Hamburg, mal wieder

3.11.2012, Samstag

Anreise via MFG nach Hamburg mit zwei HSV-Fans, die zum Spiel gegen irgendwelche Bayern fahren.  Ich versteh´ davon nichts, will davon auch nichts verstehen, folglich war es während der Fahrt eher ruhig.

Bei Manuel angekommen dann einen ruhigen Abend verbracht, überwiegend mit dem, was Jungs halt so tun, wenn sie reden und dabei vor einem PC sitzen, zwischendrin mal zum Essen in eine gehobene Hamburger-Braterei.

 

4.11.2012, Sonntag

Die Stimmung gepflegter Trödelei haben wir dann auch die erste Hälfte des Sonntags beibehalten. Gut und lange gefrühstückt und uns währendessen mit der Tochter bzw. Schwester unterhalten, die via iPhone life dazugeschaltet war. Für mich die erste Erfahrung mit Bildtelefonie, die „Kinder“ leben in einer Welt, die für mich in ihrem Alter Science Fiction war.

Am frühen Nachmittag auf ausdrückliche Empfehlung der Tochter dann die berühmte Fährentour mit Manuel. Bedeutet: mit den Fähren, den Straßenbahnen des Wassers, durch einen Teil des Hafens aus Hamburg herausfahren und dann über den Elbstrand wieder hineinlaufen. Viel zu gucken und auch sehr entspannend, leider bin ich während des Spaziergangs aber so ausgekühlt, dass ich ihn gegen Ende nicht mehr recht genießen konnte. Warme Kleidung ist nun an oberster Stelle des Merkzettels für zukünftige Hamburg-Besuche.

[Platzhalter für Panorama von Manuel]

Wieder in Hamburg war es Abend und ich hatte Lust auf Fisch, portugiesisch essen war ohnehin schon angedacht, also …, ja, ich habe gut gelebt in diesen Tagen.

Anschließend zuhause Internet, Gespräch und Serienkonsum, herrlich, wie unaufgeregt das Leben sein kann.

 

5.11.2012, Montag

Spät aufgestanden und in den Tag getrödelt, das iPad im Frühstückstest, Internetlesen war Zeitungslesen nie ähnlicher, ich mag es (und fange schon an, über die schlechte Internetverbindung zuhause zu grummeln, nicht jede gute Erfaurung macht uns zufriedener).

Touristisch habe ich schon beim letzten Besuch die wichtigsten Sachen „abgearbeitet“, diesmal sind leichtgewichtigere Ziele für die Tagesausflüge dran, heute: das Miniatur-Wunderland. Es liegt in der Speicherstadt und ich laufe dorthin, eine touristische Wiederholung von Außenalster und Innenstadt inclusive. Dort angekommen bin ich positiv überrascht, dass es groß sei wußte ich, aber so groß!

Ich glaube es: Soviel Modell-Eisenbahn gibt es sonst nirgends! Und natürlich auch Modellschiffe auf echtem Wasser und in funktinierenden Schleusen! Oder der Modell-Flughafen mit startenden und landenden Flugzeugen! Oder die Schweiz, die wegen ihrer Berge über zwei Geschosse geht, das alles macht Spaß, auch wenn man kein Modellbauer oder Eisenbahnnarr ist.

Update (14.1.2016):

Das Miniatur Wunderland in Hamburg dürfte vielen Menschen ein Begriff sein, und ist mittlerweile die größte Modelleisenbahn-Anlage der Welt. Wer es bisher noch nicht in diese Wunderwelt des Modellbaus geschafft hat, der kann sich das ganze nun auch direkt von zu Hause ansehen: Das Team von Google Streetview hat in Zusammenarbeit mit den Gründern Wunderlands nun einmal die gesamte Bahnstrecke abgefahren und stellt diese Fotos nun über Streetview zur Verfügung.

[…]

Am besten startet man die Tour im Miniatur Wunderland direkt auf der Startseite des Angebots, auf der man die gesamte Landkarte angeboten bekommt. Von dort aus kann man dann die jeweilige Bahnstrecke und den Bahnhof auswählen und sich die Aufnahmen ansehen.

via http://www.googlewatchblog.de/2016/01/neue-aufnahmen-streetview-miniatur/

 

 

Am Abend gab es dann zu meinem Geburtstag eine Kinoeinladung, der neueste Bond (Skyfall) mit Popcorn, Kaltgetränk und 15 Minuten Pinkelpause wegen Überlänge.

Update (23.2.2020):

Und noch mehr Eindrücke, diesmal mit Musik von MEUTE.

Mehr MEUTE hier: https://www.meute.eu/

6.11.2012, Dienstag

Ehrlich, ich wollte früh genug aufstehen, um gegen 11.00 Uhr im Planetarium zu sein, weil es dort eine Vorführung gegeben hätte. Äh…, gab! Nur ohne mich, weil ich dann doch lieber ausschlief. Ersatzweise wurde es dann das Museum für Arbeit, nur um mich mal wieder zu erinnern, wie das so ist mit der Arbeit. Fazit: ausgeschlafen ist das alles gut zu ertragen.

Während die Dauerausstellung mit einer gesunden Mischung aus Information und Kuriosa punktet – und dabei im Außenbereich auch größeren Aufwand nicht scheut – …

Schneidrad der Bohrmaschine für den vierten Elbtunnel

… war die Sonderausstellung „ABC der Arbeit“ für meinen Geschmack etwas zu beliebig. Andererseits, die Pförtnermütze hatte schon was.

Pförtnermütze

Als Kontrapunkt mit Freizeitbezug liegt direkt neben dem Museum die dreigeschossige Niederlassung eines Ausstatters für Rucksack- und Weltreisende. Auch dort gibt es Dinge in großer Auswahl zu besichtigen und es kostet nicht einmal Eintritt. Jetzt möchte ich eine Weltreise unternehmen, nur um einen Grund zu haben, mir all diese  Dinge zu kaufen, die  so unglaublich praktisch und gelegentlich sogar schön sind.

Der Abend dann unerwartet „familiär“, wahlfamilienmäßig betrachtet. Ein Scheidungsfall in Manuels Wahlfamilie verlangte zum befreienden Abschluss gefeiert zu werden und auch ich war eingeladen. Trotz des traurigen Anlasses ein nettes Fest, besonders im zweiten Teil des Abends, als ein Teil der Gäste schon gegangen war und die Stimmung etwas ruhiger wurde. Es hat mir gefallen, die Menschen kennenzulernen, von denen ich bisher nur gehört hatte, und ich mochte den unkomplizierten Umgang miteinander. Ein angenehmer Abschluss meines Hamburgbesuchs.

 

 7.11.2012, Mittwoch

Früh aufgestanden, wirklich, und mit Manuel gefrühstückt, danach diesen Blogpost bis genau hierher geschrieben und anschließend …

zurück nach Gießen via MFG.

 

 

Back to the roots

Meinen drei Stammlesern wird langweilig und ich kann das verstehen. Zuviel Netz- oder sonstige Politik, zuwenig Persönliches. Das könnte sich jetzt durch den Einsatz modernster Software ändern; der Bekannte aus dem vorherigen Artikel hat mich mal mit seiner Spracherkennungssoftware spielen lassen und das Ergebnis ist beeindruckend. Mein Interesse: ich hätte gerne meine Tagebücher digitalisiert. Oder auch meine Diplomarbeit, die noch auf einer mechanischen Reisschreibmaschine geschrieben wurde. Und da macht Einlesen deutlich mehr Spaß als Abschreiben.

