Gut Ding will Weile haben – und dieses Bad wird supergut

Weihnachtsbaum

Ostermontag. Graupelschauer. Kalt. Gestern haben wir die in der ZEIT angekündigte Bauwoche mit einem gemeinsamen Osterspaziergang zu einem nahe gelegen Ausflugslokal abgeschlossen. Glücklicherweise hatten wir gestern und auch in der Woche davor mit dem Wetter meht Glück als heute. Andernfalls wären die Außenarbeiten an den Mauern sehr viel unerfreulicher gewesen …

Maurerarbeiten

… und das Dach hätte ein weiteres Jahr darauf warten müssen, die zweite und dringend notwendige Bitumenschweißbahn zu bekommen. So wartet die unvollendet gebliebene zweite Hälfte des Daches gemeinsam mit dauerhaftesten Provisorien und hart erkämpften Zwischenstadien auf die Bauwoche 2013.

Dacharbeiten

Klingt schlimm, ist es aber nicht. In Anbetracht der Widrigkeiten sind wir nahe genug an unsere Schaffensziele herangekommen, um zufrieden sein zu können. Widrigkeit Eins: Kurz vor Beginn der Bauwoche bemerken wir, dass eines unserer Abwasserrohre verstopft zu sein scheint und an einem Überlaufrohr austritt. Vielleicht ist das Überlaufrohr (wer hätte jemals von einem solchen gehört?) auch nur ein überlaufendes Rohr, übriggeblieben von damals, als die Amis beschlossen, den verstopften Regenwasserablauf einfach zu kappen und den Regen ins Gelände zu leiten, wo er schließlich ja auch hingehört. Wie auch immer, die Ecke um das überlaufende Rohr stinkt so sehr nach Waschmaschinenwasser und Totmoor, dass auch wir – im ignorieren schlimmer Zustände überdurchschnittlich geübt – an unsere Grenzen gelangen. In der Folge werden erfolglos Fachmänner vom Amt und ein Kanalreiniger bemüht, letztlich wird gegraben und gebaggert mit dem Ziel einerseits sich Überblick zu verschaffen und andererseits der Hauswand Luft und Gelegenheit zum Abtrocknen zu geben. All das zieht während der Bauwoche Arbeitskraft ab und ist auch nach deren Abschluss ein noch immer ungelöstes Problem, das einen eigenen Blog-Post verdient.

Widrigkeit Nummer Zwei: Einer unserer Hunde läuft auf die stark befahrene Landstraße vor unserer Tür, läßt sich von einem Auto berühren und sorgt so für ungewollte Aufmerksamkeit seitens der Ordnungshüter. Die und auch die beteiligten Autofahrer sind unkompliziert, aber auch Menschen wie uns – siehe oben – wird deutlich, dass gehandelt werden muss. Das Mittel der Wahl sind funktionierende Tore im Zaun, wo im Moment nur Lücken sind. Eine Crew aus Hundebesitzerinnen und -liebhaberinnen hat sich schnell gebildet und ergreift die Chance zum handwerklichen Erfahrungsgewinn, fällt dadurch aber im Rahmen der Bauwoche größtenteils aus.

Das neue Tor

Widrigkeit Drei ist mehr abstrakter Natur und in ihrer schwächsten Erscheinungsform als Unerfahrenheit zu beschreiben. Menschen tun Dinge zum ersten Mal, sie sind ungeübt, schlecht vorbereitet, wissen die Werkstoffe nicht zu benennen und es fehlen die richtigen Werkzeuge. Kommunikations- und Ausführungsmängel sind zu beobachten, Einschätzungen gehen auseinander und das emotionale Gleichgewicht leidet. Kurz: der ganz normale Wahnsinn, hochdosiert.

Soviel zu den Widrigkeiten, die positivere Menschen möglicherweise nicht einmal so nennen würden. Denn schließlich wurde gebaut, wenn auch nicht das beabsichtigte Bad, sondern Anderes und ebenso Notwendiges. Also: Alles nicht so schlimm!

Das zukünftige Bad hat sich in eine etwas entferntere Zukunft zurückgezogen, es muss ein echtes Sensibelchen sein. Dabei hatten wir uns so vorsichtig angenähert. Wollten aus einer Wand mit Fenstern nur wieder eine Wand mit Fenstern machen, nur dichter, trockener, tragfähiger. Von zukünftigen Bad zu sprechen wagten wir kaum, der Idee eines Bades wollten wir ein zuhause schaffen. Drei Tage hatten wir angesetzt für die Vorbereitung der Mauer, weitere zwei für das Setzen der neuen Fenster und das Anbringen der Isolation. Sechs Tage später ist die Wand von innen vorbereitet und die Fenster sind gesetzt und ausgeschäumt. Von außen muss frisch verputzt werden und die Laibung der Fenster ist neu zu gestalten. Von innen fehlt ebenfalls die Laibung, dann die Sperrschicht gegen aufsteigende Nässe und letztlich die Isolation. Die erste gute Nachricht: das Material ist schon da, die zweite: der unnötige Türdurchbruch ist vermauert, eine der wenigen abgeschlossenen Arbeiten.

Keiner verlässt den RaumEbenfalls abgeschlossen ist das Setzen der neuen Tür für den Gemeinschaftsraum, nur Perfektionisten würden das fehlende Türschild bemängeln. Und ähnlich weit ist die Elektrik, ein halber Tag Arbeit fehlt und dann ist das Steinhaus samt Gemeinschaftsraum von einem eigenen Sicherungskasten versorgt, der auch für jeden der Wagen im Unterdorf eine eigene Absicherung vorsieht (hier Link zur Stromduku). Der Entwässerungsgraben entlang des Weges vorm Fachwerkbau ist vollständig und neu ausgehoben, auch schön. Wie die zwei neuen Tore an der Westseite des Geländes (jeden erwähnt, keinen vergessen? Gut so!).

