24936 – LTLYM – Aufgabe 34: Erstelle ein Protestplakat und protestiere.

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LTLYM – Aufgabe 34: Erstelle ein Protestplakat und protestiere.

Erstelle ein Protestplakat und protestiere öffentlich gegen etwas, das du aus tiefster Überzeugung ändern möchtest. Es könnte die Misshandlung von Hühnern bei KFC sein oder der Mangel an Rechten für Kinder in unserer Gesellschaft. Du kannst alleine protestieren, mit einer selbst organisierten Gruppe oder mit einer bereits bestehenden Protestgruppe.

Dokumentation
Lass ein Foto von dir mit deinem Protestplakat machen, während du öffentlich protestierst. Schreibe einen Titel, der beschreibt, wogegen und wo du protestierst, zum Beispiel: „[Gegen den Rechtsruck – für Menschenrechte, Gießen, 8.2.2025].“

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Nach- und eingeschoben: Artikel  zur Demo in der Gießener Allgemeinen vom 9.2.2025.

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Auf der Projekt-Seite ist zu den Aufgaben folgendes zu lesen:

„Wie ein Rezept, eine Meditationspraxis oder ein vertrautes Lied war der vorschreibende Charakter der Aufgaben dazu gedacht, Menschen zu ihrer eigenen Erfahrung hinzuführen.“

Okay, die Künstlerinnen möchten, dass wir Erfahrungen machen; indem wir die Aufgaben annehmen, willigen wir in den Erfahrungsprozess ein. Das ist ein Teil dessen, was die Aufgaben so spannend macht. Welche Erfahrungen werden wir machen?

Zwei Erfahrungen, die ich gemacht habe, will ich schildern, weil ich sie neben den persönlichen auch verallgemeinerbare Aspekte enthalten. Da war der Moment im Erstellungsprozess des Schildes, als ich merkte, dass ich die Lage des Bärtchens nicht aus der Geometrie ableiten konnte. Meine These lautete in etwa:  der rote Mittelbalken steht exakt in einem 45°-Winkel zum Boden, wenn ich dann vom Mittelpunkt des Schildes eine Linie zum Boden fälle, kann ich daran das Bärtchen mittig ausrichten und muss nur noch dessen Höhe nach Augenmaß bestimmen. Zeigt sich: ja, kann ich machen, sieht aber immer (!) Scheiße aus, in dem Sinn, dass nicht der beabsichtigte Wiedererkennungswert von Scheitel und Bärtchen eintritt. Zeigt sich weiter: mit gar nicht mal so kleinen Abweichungen von dieser „perfekten“ geometrischen Ableitung stellt sich der gewünschte Effekt ein. Damit hatte ich einerseits nicht gerechnet, andererseits aber von ähnlichen Effekten schon gelesen.

Kleiner Abschweif: Grafiker wissen, dass sie ein Problem haben, wenn ein Balken schräg von einem Strich gekreuzt wird, weil dann optische Täuschungen ins Spiel kommen, die Richtiges falsch aussehen lassen. Oder die Sache mit Kreisen, die ab einer gewissen Größe (z.B. auf Werbeplakaten) nicht mehr als exakt kreisförmig wahrgenommen werden, weil das menschliche Sichtfeld breiter als hoch ist und unser Hirn das korrigiert, auch wenn es das besser nicht täte. Grafiker oder Künstler sind dann gezwungen, Dinge bewusst falsch zu machen, damit sie richtig aussehen. Abschweif Ende.

Und ab hier beginnt meine ureigene Erfahrung, denn jetzt musste ich mich auf meine gestalterische Intuition verlassen, meint: ich musste es richtig aussehen lassen, ohne mich auf objektive Geometrie beziehen zu können. Und ich musste mich darauf verlassen, dass das, was für mich richtig aussah, auch für andere Menschen richtig aussehen würde. Und ich musste mich darauf festlegen, im Wortsinn und mit Klebstoff.

Mir ist das sehr, sehr schwer gefallen, das ist die Erfahrung. Und auch, dass ich es hinbekommen habe. Mit lange hinschauen und Korrekturen im Millimeterbereich, spannend war das und irgendwann auch gut. Oder gut genug.