Tagebuch

All diejenigen, die schon immer mal gerne gewußt hätten, was eigentlich in diesen A6-Kladden steht, in die ich regelmäßig irgendetwas eintrage, können sich hier einen ersten, keineswegs repräsentativen Eindruck verschaffen. Die Auswahl ist fast zufällig, genau dieses eine Buch hatte ich dabei und genau dieser Abschnitt überschaubarer Länge  gab einen irgendwie gearteten Zusammenhang. Vier Tage im Juni 2006, ein Malkurs in Köln, teilweise tabellarisch ereignislos, erst gegen Ende introspektiv. Aber wer bis hierher gelesen hat will sich auch das antun.

Stupa-Einweihung in Becske

 eingefügt am 26.10.2012

Wenn ich auf Reisen bin führe ich meistens Tagebuch. Das Folgende sind die Eintragungen von der Stupa-Einweihung in Becske, Ungarn. Ihr findet sie hier als Ergebnis meiner Experimente mit Spracherkennungssoftware. Dass ihr nicht mehr solcher eingelesenen Aufzeichnungen im Blog findet, liegt daran, dass das Einlesen immer noch einiges an Nacharbeit verlangt und nicht so komfortabel ist, wie ich mir das erhoffte. Es kommen ein paar technische Schwierigkeiten hinzu, die ich jetzt nicht aufzählen mag. Ergebnis des Experiments: „Eigentlich“ funktioniert Spracherkennungssoftware schon erstaunlich gut, unter meinen speziellen Umständen aber verlangt ihr Einsatz immer noch zu viel Aktivität, Zielstrebigkeit und Frustrationstoleranz. Hier nun die Tagebuchaufzeichnungen.

 

31.8.2008, Montag

Letzte Vorbereitungen für die Reise, Postbankkonto checken, Geld abheben, Rucksack packen, etc.. Abends kommt Dieter um das Gepäck abzuholen und bringt schlechte Nachrichten mit, eine Unvorsichtigkeit beim Aussteigen hätte ihn fast die Fahrertür gekostet, zum Glück schließt sie noch, einzig beim Scharnier steht das Blech ca. 7 cm nach außen. Zum Glück – abermals – gelingt unser Versuch, dies zurückzuschlagen. Kurz vor 22 Uhr bin ich wieder zu Hause und das Auto ist für die Fahrt gepackt.

1.9.2008, Montag

wir treffen uns morgens um 10:00 Uhr im Zentrum, um 11:00 Uhr sitzen wir im Auto und die gemeinsame Reise beginnt. Das Auto ist voll gepackt bis auf den zweiten Rücksitz. Allerdings nicht voll genug, um nicht noch zwei Boxen zuzuladen, die Didi ersteigert hat und in Nürnberg abholen wird. Die Teile sind nicht riesig, aber auch nicht klein und es erfordert nochmals 15 Minuten Ladezeit bis wir alles zuerst raus- und dann wieder reingeräumt haben. Abfahrt Nürnberg 16:00 Uhr.

Die Fahrt nach Budweis verläuft nicht ganz entlang der Strecke, die uns der Routenplaner vorgeschlagen hat. Zu spät bemerken wir, dass die Route etwas ungünstig über Landstraßen führt. Dort verpassen wir dann einen Abzweig und müssen improvisieren, was uns auch ganz gut gelingt. Nur lässt sich nicht mehr vom kürzestem Weg reden. Kurze, aber heftige Konfusion in Budweis selbst. Didi kennt den Weg zum etwas außerhalb gelegenen Zentrum nur vom Sehen und im hellen und einer etwas ungenauen Ortsbeschreibung. Trotzdem finden wir den Ort und auch das Zentrum, allerdings hätten wir keine Chance gehabt ohne Didis Ortskenntnis. Denn das Zentrum ist ja ganz weit draußen versteckt und man muss schon direkt davor stehen, um an den tibetischen Gebetsfahnen zu erkennen, dass dieses ehemalige landwirtschaftliche Gebäude nun von Buddhisten bewohnt wird.

Der Ort selbst befindet sich noch in der Renovierung, ist aber schon in Benutzung und auch benutzbar. Als wir ankommen brennt im Hof ein kleines Lagerfeuer, die Menschen sitzen aber in einem daneben liegenden Gemeinschaftsraum und schauen einen Film, der mit einem Beamer an die Wand geworfen wird. Begrüßung und Begrüßungstrunk und eine kurze Führung. Wir erfahren, dass gerade Norbu Rinpoche hier ist und einen Malkurs abhält. Morgen werden wir ihn kennen lernen. Deswegen, und auch weil wir so spät angekommen sind, beschließen wir, hier einen Tag Aufenthalt einzulegen und erst übermorgen, dann aber früh, aufzubrechen.

2.9.2008, Dienstag

Budweis hat zwei Zentren, eines in der Innenstadt und eines etwas außerhalb in Vyhlidky gelegen. Wir sind in dem außerhalb, einem ehemaligen Bauernhof. Es ist ein u-förmiges Gebäude, dessen offene Seite ursprünglich mit einer hohen Mauer verschlossen war, nun aber auf eine Höhe heruntergebrochen ist, die es zulässt, über sie hinüberzusehen. Das U hat auf Höhe des ersten Stocks eine Galerie auf voller Länge, so dass die dort gelegenen Räume von außen zu erreichen sind. Das Dach wurde etwas höher gesetzt und vorgezogen, so dass Regen kein Problem bildet (hier Skizze der Lösung). Eine clevere und kostensparende Lösung.

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Heute Morgen während des Frühstücks saß ich Norbu gegenüber und wir kamen ins Gespräch. Er steht dem, wie wir Tsatsas produzieren, kritisch gegenüber. Wir sollten weniger und bessere Tsatsas produzieren und dafür sorgen, dass sie nur in Hände kommen, die damit umzugehen wissen. Er drückt das anders aus, spricht davon, dass die Tsatsas so seien wie Söhne und Töchter und die gleiche Sorgfalt und Fürsorge verdienen.

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Unter Menschen fühle ich mich unsicher, würde sie meiden, wenn das denn ginge. Es geht natürlich nicht und ein Grund für diese Reise ist ja auch, den selbstgeschaffenen Rückzug zu durchbrechen. Die Unannehmlichkeiten, die ich empfinde, sind gewünscht. Heute Morgen das aufstehen ungewohnt früh, geweckt erst durch einen fremden Wecker, dann am Wiedereinschlafen gehindert durch die Aufsteh- und schließlich Verbeugungsgeräusche von anderen. So ist das, wenn man in der Gompa schläft.

Weil ich nicht genau wusste, wie das mit dem Frühstück organisiert war, habe ich mich erst einmal in die Meditation geflüchtet, eine gute Entscheidung. Irgendwann leerte sich die Gompa und kurz darauf waren Frühstücksgeräusche zu hören. Der Kurs von Norbu frühstückt zusammen und wird versorgt. Wir als unangemeldete Gäste können uns anschließend.

