es ist nicht meine Entscheidung. Im Rückblick betrachtet ist das nicht überraschend, in der Situation selbst … . Um es kurz zu machen, ich gehe durch eine schwierige Zeit, bin verunsichert, werfe mir vieles und ihr nur wenig vor. Ich flüchte mich in eine Stichwortsammlung zu meinen Erinnerungen an sie, die ich im

DEZEMBER ausformuliere. Dazu niste ich mich im Gästezimmer eines befreundeten Paares in Norddeutschland ein. Vielleicht hat das Schreiben geholfen, vielleicht auch die Gespräche dort oder die Besuche auf den Weihnachtsmärkten, wie-auch-immer, als ich wieder zuhause bin, bin ich bereit, mein altes, mein Vor-T.-Leben wiederaufzunehmen.

Was ich ebenfalls Wiederaufnehme ist eine Therapie. Was mir so formuliert viel zu ernst klingt, ich spreche lieber von einem Nachschlag (eigentlich bin ich fertig, aber weil’s so gut war …, und wann wäre mensch denn jemals wahrhaftig fertig?). Diese Therapie wird sich über das ganze Jahr 2025 hinziehen (zum Ende des Jahre beschließen meine Therapeutin und ich, langsam auszuschleichen). Und weil wir gerade bei therapiewürdigen Geisteszuständen sind, schon während meines Norddeutschland-Aufenthaltes hatte ich die Rückmeldung erhalten, dass ich bei aller begründeten Niedergeschlagenheit nicht depressiv wirken würde. Zum damaligen Zeitpunkt war das eine wenig beachtete Randbemerkung, erst deutlich später im Jahr sollte ich bemerken, dass ich depressionsfrei war. Erstmals seit Jahren. Es fühlt sich noch immer seltsam an, das aufzuschreiben.

Im JANUAR wird der Trennungsschmerz in eine andere Richtung gelenkt. Kurz vor Jahresende stirbt meine Mutter und der Formalkram rund um die Bestattung, das Erbe und allgemein-formales Dieser-Mensch-ist-nicht-mehr-in-der-Welt zieht sich bis in den Februar hinein. Die Beisetzung verzögert sich bis zum 3. Februar, ich bin von allem maximal genervt und beansprucht. Meine Trauer fällt eher flach aus, aber ich frage mich, wie Menschen, die wirklich trauern, mit den verschiedenen Anforderungen klarkommen.

Irgendwann im Januar wird mir auch klar, dass ich mir für die Innendämmung des Domes Hilfe holen muss. Einfach deswegen, weil die auf Dreiecken aufgebaute Struktur des Domes soviel kleinteilige Zuschnittsarbeit erfordert, dass mehr als ein Dreieck am Tag alleine nicht zu schaffen ist. Am Tag der Zählung sind es 37 Dreiecke, bei einer 5-Tage Woche also rund 7 Wochen, bei 3 Tagen die Woche halbtags rund das Vierfache, also 28 Wochen. So würde ich meinen Plan, in diesem Jahr in den Dome einzuziehen, nicht halten können.

Ich finde Mo., die bereit ist, mir zu helfen. Gemeinsam schaffen wir zwei Dreiecke am Tag, an guten Tagen auch mal drei. Wichtiger aber ist, dass mir die gemeinsamen Arbeitstage Struktur geben. Es gibt an diesen Tagen keine Ausrede, nicht auf der Baustelle zu sein. Ich bin für einen Tag auf der Baustelle verabredet und das gilt. Sehr schnell finden wir zu einer Arbeitsteilung, die für uns beide gut funktioniert, Mo. packt das Styrodur in die Dreiecke und ich mache die Verschalung darüber, gegenseitige Handreichungen wenn notwendig, aber selten.

So arbeiten wir bis Ende FEBRUAR an der Innendämmung und schließen am 27. ab.