Die zweite Erfahrung ist vor allem eine soziale. Während der Demo habe ich bemerkt, dass manche Menschen die Bedeutung des Schilds, seinen Bezug, unmittelbar wahrnehmen, auch gut finden und die minimalistische Umsetzung zu  würdigen wissen (zu denen zähle auch ich). Andere müssen einen Moment länger hinschauen bis der Groschen fällt, mensch sieht es am Gesicht. Und es gibt die, denen das Zeichen verborgen bleibt und von denen die mutigeren kommen, fragen und erst dann verstehen.

Angesprochen haben mich Personen aus allen drei Personengruppen, mit Menschen aus der letzten Gruppe hatte ich, und das ist die Erfahrung, schnell das Gefühl, als hätte ich die Verantwortung dafür, dass sie nicht verstehen. Das ist natürlich Unsinn, weil es ja die beiden anderen Gruppen gibt, die das Gegenteil belegen und die ich vor Ort erleben durfte. Dennoch.

Nehmen wir einen kurzen Moment an, wir befänden uns in einer Situation, in der die beiden ersten (Kontroll-)Gruppen nicht existieren oder still bleiben. Dann bliebe ich bei meinem Gefühl der Verantwortung dafür, von anderen nicht verstanden zu sein. Und würde versuchen, mich verständlich zu machen, gegenüber Menschen, die für mein Anliegen oder meine Darstellungsweise einfach nicht das Sensorium haben. Und ich würde das sehr viel verzweifelter tun, als bei einem Demo-Schild, bei dem es mir letztlich egal sein kann, ob ich verstanden werde oder nicht.

Wie blöd wäre das denn?

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Vorankündigung: Morgen gibt’s zum Demo-Schild das „Making of“.

24929 – LTLYM – Aufgabe 28

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Dass es zu allen Aufgaben von LTLYM detaillierte Anweisungen gibt, habe ich schon erwähnt. Und auf der Projektseite sind zu jeder Aufgabe viele Beispiele zu finden, so auch zu dieser Aufgabe.

Aufgabe 28: Bearbeite eine Albumseite.       •       Oma Johanna in den Alpen

 

Was Ihr hier seht, ist das Ergebnis dieser Anweisungen mit einer einzigen Abwandlung: sowohl die Albumseite als auch Karton und Schere waren digital. Das Ergebnis überzeugt mich an keiner Stelle, muss es aber auch nicht. Ich sehe das mehr wie einen schlecht versteckten Geocache, die Aufgabe ist erfüllt, fertig.

Die ausführlichen Anweisungen zu Aufgabe 28:
Eine Fotoalbumseite bearbeiten.
Sehen Sie sich das Fotoalbum eines Freundes oder Verwandten an. Wählen Sie eine einzelne Seite aus, die Details enthält, die Sie interessant finden. Nehmen Sie ein Stück farbiges Papier, das über die gesamte Albumseite passt, und schneiden Sie ein bis zehn Löcher in das Papier, die Details der Bilder zeigen. Diese Details können Körperteile von Menschen, ihre Haustiere, ein Kuchen, ein Poster oder alles andere sein, was Sie visuell faszinierend finden. Diese Löcher sollten klein sein und nur die Details isolieren, und die Löcher sollten die Form des Objekts haben, das Sie isolieren (kuchenförmiges Loch, winziges Loch, das nur den Kopf einer Person isoliert usw.). Geben Sie Ihrer Seite einen Titel, der den Namen der Person enthält, deren Fotoalbum Sie verwendet haben. Zum Beispiel „Erikas Reise nach Florida“ oder „Dave und sein Hund Walter am Strand“.

24924 – Miranda July & Harrel Fletcher: Learning To Love You More

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Cold Opening:

Aufgabe 41: Dokumentiere Deine Glatze.

Aufgabe 50: Mache einen Schnappschuss unter deinem Bett.

Aufgabe 67: Repariere etwas.

Seid Ihr jetzt etwas verwirrt? Wollt Ihr eigentlich gar nicht so viel lesen? Dann geht doch einfach weiter.

Andererseits, wenn Ihr wirklich etwas über mich erfahren wollt, dann solltet Ihr den Aufwand nicht scheuen und einen Blick mehr riskieren. Denn Sachen wie die beschriebene Aktion sind genau das Zeug, das mich fasziniert. Die Präsentationen davon anschauen, ja, unbedingt. Selbst mitmachen? Vermutlich bin ich für manche der Aufgaben zu zurückhaltend. Aber zwischen „Kann ich!“ und „Niemals!“ gibt es ein spannendes Mittelfeld, das überdacht werden will. Seht selbst.