Nach dem Frühstück etwas Sightseeing auf dem Gelände und anschließend nochmal in die Gompa um den Rest der Diamantgeist-Meditation zu machen. Auch dies mehr eine Verlegenheitslösung. Ich zögere, mich Norbus Zeichenklasse anzuschließen. Mehr aus Schüchternheit denn aus anderen Gründen. Depressives Zeug halt, dass ich in den nächsten Wochen sicher noch genauer untersuchen und beschreiben kann.

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Wie immer, im Endeffekt wird man unkompliziert aufgenommen. Ich bekam Bleistift, Pinsel und Papier geliehen und dann ging es los mit Buddha-Augen-malen. Braucht einiges an Konzentration, zuerst mit Bleistift die Umrisse, dann mit Aquarell- oder Acrylfarben nachmalen. Beachte: der untere Lidstrich ist etwas heller. Zum Schluss die Empfehlung, die drei Augenformen (Buddhas, Taras, Mahakalas) zu üben und in die Kurse reinzuschauen, wenn es möglich ist.

Erste Übung: Das Malen von Buddhaaugen

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Trotzdem, ich fühle mich isoliert, was nur zum Teil daran liegt, dass hier jede Menge Tschechen sind, die sich mehr miteinander beschäftigen als mit mir. Mein Anteil ist fortgesetzte Schweigsamkeit, ich rede halt nur auf Ansprache hin. Das zu ändern wäre eine echte Aufgabe.

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Ein kleiner Ärger am Rande: die Akkus arbeiten nicht mit der Kamera zusammen, das heißt ich brauche entweder die teuren Fotobatterien oder ich muss in Akkus investieren.

3.9.2008, Mittwoch

Abfahrt in der Frühe, was zu unseren Bedingungen 10:00 Uhr bedeutet. Erste Spannungen zwischen Didi und Katrin. Für Katrin bedeutet „nach dem Frühstück“ genau das, am besten ist dann auch schon alles im Auto. Für Didi heißt es „und dem Kaffee nach dem Frühstück und dem zu erwartenden Morgenschiß“. Wo sich das Gepäck zu diesem Zeitpunkt befindet bleibt offen.

Eine erste Aussprache macht die verschiedenen Deutungen offen und nächstes Mal wird alles besser, weil jeder sich darauf einstellen kann.

Beim Bezahlen eine kleine Irritation. Weil Norbu da ist kostet die Übernachtung acht Euro mehr, was ziemlich viel ist (in der schwächstmöglichen Formulierung). Die Fahrt selbst verläuft weitgehend problemlos. Wir fahren über Österreich und die Autobahnen, was zusätzlich die Gebühren für die Vignetten bedeutet. Das macht uns schneller, aber auch unzufriedener.

Irgendwann zwischen Nachmittag und frühen Abend kommen wir nach Budapest, Rushhour. Wir beschließen einen Zwischenstopp. Eine kleine „Kneipen-Imbissbude“ mit der Möglichkeit im Freien zu sitzen ist schnell gefunden und wir essen unsere erste „Gulaschsuppe „. Das bestellen ist unsere erste Aufgabe, die wir nur mit dem Vokabelteil des Sprachführers bewältigen können. Ich übe die Zahlen von 1-10 und versuche mir die Systematik für alles oberhalb von zehn einzuprägen.

Nach dem Essen ist immer noch dichter Verkehr und aus der Stadt heraus brauchen wir lange. Dann läuft es gut und wir kommen irgendwann in der Dunkelheit auf dem Gelände in Beczke an. Die Begrüßung verläuft gewohnt freundlich und sehr schnell treffen wir auf die einzige andere deutsche Muttersprachlerin. Erste Eindrücke, erste Einweisungen, Ankommen halt.

Stupa-Baustelle am Abend

Um einen Zeltplatz zu finden und vernünftig aufzubauen ist es definitiv zu dunkel und wir beschließen, diese Nacht nochmals in der Gompa zu verbringen.

4.9.2008, Donnerstag

aufstehen um 8:00 Uhr, was für hiesige Verhältnisse spät ist. Beim Frühstück sitzt Joshua aus Frankfurt bei uns, der ebenfalls bis zum Ende des Monats bleibt. Ein paar bekannte Gesichter scheint man immer zutreffen.

Sich auf einen Zeltplatz zu einigen und die anschließende Feinabstimmung zur Anordnung der Zelte ist eine Geduldsprobe für mich. Didi ist Didi als Umstandskrämer. Mir ist es zu viel hin und her, aber irgendwann haben sich alle Fragen geklärt, die Zelte stehen und sind eingeräumt. Gefühlte Zeitausdehnung: 150 %. Wie auch immer, jetzt haben wir einen sehr schönen Platz unter Bäumen, wovon es nicht sehr viele gibt. Es stehen drei Zelte, eines groß genug um N. aufzunehmen, die per SMS mitgeteilt hat, dass sie auch den ganzen Njöndro-Kurs besuchen kann und zur Einweihung der Stupa anreisen wird.

Unser Zeltplatz, im Hintergrund das Veranstaltungszelt

Nach dem Zeltaufbau fahren wir ins Dorf und auch in das nächste (Becske und Bercel), besuchen Supermärkte und kleinere Läden für alles, was wir brauchen und nicht auf dem Gelände bekommen. Leider finden wir weder Bank noch offene Post zum Geldwechseln oder abheben. Bedeutet drei weitere Tage ohne Landeswährung, was sich seltsam abhängig angefüllt. Forint haben wir nur deshalb, weil Katrin in Budapest an einem Automaten mit Ihrer Karte Geld abgehoben hat.

White Hat LamaNach dem Ausflug ins Dorf aus einer Laune heraus zur Stupa hochgefahren, die etwas außerhalb des Kursgeländes liegt. Dort war gerade Rinpotche Sherab Gyaltsen dabei, die nächsten Schritte mit dem Bauleiter und allerlei Interessierten abzusprechen. Ein Rinpotche mit Bauhelm, ein White-Hat. Die Baustelle ist irre interessant, vor allem wegen der Gies-und Schalarbeiten, bietet aber wenig Möglichkeiten für unqualifizierte Helfer. Direkt beim Bau der Stupa helfen zu können, werden wir uns wohl abschminken müssen.

Den letzten Teil des Nachmittags verbringen wir bei den Zelten, ich schreibe, Katrin macht Mandalagaben und Didi spannt nochmal Katrins Zelt ab. Abhängezeit.

Die Blase drückt und ich drücke mich, sie zu entleeren. Der Weg zum Klo ist ziemlich weit und bis jetzt gibt es noch keine Dixies, die werden erst zum Kurs geliefert. Die Weitläufigkeit des Geländes ist Gnade und Fluch zugleich, weite Wege, aber vermutlich wird es nicht eng. Und für uns ist es nicht weit zur Gompa, der großen.

5.9.2008, Freitag

gestern früh zu Bett und heute spät raus. Ein bescheidenes Frühstück, abgepackte Stückchen. Als Arbeits- und Beteiligungsmöglichkeit bietet sich nur die Statuen- und Stupafüllwerkstatt an, wo noch immer Mantrarollen herzustellen sind für die Gipsnachbildung der Stupa, die an alle Zentren und einige Stadthonoratioren verschenkt werden sollen. Die Gipsstupas zum Verschenken werden gefüllt, die zum Verkauf nicht. Mit der Hilfe dort geht der Tag auf unspektakulärer Weise herum. Gegen 18:00 Uhr beginnt dann die Füllung der Stupatreppe.