Und doch was vergessen, allerdings nur das Wichtigste. Das Soziale, kein Zufall, das. Ich gehöre ja zu den Menschen, für die an dieser Stelle weniger mehr ist. Aber, zugegeben, in diesem besonderen Fall war mehr mehr. Ich habe die gemeinsamen Essen genossen und es hat Spaß gemacht überall beschäftigte und zumeist auch zufriedene Menschen herumwuseln zu sehen. Es hat mir lange gefehlt zu sehen, wieviel sich mit gebündelten Kräften erreichen läßt. Eine besondere Erwähnung verdient Eva (Eine von außerhalb), die uns mit Kaffee, Kuchen, Kinderhüten den nötigen inneren und äußeren Freiraum verschafft hat, um freudvoll an der Arbeit zu bleiben. Angeblich ist bei größeren Projekten das leibliche Wohl ja das Wichtigste. Und damit diejenige, die dafür sorgt. Und, ja, du und du und du, ihr habt auch gekocht. Ihr wart auch wichtig (tätschel). Aber nicht so wichtig wie diejenige, die sich das zum Job gemacht hat. Mein Vorschlag für das SWIM-Verdienstkreuz: Eva.

So, genug des Fremd- und Eigenlobes von meiner Seite, Menschen, denen etwas fehlt, dürfen es gerne in den Kommentaren nachtragen.

Frühlingsimpression

Long time no read – 4. und letzter Teil

Was bisher geschah – Teil 1, Teil 2, Teil 3

Noch bevor wir einstiegen hatte ich mit meinem Piloten besprochen, dass der Wagenplatz mein erstes Ziel sei und ich dort eine Reihe von Bildern machen wollte, anschließend ließe ich mich gerne überraschen.

Die erste Überraschung war dann aber doch der Platz. Wie klein er war, fast schon versteckt. Eigentlich kein Wunder, die Bauwagen ragen nicht über die Bäume hinaus, nichtmal der Dome tut dies. Trotzdem hatte ich die Erwartung, den Platz schon von weitem zu sehen. Ich vermute, dass im Rahmen meiner inneren Repräsentationen der Wagenplatz einen Teil meiner innenrepräsentierten Größe und Wichtigkeit geerbt hat.

Ein gut versteckter Wagenplatz

Die Aufgabe vernünftige Luftbilder zu machen war schwieriger zu erfüllen, als ich anfangs dachte. In der Plexiglasabdeckung der Kanzel gibt es eine kleine Schiebeklappe, durch die hindurch sich ohne Spiegelungen oder Schlieren fotografieren läßt. Der Nachteil des Vorteils besteht im eingeschränkten „Zielbereich“, der irgendwo schräg-vorne-seitlich liegt. Die Schwierigkeit: beim Umrunden eines Objektes liegt das in der Regel seitlich und nicht schräg-vorne-seitlich, was zu einigen Verrenkungen beim Fotografieren führt. Zudem ist Schnelligkeit angesagt, denn der Flügel neigt dazu, sich ins Bild zu schieben, wenn man das Motiv zu lange anvisiert.

Wie auch immer, ich habe getan, was ich konnte und die Bilder sind hier (noch zu verlinken) zu sehen.

Nachdem ich meine Aufgabe erfüllt hatte lehte ich mich zurück und schaltete in den Genuss-Modus. Solcherart entspannt konnte ich als erstes eine lange gehegte Vermutung verifizieren: Ich bin der Mittelpunkt der Welt! Das hügelige hessische Umland, der Wald, die Häuser in der Stadt, irgendetwas verdeckt uns immer den Blick zum Horizont. Aus der Höhe aber war es offensichtlich, von mir aus bis zum Horizont ist es in jede Richtung gleich weit, ich bin das Zentrum. Außerdem ist mein Mittelpunkt-Sein sowohl orts- als auch zeitunabhängig, was sehr nah an „absolut“ herankommt. Allein für diese Entdeckung hat sich der Flug gelohnt.

Mein Pilot lies mich die neuentdeckte, frischverifizierte Grandiosität bei einem Rundflug über Giessen genießen. Niemals niedriger als 300 oder höher als 1000 Meter. Gelegentliche Hinweise auf das eine oder andere Bauwerk, einmal auch darauf, wie sich ein anderes Flugzeug auf dem dafür zuständigen Instrument abbildet. Aus dem Fernsehen wissen wir heute alle, wie die Welt von oben aussieht, deswegen werde ich gar nicht erst versuchen, das zu beschreiben. Nur das noch: Erstens, in echt ist es schöner, und zweitens, die gebuchten zwanzig Minuten haben sich subjektiv viel länger angefühlt, was ich seltsam finde, weil es der allgemeinen Aussage widerspricht, das schöne Zeit schneller vergeht. Vielleicht hat mir auch der Pilot ein paar Minuten hinzu geschenkt, zutrauen würde ich es ihm.

Ringallee

Die Landung erinnere ich kaum, was nur bedeuten kann, dass wir auch in diesem letzten Teil des Fluges auf spektakuläre Stunts verzichteten. Das macht die Erzählung zwar etwas langweilig, hat aber den Vorteil, dass ich das Gastfliegen uneingeschränkt weiterempfehlen kann.

PS Nochmal meinen ausdrücklichen Dank an alle, die dazu beigetragen haben, mir dieses ungewöhnliche Geburtstagsgeschenk zu machen.