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Learning To Love You More, was sich zunächst wie der Name eines Beziehungsratgebers anhört, ist eine von Miranda July und Harrel Fletcher initierte (Kunst-)Aktion. Sehr frei übersetzt wird die Aktion auf ihrer Website wie folgt beschrieben:

Learning to Love You More ist sowohl eine Website als auch eine Reihe von musealen Präsentationen, die aus Arbeiten von Menschen bestehen, die im Rahmen der Aufträge durch die Künstlerinnen entstanden sind. Yuri Ono hat die Website entworfen und verwaltet.

Die Teilnehmer*innen wählten einen Auftrag, erfüllten ihn, indem sie den einfachen, aber spezifischen Anweisungen folgten, schickten den erforderlichen Bericht (Fotografie, Text, Video usw.) ein und ihre Arbeit wurde online veröffentlicht. Ähnlich wie ein Rezept, eine Meditationsübung oder ein bekanntes Lied sollte die vorschreibende Natur dieser Aufgaben die Menschen zu ihren eigenen Erfahrungen führen.

Da Learning To Love You More auch eine sich ständig verändernde Reihe von Ausstellungen, Vorführungen und Radiosendungen war, die auf der ganzen Welt präsentiert wurden, war die Dokumentation der TeilnehmerInnen auch ihre Einreichung für eine mögliche Aufnahme in eine dieser Präsentationen. Präsentationen fanden an Orten wie dem Whitney Museum in NYC, dem Rhodes College in Memphis, TN, der Aurora Picture Show in Houston, TX, dem Seattle Art Museum in Seattle, WA, dem Wattis Institute in San Francisco CA und anderen statt.

Von 2002 bis zu seinem Abschluss im Jahr 2009 nahmen über 8000 Menschen an dem Projekt teil.

Die gestellten Aufgaben (auf die wir zurückkommen werden):