Die Treppe hat oben eine kreisrunde Öffnung auf die später der Bumpa aufgesetzt wird. Direkt unterhalb der Öffnung ist ein achteckiger Raum, der morgen mit dem Mandala aufgefüllt wird. Heute wird der Raum außerhalb des Achtecks mit Tsatsas aufgefüllt. Dabei werden etwa drei Viertel der Höhe mit großen bemalten Stupas ausgefüllt, zwischen die Stupas wird Sand gefüllt, gelegentlich werden trocken Blumen eingestreut. Ins letzte Viertel kommen Tsatsas von Aspekten. Milarepa, der Tausendarmige Chenrezig, Zepame und der Medizinbuddha. Liegend und stehend, wie es gerade passt, dicht an dicht. Das achteckige Innere ist zu Beginn der Füllung nur bis zur halben Höhe gemauert um das Füllen zu erleichtern. Irgendwann gibt es dann eine Pause und die Maurer mauern schnell den fehlenden Rest mit bereitliegenden Yton-Steinen hoch. Leicht vorzustellen, dass die Geschichte mehrere Stunden dauert.

Es kommt es zu einem späten Abend essen, dummerweise Suppe, denke ich schon beim Essen, zu viel Flüssigkeit, um die Nacht nicht noch mal raus zu müssen.

6.9.2008, Samstag

Habe es dann doch geschafft, mich bis 9:00 Uhr auf meiner vollen Blase herum zu wälzen. Mittlerweile ist es hier deutlich voller geworden und ich bin lange nicht der einzige Spätaufsteher. Zudem hat sich schon an den beiden letzten Tagen abgezeichnet, dass hier Hilfe nicht zwingend gebraucht und auch nicht nachgefragt wird.

Also trödeln wir uns gemeinsam durch das Frühstück und beschließen die Tage vor dem 11., dem Einsetzen des Lebensbaumes in die Stupa, für unseren Budapestbesuch zu nutzen. Ob wir schon morgen oder erst übermorgen aufbrechen wollen, wollen wir von Didis Gesundheitszustand abhängig machen, der unter der Hitze und einem Schnupfen leidet – dem es „nicht so gut“ geht. Auch Kathrin ist durch ihre Periode etwas gehandicapt.

Die Arbeit in der Stupafüllwerkstatt ist nicht wirklich ausfüllend. Zu viele Helfer und Stress bei den Verantwortlichen. Ich rolle Mantrarollen, die zumindest aktuell nicht gebraucht werden. Auch aus Frust gehe ich etwas früher und meditiere stattdessen.

Nach der Medi dann zum zweiten Teil der Stupatreppenfüllung, dem Mandala. Unter der Leitung von Sherab Gyaltsen baut sein Begleiter, ein junger Mönch (nebenbei: seine zweite Begleitperson ist eine junge Nonne, vielleicht ein Zugeständnis an die westliche Gleichberechtigung) das Mandala in den Hohlraum. Da zum Schluss der gesamte Boden belegt ist, ist das keine leichte Aufgabe. Als Baumaterial dienen die ganzen vorbereiteten Kostbarkeiten: Butterlampen, Muscheln, Tormas, Mandalaschalen, Blumensträuße, Dorjes und Glocken, der gesammelte Schmuck, Räucherwerk und etliches mehr. Nicht zuletzt Mantrarollen in der Größe von Toilettenpapierrollen.

Fotografieren kann ich leider nicht so viel, meine Kamera hat einen Fehler. Entweder braucht sie unangemessen viel Strom oder die Batterien werden zu früh als leer angezeigt, was-auch-immer, sie versagt den Dienst zu früh. Ersatzweise hatte ich Katrins Kamera dabei, der dann auch der Saft ausging. Schlechtes „Foto-Karma“! Immerhin konnte ich ganz zum Schluss mit den wieder erholten Batterien genau ein Foto vom fertigen Mandala machen.

Unmittelbar nach dem späten Abendessen treffe ich Katrin, deren Wespenstich sich in der Zwischenzeit zu einer riesigen Schwellung ausgewachsen hat. Sie war sogar beim Arzt damit. Ziemlich hoher Krankenstand in unserer kleinen Reisegruppe.

7.9.2008, Sonntag

In der Nacht starker Regen, einer meiner Schuhe ist durchweicht, dummerweise ist das gleiche auch mit meinen Schuhen passiert, die im anderen Zelt zu nah am Rand standen. Bleiben die Laufschuhe.

Mit denen laufe ich nach dem Mittagessen nach Bercel. Mittlerweile hat es wieder aufgeklärt, es scheint, als ob weiterer Regen nicht zu befürchten wäre. Der Vormittag war mit Frühstücken und einer Diamantgeistmeditation vorübergegangen. Um Arbeit haben wir uns gar nicht erst bemüht. Ziel in Bercel war die Post, die ich leider eine Viertelstunde zu spät erreicht. Die Beamtin habe ich zwar im Hof noch angetroffen, konnte ihr auch meine Karte zeigen, aber dann wurde die Kommunikation unklar. Kann sein, es gibt keinen Automaten, kann sein, es gibt ihn einfach nicht zu dieser Zeit.

Jetzt sitze ich in einer Gaststätte mit Außenbereich, habe ca. 7 km Rückweg von mir und nutze die Gelegenheit, mal für mich zu sein.

Bis jetzt war unsere Reise von allerlei kleinen Widrigkeiten begleitet. Am schwierigsten ist es für uns, nicht beschäftigt zu sein. Zumindest gilt das für mich, gestern das Mantrarollen rollen habe ich als Beschäftigungstherapie empfunden. Kurz: ich will wichtig sein.

Gestern früh haben wir während des Frühstücks über unseren Budapest Besuch nachgedacht, heute früh sieht vieles schon wieder anders aus. Didi ist kranker als gestern, zum Schnupfen kommt Halsweh und Hustenreiz. Zudem hat er sich bereit erklärt, das Lama-Essen zum Lama-Haus zu fahren, weil das erstaunlicherweise bei den Ungarn ein unbeliebter Job ist; sie fürchten um ihre Wagen und deren Bezüge.

Katrins Hand ist noch immer stark geschwollen und sie möchte heute noch nicht entscheiden, ob sie morgen früh für Budapest fit genug ist. Mir ist das alles viel zu viel hin und her und so will ich heute wenigstens herausbekommen, wie die Zugverbindungen nach Budapest sind. Dann kann ich immer noch entscheiden, ob ich allein los mache oder beim Rudel bleibe.

Mein Fußmarsch nach Bercel hat mich von diesem Ziel leider etwas abgebracht. Heißt: ich muss mir auf dem Rückweg in Becske den Bahnhof suchen, was auch nochmal Zeit und Energie brauchen wird.

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Nachfragen in Becske ergeben dann, dass der nächste Bahnhof im Nachbarort 3 km entfernt ist. Was nur halb so schlimm ist, da ich auf dem Weg an der Tsatsawerkstatt vorbei auf Andreas und seine Frau Zuzie stoße, die einsam Tsatsas reparieren. Hilfe wird benötigt. Dort verbringen ich dann den Abend. Die Tsatsas sind von sehr verschiedener Qualität und viele bedürfen der Ausbesserung.

