Ein diffuses Gefühl des Verlusts

Die Häufigkeit, mit der ich an Blogbeiträgen gedanklich herumbastele, bevorzugt beim Einschlafen, steht in keinem Verhältnis zur Häufigkeit, mit der hier Beiträge erscheinen. Und ich spreche hier nicht von einem kleinem Mißverhältnis, sondern von einem großen, sagen wir eins zu zwanzig. Meint: von zwanzig Fällen – in denen ich in meinem Bett liege, einen Gedanken habe und bemerke, ihn bemerkenswert finde, von gedankendeutsch in schriftdeutsch übersetze und in den Teil meines Hirns schiebe, wo er hoffentlich auch am nächsten Morgen noch liegt – packt es genau einer hier in den Blog. Das kommt mir wie eine große Gedankenverschwendung vor.

Bei genauer Betrachtung ist die Verschwendung nicht ganz so groß. Bei rund einem Drittel der potentiellen Blogbeiträge komme ich direkt oder nach einiger Überlegung zum Schluss, dass deren Inhalt vielleicht doch besser in meiner Einschlafphase bleibt. Kein Verlust.

Aber da sind diese zwei Drittel potienteller Blogbeiträge, von denen ich erzählen möchte. Die, die schon während der Nacht verloren gehen. Denn dieser Teil meines Hirns, wo die Gedanken bis zum nächsten Morgen lagern, ist chronisch unzuverlässig. Dieser großartige Nachtgedanke ist am nächsten Morgen nur noch ein Gefühl, ähnlich dem, wie es nicht mehr zu erinnernde Ideen während des Genusses von psychedelischen Drogen waren – damals, mehr als ein halbes Leben zurück. Da war diese eine große Idee wie sich Armut bekämpfen und Weltfrieden herbeiführen ließe, einfach umzusetzen und frei von schädlichen Nebenwirkungen. Alleine den Gedanken zu haben, hatte  schon etwas weniger arm und sehr viel friedvoller gemacht. Blöderweise habe ich nicht darüber gesprochen, auch nichts notiert, vermutlich war ich abgelenkt durch …, also abgelenkt, es ist schwer zu erinnern. Man kennt das. It´s a feature, not a bug. Es geht darum, in der Situation zu sein; wer fährt schon Achterbahn, um sich daran zu erinnern. Obwohl, ich habe mal einen kennengelernt, nur kurz, der sammelte Achterbahnfahrten. Aber der war auch Mitglied bei der FDP, ist also vielleicht die Ausnahme zur Regel. Wie auch immer, abgelenkt ist schnell, seht ihr selbst, drei Zeilen genügen. Interessant ist das nur für Menschen, die gerne einen vertieften Zugang zu meiner Einschlafphase hätten.

Einen Rausch und mehrere Stunden Schlaf später erwacht ihr in eurem Bett – oder ich erwache, manchmal verwischen Drogen ein wenig die Perspektive, nehmen wir also an ihr seid ich oder wenigstens WIE ich -, vielleicht seid ihr auch schon entspannt beim Frühstück, da überkommt euch diese Ahnung, dass ihr da gestern an etwas Großem dran wart. Etwas, das der Welt mitgeteilt werden sollte. Ihr seid nicht gänzlich naiv, ihr wisst, die meisten Dinge, die die Welt wissen sollte, wurden ihr schon von anderen mitgeteilt. Ihr seid nicht die, die kalten Kaffee aufwärmen (die Kaffee-Metapher fällt euch auch nur ein, weil ihr gerade beim Frühstück vor einer Tasse sitzt), aber der Gedanke gestern, der hat das unerinnerte Thema doch aus einem ganz frischen Blickwinkel betrachtet. Einfach und überzeugend zugleich. Was war es noch gleich? Dass Armutsbekämpfung mit der FDP nicht zu erreichen ist? Plausibel, aber kalter Kaffee. Außerdem ist euch die FDP schnurz, das kann es nicht gewesen sein. Aber nah dran. Bleibt die Armutsbekämpfung, ja, fühlt sich richtig an. Und ist auch nah genug an eurem Alltag, mit Armut kennt ihr euch aus. Jetzt seid ihr sicher, ihr hattet einen großen und mitteilenswerten Gedanken zur Armutsbekämpfung, nämlich den, dass …, dass …, ihr kommt nicht mehr drauf. Der Gedanke ist so weg wie er gut war.

Und ihr wart so nah dran! Keine Armut nirgends mehr. Das wäre doch ein gutes Ergebnis gewesen, auch wenn im Prozess irgendwo der Weltfriede untergegangen ist. Darum hätte man sich später kümmern können. Es bleibt ein diffuses Gefühl des Verlusts.

Kennt ihr, oder? Kennt jeder, der schonmal die entsprechenden Drogen genommen hat. Wenn ihr es nicht kennt ist das auch kein Verlust und ihr habt jetzt zumindest mal davon gelesen.

3 Gedanken zu „Ein diffuses Gefühl des Verlusts“

  1. ob wir denselben fdpler mit hang zur achterbahnfahrt kennen? oder ist eine solche vorliebe ganz einfach einstellungsbedingung in einem derart gebeutelten verein, der so viel energie investiert, um dann nichts relevantes beizutragen zu was auch immer? Man weiss es nicht….

  2. Ja, das wird wohl derselbe sein! Und das er mir irgendwann noch einmal eine Erwähnung wert wäre, hätte ich auch nicht gedacht.

  3. Is doch schön, er is gedanklich hängengeblieben. das immerhin, wo er in Realität auch in unserem Leben inzwischen nicht mehr stattfindet. Aussortiert aufgrund doch erstaunlich schlecht kompatibler Lebensansichten der jungen Herrschaften… es wird woh besser sein so.

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