  1. Mache ein Kinderoutfit in Erwachsenengröße.
  2. Mache eine Feldaufnahme in deiner Nachbarschaft.
  3. Mache einen Dokumentarfilm über ein kleines Kind.
  4. Beginne eine Vorlesungsreihe.
  5. Stelle einen Gegenstand aus der Vergangenheit von jemandem nach.
  6. Mache ein Poster von Schatten.
  7. Stelle 3 Minuten eines Fresh Air-Interviews nach.
  8. Kuratiere eine Retrospektive eines Künstlers an einem öffentlichen Ort.
  9. Zeichne ein Sternbild aus den Sommersprossen von jemandem.
  10. Mache einen Flyer von deinem Tag.
  11. Fotografiere eine Narbe und schreibe darüber.
  12. Bekomme ein temporäres Tattoo eines der Nachbarn von Morgan Rozacky.
  13. Stelle den Moment nach einem Verbrechen nach.
  14. Schreibe deine Lebensgeschichte in weniger als einem Tag.
  15. Hänge ein Windspiel an einen Baum auf einem Parkplatz.
  16. Mache eine Papierreplik deines Bettes.
  17. Nimm deine eigene geführte Meditation auf.
  18. Stelle ein Poster nach, das du als Teenager hattest.
  19. Illustriere eine Szene oder stelle einen Gegenstand aus Paul Arensmeyers Lebensgeschichte her.
  20. Mache ein Familienporträt von zwei Familien.
  21. Bildhauere eine Büste von Steve.
  22. Stelle eine Szene aus Laura Larks Lebensgeschichte nach.
  23. Stelle diesen Schnappschuss nach.
  24. Mache ein Cover des Songs „Don’t Dream It’s Over“.
  25. Mache ein Video von jemandem, der tanzt.
  26. Designe ein Kleidungsstück für Mona zum Häkeln.
  27. Mache ein Foto von der Sonne. (24944)
  28. Bearbeite eine Seite eines Fotoalbums (24929).
  29. Mache eine Audioaufnahme eines Chores.
  30. Mache ein Foto von Fremden, die sich an den Händen halten.
  31. Verbringe Zeit mit einem sterbenden Menschen.
  32. Zeichne eine Szene aus einem Film, der dich zum Weinen gebracht hat. (24959)
  33. Flechte jemandem die Haare.
  34. Mache ein Protestplakat und protestiere. (24936)
  35. Bitte deine Familie, zu beschreiben, was du tust.
  36. Pflanze einen Garten an einem unerwarteten Ort.
  37. Schreibe einen kürzlich stattgefundenen Streit auf.
  38. Spiele den Streit eines anderen nach.
  39. Mache ein Foto von deinen Eltern beim Küssen.
  40. Heile dich selbst.
  41. Dokumentiere deine Glatze. (24923, diese Seite)
  42. Liste fünf Ereignisse aus dem Jahr 1984 auf. (25191)
  43. Mache eine Ausstellung der Kunst im Haus deiner Eltern.
  44. Erstelle eine „LTLYM-Aufgabe“.
  45. Lies dein Lieblingsbuch aus der fünften Klasse noch einmal. (24962)
  46. Zeichne Raymond Carvers „Cathedral“.
  47. Spiele eine Szene aus einem Film nach, der jemanden zum Weinen gebracht hat. (Teil 1, 24948)
  48. Mache das traurigste Lied.
  49. Zeichne ein Bild vom Freund deines Freundes.
  50. Mache ein Schnappschuss unter deinem Bett. (24923, diese Seite)
  51. Beschreibe, was mit deinem Körper geschehen soll, wenn du stirbst.
  52. Schreibe das Telefonat, das du gerne führen möchtest.
  53. Gib dir selbst in der Vergangenheit Ratschläge.
  54. Zeichne die Nachrichten.
  55. Fotografiere ein bedeutungsvolles Outfit.
  56. Mache ein Porträt der Wünsche deines Freundes.
  57. Synchronisiere die Lippen zum Garth Brooks-Cover deines schüchternen Nachbarn.
  58. Nimm das Geräusch auf, das dich wach hält.
  59. Interviewe jemanden, der Krieg erlebt hat.
  60. Schreibe eine Pressemitteilung über ein alltägliches Ereignis.
  61. Beschreibe deine ideale Regierung.
  62. Erstelle eine informative öffentliche Tafel.
  63. Mache ein ermutigendes Banner.
  64. Zeige uns eine Übung.
  65. Führe das Telefonat, das sich jemand anderes gewünscht hätte.
  66. Erstelle einen Feldführer für deinen Garten.
  67. Repariere etwas. (24923, diese Seite)
  68. Spüre die Nachrichten.
  69. Klettere auf die Spitze eines Baumes und mache ein Foto von der Aussicht.
  70. Verabschiede dich.

Zu jeder der Aufgaben gibt es ausführlichere Erläuterungen, die manchmal die Aufgabe erleichtern und manchmal erschweren. Für den ersten Eindruck, den ich Euch hier vermitteln will, sind sie nicht wichtig. Aber für die Aufgaben 21 und 23 braucht Ihr jeweils ein Foto. Hier sind sie:
Ich find‘ das spannend.

Spreeblick, Sterofotogafie, Miranda July und Learn To Love You More

2009-11-05-stereograph

Die Tage bin ich auf einer meiner Lieblingsseiten für gepflegte Nichtigkeiten auf Wiggle-Gif’s gestossen. Das sind animierte GIF-Graphiken, die drei bis sechs Mal pro Sekunde zwischen der links- und der rechtsäugiken Ansicht eines Objektes wechseln. Dadurch wackelt das Bild hin und her ohne seine Erkennbarkeit zu verlieren, gewinnt aber einen dreidimensionalen Effekt hinzu. Macht euch am besten selbst ein Bild davon. Mir fiel dazu die Fotographie von meinem Stereoviewer ein, die ich machte als ich für Miranda July’s LTLYM-Projekt den Inhalt dessen fotografierte, was sich unter meinem Bett befand. Lange, lange zurück habe ich mich mal mit Stereo-Fotografie beschäftigt. Der Abend verging dann damit herauszufinden, wie man solche Wiggle-Gif’s macht und eine Software zu suchen, die das kann. Nachts war ich damit beschäftigt die Software zu testen.

Heute fällt mir zu all dem ein, dass es eine herrliche Gelegenheit ist, euch mit einer ganzen Anzahl von Dingen bekannt zu machen, die ich sehr mag. Und demnächst meine 3D-Bilder aus Malta hier zu verlinken. Spreeblick, Sterofotogafie, Miranda July und Learn To Love You More weiterlesen