 

 

8.9.2008, Montag

Ab morgens in der Tsatsawerkstatt. Während des Frühstücks haben wir – besser: habe ich – Nico, einen der „Famous Plumper Brothers“ kennen gelernt. Er hat in Hamburg die Tsatsas Produktion bekleidet und möchte uns den Umgang mit dem Material und den Aufbau einer Produktionsstraße zeigen.

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Ich werde unruhig, habe das Gefühl, keine Zeit, keine Ruhe zum Schreiben zu haben, höre von daher auf. Irgendwann komme ich hoffentlich dazu, die genannten Personen noch etwas genauer zu beschreiben.

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Um es abzukürzen: habe den ganzen Tag bis abends um 23:00 in der Werkstatt verbracht und werde morgen auch wieder hingehen.

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Das Wichtigste zum Material: der Gips muss eingestreut werden und dann 5 Minuten schlemmen. Anschließend ohne Blasensbildung mischen, entweder mit der Hand oder dem Teigschaber.

 

9.9.2008, 10.9.2008, 11.9.2008, Donnerstag

Bin in den letzten drei Tagen zum Ober-Giesser aufgestiegen. War halt die ganzen Tage in der Werkstatt und habe herausgefunden, wie ich ziemlich gute Abgüße herstelle. Möglich sind 8 bis 10 Stück am Tag, davon sind maximal zwei perfekt, der Rest muss noch nachbearbeitet werden.

Gestern bekam ich zum ersten Mal die Schlüssel für die Werkstatt und auch heute werde ich der Letzte sein. Noch ist die Werkstatt voller Menschen. Anlässlich das Einsetzens des Lebensbaumes sind viele gekommen und ab heute werden das vermutlich immer mehr. Jeden Tag steht irgendwo ein neues Zelt und alles ähnelt immer mehr den Kursgeländen wie wir sie kennen.

Meine Karriere habe ich der Tatsache zu verdanken, dass Andreas und Zuzie, die Verantwortlichen für die Tsatsas, eher überraschend zu ihrer Aufgabe gekommen sind und mit der blasenfreien Produktion ziemliche Schwierigkeiten hatten. Meine Anwesenheit nimmt Ihnen eine große Sorge. Davon abgesehen sind sie auch ohne die Tsatsas schon ziemlich aufgebraucht, da sie seit sechs Wochen die Baustelle hier bekleiden. Die Entlastung, die sie durch mich finden, sei ihnen gegönnt.

Unsere kleine Reisegruppe ist tagsüber auf die verschiedenen Arbeitsbereiche verteilt, meistens treffen wir uns zum Essen, oft auch mit Joshua aus Frankfurt. Auch bei den verschiedenen Zeremonien bei der Stupa stehen wir meist zusammen. Fühlt sich gut an, wir sind nicht aufeinander angewiesen und trotzdem gibt es Verbindung.

12.9.2008, Freitag

[einige schwer zu lesende Mitschriften aus einem Vortrag]

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Overblessed and undersugared

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13.9.2008, 14.9.2008, Sonntag

[Die fehlenden Einträge der letzten Tage weisen darauf hin, dass in diesen Tagen wohl einiges los war. Mein Schwerpunkt lag ohne Zweifel bei der Produktion der Tsatsas, die bis zum letzten Tag vor der Einweihungszeremonie produziert wurden und dann (zum Teil in Nachtarbeit) bemalt wurden.

„Gestört“ wurden wir in unserem Tun immer wieder durch die verschieden Aktivitäten und Zeremonien rund um die Fertigstellung der Stupa. Nachdem das Mandala in der Stupatreppe fertig war, wurde der Raum verschlossen und die Bumpa aufgesetzt (das runde Ding, in dem der Buddha sitzt). Das Einsetzen des Lebensbaumes war eine große Sache und das Aufsetzen der Spitze von großem Schauwert. Ein paar Bilder dazu und dann zurück zu den Original-Tagebucheinträgen.]

 

Der Tag der Einweihung. Unmengen von Menschen überfluten den Platz. Kursatmosphäre, überall Schlangen und zu wenig gute Sichtplätze. Was neu ist, es gibt einen Screen, auf dem die Veranstaltung übertragen wird. Das Teil steht am Fuß des Flügels und zeigt gerade, dass immer noch geschmückt wird. Zwei große Boxen übertragen den Ton, gegenwärtig dass 100-silbige Mantra.

Die Lösung mit dem Screen gefällt mir, sie lässt mir mehr Möglichkeiten, als ich sie in der Menge stehend hätte, zum Beispiel in dieses Buch zu schreiben.

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Die Nacht war wirklich kühl, sobald die Sonne weg ist fällt die Temperatur stark und es ist eine Aufgabe, nicht auszukühlen. Das gilt auch in der Gompa, die ohne Decke um die Nieren kaum zu be“sitzen“ ist.

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Am Screen gerade die ersten „off-stage“-Aufnahmen, Sherab Gyaltsen richtet einen Altar her. Im Hintergrund das eine oder andere bekannte Gesicht. Menschen, mit denen ich in den letzten Tagen zusammengearbeitet habe; normale, lockere, zugewandte Menschen, die da plötzlich an prominenter Stelle auftauchen. So etwas finde ich immer wieder bemerkenswert, als ob so ein Teil ihrer Prominenz auf mich abfärben würde. In solchen Gedanken hat wohl jedes „name dropping“ seinen Ursprung.

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Jetzt werden die Videojungs professionell, mehrere Kameras zeigen abwechselnd Bilder von verschiedenen Standpunkten aus. Die Stupa ist nur an drei Seiten mit riesigen quadratischen Tüchern verdeckt, die an den vier Fahnenmasten an den Stupaecken hängen. Der Altar ist fertig hergerichtet. Sherab Gyaltsen und die beiden Helfer legen ihre gelben Überhänge an.

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Die Einweihung hat begonnen. Eingeleitet durch einige Impressionen aus der Bauzeit am Screen, laufen nun die Rezitationen. Die verschiedenen Helfer räumen noch immer Kisten von hier nach da. Beschäftigtsein bis zum Schluss. Gerade hat auch Ole seinen Platz links neben Sherab Gyaltsen bezogen. Am Screen nur noch undeutlich zu erkennen ist die Farbe seines T-Shirts, es wirkt rötlich, so als hätte er sich farblich etwas an die Roben der Mönche angepasst.

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Segnung der Reistütchen mit seinem Gau.

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Reinigung mit dem Spiegel, usw., usf. …

 

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Gegen Ende der Veranstaltung und nach der eigentlichen Einweihungszeremonie wurden dann die Stupas an Sherab Gyaltsen, Ole, Katie und Gerke vergeben. Anschließend die Verteilung an die Zentren. Hat sich auf dem Bildschirm sehr schön gemacht.

Wenn Sie für „die Großen“ die besten Stupas herausgesucht haben, sind sie vermutlich von mir. Falls willkürlich verteilt wurde ist die Chance immer noch 50 zu 50. Ich weiß nicht, ob ich stolz darauf bin, aber irgendwie bläst es schon das Ego auf; die Menschen sollten wissen, dass ich wahrscheinlich eine Stupa für Ole gemacht habe.

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Unmittelbar nach der Zeremonie der Run auf das Essenszelt. Viel zu viele Leute, was wollten die alle auf meinem Platz? Zum Glück beginnt nach dem Essen auch eine große Abreisewelle. Möge es allen unheimlich gut gehen, dort wo sie hingehen (wenn sie nur dort hingehen).