Für mich war das eine unerwartet entspannte Zeit, anfangs war ich besorgt, ob ich mir „meine“ Baustelle würde „teilen“ können. Oder unsere Ansprüche an die Ausführung der Arbeit zu stark auseinanderfielen. Alles unnötig. Als wir fertig waren, war ich Mo. sehr dankbar, nur hatte sie schon sehr früh eine von mir angebotene Bezahlung abgelehnt, was es mir leicht gemacht hätte, meine Dankbarkeit zu zeigen. Nach etwas Überlegung fand ich etwas, womit ich meine Anerkennung zeigen konnte, ich schenkte ihr meinen blauen Wagen. Ich würde ihn nach meinem Umzug in den Dome ohnehin nicht mehr brauchen, sie aber umso mehr, da sie ins Wagendorf ziehen möchte, win-win.

Der MÄRZ wurde dominiert von einem gemeinsamen Urlaub mit meiner Tochter in Palermo, von dem ich vermute, dass wir beide ihn sehr genossen. Die Stadt bildete dabei mehr die Kulisse für unsere langen Spaziergänge und Gespräche, alles schon ausführlich beschrieben.

Wieder zuhause begann der Ausbau der Werkstattwagens, der nach dem Umzug in den Dome mein Werkzeug und allerlei Material aufnehmen soll. Zum Beginn der Arbeit fehlt eine Wand komplett und bei einer zweiten die Außenlattung. Während der Arbeit wird alles noch häßlicher und reparaturbedürftiger, dennoch, als der Monat zuende geht, ist der Wagen von innen mit OSB-Platten ausgekleidet und von außen mit Plastikplanen gegen Feuchtigkeit geschützt.

Im APRIL baue ich den Wagen mit einer langen und tiefen Regalwand aus. Auf der gegenüberliegenden Wand finden sich alle Regale und Hängeschränke, die ich sonst noch so in meinem Besitz habe. Ich beginne den blauen Wagen, der mir bisher als Werkstattwagen diente, auszuräumen und dessen Inhalt umzuziehen, auch deswegen, weil ich ihn schnellstmöglich an Mo. übergeben möchte (Spoiler: Ich beginne damit, zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht er immer noch mit allerlei Zeug von mir voll, was nur deswegen okay ist, weil auch Mo. es nicht eilig hat.)

Bei all der Räumerei fällt mir ein lange vergessenes Buch in die Hände, „Learn To Love You More“ von Miranda Juli/Harrel Fletcher, das mich über den Umweg einer darin gestellten Aufgabe dazu ermutigt, wieder mit regelmäßigen Zeichenübungen zu beginnen. Dazu sitze ich meistens auf der Terasse des Domes in der Morgensonne, zeichne vor mich hin und bin zufrieden mit meinem Dasein.

Diese grundsätzliche Zufriedenheit hält auch im MAI und den folgenden Monaten an, erstmals beginne ich vorsichtig daran zu glauben, dass sich meine depressive Grundstimmung wohin-auch-immer verzogen hat. Am deutlichsten spüre ich das daran, dass ich die Zeichenübungen beibehalte und viele andere, im weitesten Sinn kreative Ideen weiterverfolge. Ich nenne das für mich den Kreativboost. Nicht nur, dass ich Ideen habe, ich nehme sie auch ernst und gehe ihnen nach. Eine lange nicht mehr gespürte Begeisterungsfähigkeit kehrt zurück, auf eine sehr selbstbezogene Art und Weise geht es mir gut.

Zeitgleich beginne ich, im Dome den Boden zu legen. Eine Arbeit, die zäher ist, als ich das erwartet hatte. Es geht deutlich langsamer voran, als ich mir das wünschte. Dennoch, ich bleibe dran, was soll ich sonst tun?

Den Monatsübergang zum JUNI erlebe ich gemeinsam mit A. in Rendsburg, anstelle einer Städtetour ins nahe Ausland haben wir uns für eine Woche im Norden Deutschlands entschieden. Wir wohnen in der Nähe von E&F, dem befreundeten Paar, bei dem ich schon Ende des Vorjahres meinen Schreibaufenthalt hatte. Wir treffen uns regelmäßig zu viert und weil es bei allen Beteiligten viel Neues gibt, bleibt es kurzweilig. Erstmals habe ich bei einem Urlaub mehr Zeichenmaterial als Toilettenartikel dabei. Ich mag meine Bemühung und den positiven Effekt auf meine Stimmung, als Souvenir aus Rendsburg bringe ich mir einen Anstecker mit: „Never not creating“.