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Gegen 16:00 Uhr wird die Zeremonie für die Offiziellen und die Presse sein, meint: es ist noch nicht vorbei. Ich bin ziemlich müde, seit Tagen schon. Gestern auch nur den halben Ole-Vortrag gehört und danach ins Bett gegangen. Nicht direkt, eigentlich hatte ich den Vortrag verlassen, um noch einmal in die Tsatsawerkstatt zu gehen und dort beim Ausbessern zu helfen. Als ich dort dann niemanden mehr angetroffen habe, bin ich auf dem Rückweg nicht an meinem Zelt vorbeigekommen (bzw. bin ich dort vorbeigekommen, nur nicht weiter, also genau bis dorthin).

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Habe Zuzie und Andreas getroffen und nebenbei erfahren, dass die Stupa, die ich für mich gegossen habe, irgendwie mit in die Produktion gerutscht ist und ich mir eine neue gießen muss. Anschließend haben wir uns verabredet und dann doch verpasst. Jetzt bin ich etwas angespannt, morgen werde ich mir den Schlüssel aus der Küche holen müssen und noch einmal gießen, klingt einfach und ist es auch, wenn der Schlüssel an der Stelle ist, wo er sein sollte. Worauf man sich nicht verlassen kann.

Mit der ganzen Geschichte ist eine kleine, eitle Enttäuschung verbunden. Als ich bemerkte, dass „meine“ Stupa nicht mehr am Platz stand, habe ich vermutet, dass Zuzie und Andreas sie  genommen hätten, um sie zu reparieren und vielleicht sogar füllen zu lassen. Überhöhte Erwartungen, die ich Ihnen aber zugetraut hätte, weil sie mich in den Tagen zuvor so gelobt hatten.

Wie auch immer, morgen ist ein freier Tag und ich werde versuchen, meine Stupa zu gießen.

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[Vortragsmitschrift]

15.9.2008, Montag, der freie Tag,

es ist 17:20 Uhr und bis jetzt hat es den ganzen Tag geregnet, die erste Hälfte des Tages dachte ich noch, ich könnte den Regen wegschlafen. Bin bis 13:00 Uhr liegen geblieben, irgendwo zwischen Ausschlafen und leichter Depression. Letztlich hat mich der Harndrang aus dem Schlafsack getrieben. Und auch die Idee auf ein Mittagessen, das allerdings gewohnt schmal ausfiel, Suppe mit Karotten und Fleisch. Nicht, dass sie schlecht gewesen wäre, aber nach einer Folge von Mahlzeiten, die für den deutschen Anspruch hart am Rand waren, wünschte ich mir etwas zum genießen. Das ist es, Genuss fehlt an diesem Essen.

Ein – wenn auch unvollkommener – Ersatz dafür ist der Kaffee, den ich mir in unserem großen Zelt mit Didis Espressokanne mache. Ein anderer kleiner Genuss ist das Aufrecht-sitzen, dass im großen Zelt möglich ist. Es war mein ausdrücklicher Wunsch, ein kleines Zelt für mich zu haben und das hatte ich bis heute auch. Gerade hoch genug um darin zu sitzen und nicht breiter als die große Luftmatratze, d.h. ca. 1,20 m. Das ist bei Sonnenschein eine gute Lösung, dieser erste Regentag hat gezeigt, dass sie bei schlechtem Wetter direkt in Untätigkeit und Depression führt. Deswegen bin ich vor einer Stunde in die zweite leere Kabine des großen Zeltes gezogen. Bis gestern wohnte Astrid darin, die allerdings abgebrochen hat um sich wegen verschiedener Unpässlichkeiten mal ein paar Tage von ihrer Mama betütteln zu lassen. Für mich eine recht glückliche Fügung.

16.9.2008, Dienstag

Heute hat der Kurs begonnen. Im Nachhinein betrachtet habe ich seit der Einweihung bis heute früh geschlafen, mit wenigen Unterbrechungen für Kaffee, Essen, Meditation.

Heute Morgen bin ich dann gleich zu spät gekommen, was erstens daran liegt, dass ich mich nicht gekümmert hatte, wann es losgeht und zweitens daran, dass ich mich in der fremden Kultur noch nicht sicher bewege und weiß, was ich erwarten darf. So hatte ich erwartet, dass die Eröffnungsveranstaltung abends sei (die Zeit der Schützer) und sah mich in dieser Erwartung bestätigt, als die Jungs um 9:00 Uhr anfingen, das Zelt für die Schuhe aufzubauen (was bis 10:00 Uhr nicht beendet sein konnte). Wie auch immer, es ging um 10:00 Uhr halt ohne Schuhzelt los.

Die Mitschrift des Kurses habe ich in einem roten neuen Buch begonnen, dem Nachfolger dieses blauen Buches.

17.9.2008, Mittwoch

Heute ist es mir endlich gelungen, die Kursgebühr zu bezahlen. In den Tagen zuvor gab es entweder keine Registration oder sie war unbesetzt. Auch das gegen jede deutsche Erwartung. Bei uns wäre Kasse-machen eine der ersten Tätigkeiten gewesen, die besetzt sind. Hier wird man eher im ungewissen gelassen. Organisation ist hier eher spontan oder lässt deutlich mehr Spielraum als bei uns. Gewöhnungsbedürftig.

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Didi ist beim Lama-Service gelandet und fährt mehrmals am Tag das Essen für die Lamas von der Küche zum Lama-Haus. Die Reste sind dann für das Küchenpersonal und manchmal auch für mich. Heute hat er zwei Hähnchenschenkel für mich zurückgelegt. Didi ist eine ganz eigene Nummer und irgendwie entzieht er sich jeder Beurteilung. An den Kursen nimmt er nicht teil, aber er hört sie sich über das simultane Übersetzungsradio an, er ist großzügig darin Dinge auszuleihen und in Gelddingen. Er ist schwierig, wenn es etwas zu entscheiden gibt und einfach, wenn er sich dann in einer Situation arrangieren muss. Er kann zur gleichen Zeit flexibel und eigenwillig sein.

[Ein Traumzitat:

Es gibt Menschen,

die wollen werden,

was sie sind.

Spätestens ab dann

müssen sie das nicht mehr.

, Ich-mich-meinen, …

In der Nacht vom 20. September auf 21. September geträumt, erinnert und aufgeschrieben.]

22.9.2008

Zum Thema Organisation gibt es immer wieder Überraschungen. Gestern hatten wir tatsächlich Licht bei den Schuhregalen. Die Regale selbst waren zwei Tage vorher angekommen. Eigentlich hatte sich jeder schon daran gewöhnt, dass die Schuhe im Hauptzelt hinten abgestellt werden.

23.9.2008

Und dann war das Licht wieder weg.

25.9.2008

Gestern von meinen letzten 50 € Essenstickets für den Rest der Zeit und einen Anhänger für Helen gekauft. Wollte während dieses „Urlaubs“ eigentlich nicht sparen, großzügig sein, wenigstens mit mir selbst, wenn nicht sogar mit anderen.

Und dann entwickelt sich die Geschichte hier so, dass ich kein Geld wechseln kann, die Post nicht auf die Sparcard eingehen kann und es keine Bank gibt, die die Traveller-Schecks eingelöst. Und ich wieder die Spar Nummer durchziehe.

28.9.2008

 

 

29.9.2008

Tag der Abfahrt. Gestern nach der Diamantgeist-Einweihung hat sich der Kurs sehr schnell aufgelöst. Plötzlich, na ja, nach und nach sind alle Zelte weg und auch die Leute. Zurück bleiben die, die auch vor dem Kurs schon da waren.

Auch wir haben unsere Zelte abgebaut und schliefen die Nacht im Cafeteriazelt, dass schon wieder wie eine Baustelle aussieht. Zuvor eine lange Lagerfeuersitzung um der Nachtkälte zu entgehen. Viel Alkohol bei den Einheimischen und auch Didi trinkt mehr als gewohnt (aber immer noch deutlich weniger, als ihm angeboten wird).

Irgendwann geht rum, dass Rinpoche morgen, also heute, eine Feuer-Puja abhalten wird und wir eingeladen sind. Beginn 10:00 Uhr, damit ist klar, da sich unsere Abfahrt verzögern wird.

Heute Morgen dann gegen 8:00 Uhr, nach einer durchgefrorenen Nacht (der dritten insgesamt, eigentlich ganz gut für „Zelten-im-September“), aus dem Schlafsack gekrabbelt. Frühstück in der Küche, so wie vor dem Kurs mit dem Team. Zwar nur wenig Kommunikation, weil nur wenige Englisch sprechen, aber alles gut.

Um 10:00 Uhr dann die Feuer-Puja. Ein Ereignis, das sich hinzog (Beschreibung im roten Buch im Anschluss), anschließend noch ein Extrasegen vom Lama. Danach Mittagessen und dann gibt es Getrödel mit Didi bis zum Abwinken und jenseits jeder Beschreibung. Jetzt ist 16:45 Uhr und zwischenzeitlich haben sich unsere Pläne mehrfach geändert. Zwischendrin war mal durchfahren angedacht, jetzt wollen wir nur noch bis Budapest. Mir ist alles recht, wenn’s nur losgeht.

30.9.2008

Die Nacht im Budapester Zentrum verbracht. Dort war die Unterbringung so einfach und unkompliziert wie selten. Im sogenannten VIP-Bereich gibt es eine Küche, ein Bad und drei hintereinanderliegende Zimmer mit Matratzen bzw. Platz für Isomatten. Hat man einmal in den Innenhof gefunden ist der Zutritt ohne jede weitere Anmeldung oder Bewohnerkontakt frei. Ein Schild informiert über den erbetenen Übernachtungspreis von 750 Ft. (drei Euro) bzw. vier Euro. Zu zahlen indem man den Betrag zu der nicht unbeträchtlichen Summen legt, die frühere Besucher schon auf dem Kühlschrank deponiert haben. Ein paar Lebensmittel gibt es auch noch im Kühlschrank.

Das alles ist sehr viel angenehmer, als in der Gompa zu schlafen, was in Budapest auch unangebracht wäre. Dort hängen eine ganze Anzahl Thangkas, zum Teil als Rollbild, zum Teil im Glasrahmen, und eine sehr schöne Statue von Weißer Schirm. Das kombiniert sich schlecht mit Isomatte und Reisegepäck.

Zudem sind die Besucher im VIP-Bereich unter sich, was das Gefühl vermeidet, dass man sich in irgendjemandes Komfortzone rumtreibt.

Heute Morgen ein entspannter Aufbruch, so gegen 10:30 Uhr waren wir auf der Straße, Ziel ist es, abends zuhause zu sein

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Was dann auch gelang!

 

Reisetagebuch Indien, Boddhi Zendo, 7.1. bis 28.1.2001

Reisetagebuch Indien, Boddhi Zendo, Teil 1, 25.1. bis 25.2.1999
Reisetagebuch Indien, Boddhi Zendo, Teil 2, 12.1. bis 7.2.2000

Vorwort zum 3. Teil (veröffentlicht am 31.3.2023), Kontext zählt.


7.1.2001, Sonntag
Wieder im Zendo. Ankunft gestern Morgen mit den Nachtbus aus Madras, nachdem wir den Donnerstag und Freitag noch einmal in Mahabalipuram verbracht hatten. Hier hat sich wenig und doch zugleich viel verändert. Vielleicht am besten beschrieben als atmosphärische Veränderung, die sich an einigen wenigen Äußerlichkeiten festmachen lässt.

Zunächst ist das Haus fertig, das letztes Jahr nur als Rohbau zu sehen war. Es steht links neben der Zufahrt zum Zendo und Ama Sami wohnt darin. Unmittelbar davor gibt es nun ein Tor und an dieses Tor schließt ein Zaun an, der oben mit Stacheldraht bewehrt ist. Ich mag das nicht, mit Stacheldraht geschützt und zugleich eingeschlossen zu sein.

Als nächstes gibt es einige „hilfreiche“ Schilder,  die den Umgang mit den Waschbecken oder der Bücherei “lehren”. Alles Dinge, die in den Jahren davor noch “mündlich überliefert” wurden, was zumindest den Eindruck eines freien Umgangs miteinander erzeugte. In der Bibliothek ist es nun nicht mehr möglich, sich selbst in der Ausleiheliste ein- oder auszutragen.

Kurz, einige Äußerlichkeiten lassen den Eindruck einer relativ rigiden Gesamtanlage der Dinge hier entstehen. Gestützt wird dieser Eindruck noch durch die Altersstruktur. Die meisten hier dürften zum Teil wesentlich über 50 Jahre alt sein.

Sehr viel schöner als in den Vorjahren ist der Innenhof gestaltet.

8.1.2001, Mittwoch
Beim Samu hat mich das Toilettenreinigen erwischt und während ich zuerst dachte, es sei eine Strafe dafür, dass ich den Toilettendienst zu Hause so sehr vernachlässigt habe, könnte es auch Belohnung sein für ich-weiss-nicht-was. Denn: die Arbeit ist erstaunlich schnell erledigt und danach habe ich Zeit, mich einer anderen Arbeit meiner Wahl anzuschließen.

<O>

Eine Beobachtung allgemeiner Art: Das Essen ist schlechter geworden, oder aber ich kann es nicht mehr so genießen. Insgesamt ist es zu wenig gewürzt, was einerseits daran liegen könnte, dass die Köchinnen versuchen, auf den europäischen Geschmack einzugehen. Andererseits aber auch in den Speisevorschriften der Yogis, die scharfes Essen als der Meditation abträglich ansehen, begründet sein könnte.

9.1.2001, Dienstag

Um beim Essen zu bleiben: gestern Abend eine kurze Szene mit D. beim Abendessen. […]

[…]

[…] Nach einiger Zeit schlüpft sie neben mir ins Doppelbett, da ich in meinem Zimmer habe und wir schlafen Arm in Arm ein. Mit keiner Lösung und der Vermutung, morgen so aufzustehen, wie wir heute schlafen gehen.

<O>

Heute morgen ein frühes aus dem Bett schlüpfen, noch vor dem Morgengeklingel. Meditation, wortloses Aneinander-vorbeigehen, meine Versuche, über kleine Berührungen mit Ihr Kontakt aufzunehmen, werden eher aus Höflichkeit, denn aus Neigung beantwortet.