Ende des Monats mache ich gemeinsam mit meinem Bruder einen Ausflug nach Frankfurt. Wir verkaufen die Wohnung unserer Mutter. Bis es nun endlich soweit ist, hat es vielerlei formale Verzögerungen gegeben. Als die Unterschriften endlich auf dem Papier sind, sind wir beide sehr erleichtert. Ab diesem Moment wird es zwar noch bis Ende August dauern, bis die Kaufsumme überwiesen ist, aber ein erster, wenn auch formaler Abschluss des Trauerns und Erbens ist gemacht.

Im JULI beziehe ich zum ersten Mal den Dome. Daran ist bemerkenswert, dass der Boden noch nicht fertig gelegt ist. Ich beziehe meine Baustelle. Mit dem Bezug einer Baustelle habe ich schon einmal gute Erfahrungen gemacht, damals, während des Ausbaus meines ersten Bauwagens. Ich mag es, morgens aufzuwachen und die Arbeit des Tages direkt vor mir zu haben und auch unmittelbar davon zu profitieren. Mit jedem Tag, den ich ein paar Dielen verlege, habe ich mehr Platz für meine Matratze und den Medienbereich. Ich erlebe den paradoxen Effekt, dass es weniger wichtig ist, den Boden zu verlegen, und es dennoch schneller geht. Zumindest bis ich alle Dielen verlegt habe und bemerken muss, dass ich zuwenig Material eingekauft habe. Ich habe zuwenig Verschnitt berechnet, einem Denkfehler und dem runden Grundriss geschuldet. Das fehlende Material nachzubestellen ist schwierig, entgegen meiner Erwartung ist es bei Holzhändlern im Umfeld nicht zu bekommen. Letztlich muss ich es beim Baumarkt der Wahl bestellen – mit einer Lieferzeit von vierzehn Tagen. Was nicht gar so schlimm ist, wie es sein könnte, denn ich bin bei meinem Sohn in Hamburg für eine Woche eingeladen. Dort ist die Gartenhütte wieder regendicht und als Feriendomizil nutzbar, genau wie ich es mag. Auch zu diesem Kurzurlaub gibt es schon einen Übersichtsartikel.

Wieder zuhause, es ist AUGUST, kann ich die Dielen abholen, die dann auch schnell verlegt sind. Es waren ja nur wenige, so wenige, dass ich sie bequem mit dem Fahrrad nachhause transportieren konnte. Für den nächsten Arbeitsschritt benötige ich eine Schleifmaschine, die ich im Baumarkt ausleihe. Und die zu transportieren ist allein mit dem Fahrrad nicht zu machen. Also bestelle ich einen Fahrradanhänger, was auch deswegen bemerkenswert ist, weil es ein weiteres Indiz dafür ist, dass die Depression auf dem Rückzug ist. In depressionsarmen Zeiten neige ich dazu, Geld leichter auszugeben. Es bleibt vorhersehbar, der Hänger kommt, ich mache den Dome wieder leer und leihe die Maschine, ich schleife den Boden, …

Und dann kommt doch noch etwas Unerwartetes. Zwei Tage vor der Abfahrt erzählt A. vom geplanten Urlaub mit Mutter und Schwester. Und während sie so erzählt kommen wir auf die Möglichkeit, dass ich sie begleiten könnte. Sollte eigentlich kein Problem sein, Mutter und Schwester würden sich bestimmt freuen, ein Bett gäbe es auch, alles easy. Vorbehaltlich einer Nachfrage bei Mutter und Schwester sage ich zu. Und verbringe die letzten Augusttage am Steinhudder Meer nahe Hannover.

SEPTEMBER. Ich komme mit dem Boden zum Abschluss, unter anderem mit einem eigens für das Schleifen der Randbereiche gekauften Exzenter-Schleifers (ich genieße die innere Freiheit, mir etwas zu gönnen). Den Boden zu versiegeln ist dann nur noch Formsache. Dennoch bemerke ich ein leichtes Nachlassen meines Energielevels. Eigentlich sollte die Versiegelung des Bodens nur ein erster Schritt vor weiteren sein. In meinen kühnsten zurückliegenden Ideen dachte ich an Wachsen oder Bohnern, nun bemerke ich, dass ich mich nicht dazu entschließen kann. Und wenn ich mich entschlösse …, ich müsste es dann ja auch tun.

Wozu ich mich entschließen kann: den Boden für fertig zu erklären und den (Wieder-)Einzug in den Dome vorzuziehen. Better done than perfect.

Im OKTOBER ist es klar, dass die Depression unabweisbar zurück ist. Leichter als in den Vorjahren, mit mehr guten Tagen zwischen den schlechten, als ich zu ertragen gewöhnt bin, aber unbezweifelbar da. Und auch etwas früher als gewöhnlich. Mein Geburtstag Anfang November gibt mir da eine gute Zeitmarke für die Langzeitbeobachtung. Sehr schade, das.

Entsprechend langsam geht der Umzug in den Dome voran. Bis die ersten Einrichtungsgegenstände ihren endgültigen Ort gefunden haben, vergehen vierzehn Tage. Zum Teil überrasche ich mich selbst mit den Lösungen oder Vorlieben, die ich finde. Es wird deutlich, dass ich das erste Einrichtungskonzept, das ich mit dem Model gefunden habe, nicht umsetzen werde. Manches wird anders, nein, das meiste wird anders. Ich brauche meine Zeit, mich diesem Gedanken, aber auch dessen Umsetzung, anzunähern. Ich mache das, indem ich vieles zunächst als Provisorium anlege und schaue, wie ich mich damit fühle. Wobei nichts den vorläufigen Charakter aufhebt, den alles noch hat. Vor allem genieße ich den vielen freien Raum, den ich noch habe. Ende Oktober bin ich in den Dome eingezogen und vor mir liegt die Aufgabe, nun ein Stück für Stück den freien Raum aufzufüllen.

Im Rückblick betrachtet prägt eine Sache den Oktober mehr, als ich das währenddessen wahrnehme, die Herzkatheder-Untersuchung. Sie findet im Vorfeld zu einem gößeren Eingriff statt, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht terminiert ist (Spoiler: es ist die Implantation einer künstlichen Herzklappe durch die Leiste, die dann Anfang November, also gerade nicht mehr in diesem Berichtszeitraum, stattfinden wird). Beide Eingriffe machen mich besorgt, vielleicht sogar ängstlich, und beeinträchtigen meine Stimmung sehr. Was ich aber erst nach den beiden Eingriffen wissen werde, wenn mein Leben sich wieder deutlich leichter anfühlen wird. Wie-auch-immer, im Oktober ist noch alles blöd und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Herzkatheder-Untersuchung mit dem bestmöglichen Ergebnis endet, nämlich dem, dass mit meinen Koronargefäßen allen in Ordnung ist.

In der letzten Oktoberwoche verbringe ich fünf Tage mit meinem Sohn in Dublin. Das Wetter dort passt zu meiner Stimmung, dennoch bin ich mit unserer Unternehmung sehr zufrieden. Seit seinen Kindertagen waren wir nicht mehr so lange an einem Stück zusammen. Es ist besonders, umso mehr, da er sich für diese Zeit von seiner Familie frei machen muss. Ich sehe das und bin dankbar dafür. Und da er mir in einigen Temperamentsdingen ähnlich ist, erfahre ich nicht nur über ihn, sondern auch über mich etwas.

<O>

Hier endet der Berichtszeitraum, den ich entlang meiner Lebensjahre bestimme und der deswegen nur zufällig in der Nähe des kalendarischen Jahreswechsels liegt. 2025 war ein gutes Jahr, ich bin viel gereist und die Zeit zuhause konnte ich im und mit dem Dome gut verbringen. Vielen Dank an alle, die mit mir ihre Zeit, ihre Freude und ihre Sorgen mit mir geteilt haben. Auf ein Neues!

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