10.01.2001 Mittwoch
11.01.2001 Donnerstag

12.01.2001 Freitag
Alles, was einen direkt berührt, berührt die anderen indirekt.

13.01.2001 Samstag

[Ich lese] Laurence G. Boldt: Zen and the art of making a living [und notiere seitenweise Fragen daraus, die ich mir  irgendwann einmal beantworten möchte. Was nie geschehen wird.]

14.01.2001 Sonntag

15.01.2001 Montag
Gefühle großer Verlassenheit, gestern ein freier Tag, zugleich Pongal – Erntedankfest – hier. Auf einem unserer Wege ins Dorf blieben D. und ich auf einem Felsen sitzen, Aussicht auf herrlichste Berglandschaft und Mittagsmond, und sprachen. […]

[…]

Nur allzu leicht räume ich in Gesprächen wie dem gestrigen ein, dass unsere Beziehung enden könnte, enden wird. Dass da ein junger zeugungsfähiger Mann kommen wird, mit dem sie das Kind haben könnte, von dem sie träumt (oder dass sie vorschiebt, um einen “objektiven” Grund für unser nicht-zusammen-sein-können zu haben). Ich kann diese Zeit leicht anschauen und darüber reden, dass es vielleicht der Sinn unserer Beziehung war, ihre Vater-Tochter-Dinger aufzulösen oder doch wenigstens ertragbar zu machen. Das tut beim drüber reden nicht mal weh, obwohl mir schon jetzt davor graut, die Trennung real zu erleben.

In meinen Fantasien bleibe ich mit ihr freundschaftlich verbunden. Ich bin ihrem Kind ein Onkel und manchmal besucht sie mich auf der „Wiese“.

Sonne.

Neben all dem haben wir ein “zweites Leben“, indem wir Pläne für unsere gemeinsame Zukunft machen oder doch zumindest ernsthafte gemeinsame Alternativen zu unseren jeweiligen gegenwärtigen Leben erwägen. Diese Alternativen sind nicht weniger gewollt, in nichts weniger mögliche Zukunft als meine Trennungsphantasien, auch wenn das zunächst unvereinbar klingt. Vielleicht geht es auch deswegen zusammen, weil ich diese gemeinsame Zukunft auch alleine leben könnte.

[…]

<O>

Heute morgen dann diese Verlassenheit, ausgelöst dadurch, dass sie sich, wie an den anderen Tagen zuvor auch, doch ohne dieses Ergebnis, an einen anderen Tisch setzt. Es ist einzig und allein meine Verlassenheit, bis zum Morgen haben wir gemeinsam in unserem Bett geschlafen und nach dem Frühstück versuchte sie, durch kleine Gesten Kontakt aufzunehmen.

Überwiegen die guten oder die schlechten Tage?

Beim Pinkeln schaue ich an mir herunter und mein Fuß ist mein Fuß, als ich Kind war. Wir gehen hier in der Zeit vor und zurück, ganz nach Belieben. Nur nicht unserem Belieben!

16.01 01. Dienstag
Der erste volle Tag des Sesshin.

17.01.2001 Mittwoch
18.1. 2001 Donnerstag

19.01 2001 Freitag
[Mein zweites Koan]

Dies also mein zweites Koan. Nachdem ich letztes Jahr ganz und dieses Jahr bis heute ausgesetzt habe, bin ich heute zum Dokusan, “um mich wieder ins Spiel zu bringen”.

Im Teisho gestern wurde mein erstes Koan erwähnt. Ich erinnere mich wieder daran, [… u]nd während im letzten Jahr das nur-sitzen vollkommen okay war, schien es mir dieses Jahr zunehmend ineffektiver, meint: bereichernd.

Wichtiger aber scheint mir der Gedanke und die Formulierung “wieder ins Spiel zu wollen”. Ich habe einen kurzen Moment gezögert ihn auszusprechen und er scheint mir auf so vieles mehr anzuspielen, als nur auf das Koan. Zuallererst wohl mein Berufsleben, ich habe hier eines der vielen How-to-lead-a-live-Bücher gefunden, aus Zen-Perspektive selbstverständlich.

Und darin geblättert, ja, auch anstecken lassen von der Möglichkeit (!), ein anderes, ausgefüllteres Leben führen zu können.

Das Schweigen während des Sesshins ist zu zweit noch einmal anders als alleine. Sich nicht mit Worten aufeinander beziehen zu können, ist doppelt schwer, wenn es sonst nichts gibt. Mir kommt es vor, als risse unsere Beziehung gänzlich ab, wenn wir schweigen. Meine Versuche, wenigstens über Blickkontakt in Beziehung zu bleiben, werden nicht erwidert, oder falls doch, stürzen sie mich in Unsicherheit? Ist dieser Blick ein liebender?

Vielleicht deswegen haben wir uns gestern eine Auszeit vom Schweigen genommen und, wenn wir alleine waren, miteinander gesprochen und geschwätzt. Wie wichtig gerade auch das Geschwätz ist, ist mir erstmals klar geworden. Es versichert uns der Beziehung, wo wir ihrer unsicher sind.

Was aber, wenn da keine ist? Manchmal fühlt es sich für mich so an. Ich spüre keine Verbundenheit, nichts Gemeinsames, suche das Dauerhafte unseres Paar-seins. Worin bildet es sich ab? Darin, dass wir manchmal etwas näher beieinander sitzen, ja, gar ein Zimmer. gemeinsam bewohnen? Und manchmal neben-, manchmal miteinander schlafen?

Gut, das ist ein schöner Anfang! Aber langt das aus? Nein, ich wünsche mir mehr. Wenn ich auch nicht genau benennen kann, wie dieses Mehr heißt. Ein Teil dieses Mehr heißt sicher. “Annahme”. Ich will angenommen sein, so wie ich bin. Ich wünsche mir das Gefühl, dass es ausreicht, zu sein, was ich bin, um anerkannt zu sein.

20.01.2001 Samstag

Dokusan: “[Mein zweites Koan]”

Auf abstrakter Ebene ist es recht einfach, das Koan zu sein. […]

Sobald dann aber ich den Versuch unternehme, in die Situation zu gehen, sie mir bildhaft vorzustellen, gibt es wieder “zwei” […].  Alle Versuche uns zwei näher zueinander zu bringen … .

Soweit und etwas gerafft mein “first approach“ an den Koan […]. Mein erster Gedanke, eine kleine Pantomime  aufzuführen, scheiterte an der Idee zur Durchführung. Wie stellt man [die Antwort auf das Koan] pantomimisch dar? Und schon war der Moment herum, den ich gehabt hätte. “Next time!”

<O>

 

Kontinuität
Verlässlichkeit
Zuwendung
Kontakt
Annahme

Wie eine Kerze im Zug.

<O>

Was „wir“ heute abliefern, ist ohne Worte im wahrsten Sinne des nicht-gesprochenen Wortes.

[…]

<O>

[…]

21.01 01. Sonntag
Ende des Sesshin nach dem Frühstück. Gewaschen und umgezogen sitze ich in der Sonne vor meinem Zimmer.

<O>

Es scheint, als ob die gestrige Dunkelheit zum allergrößten Teil, sagen wir so um die 80 Prozent, in meinem Kopf war. Überbewertungen und -reaktionen. Vielleicht auch ein wenig gegenseitige Hochschaukelei. Nichts auf jeden Fall, was die innere Raserei rechtfertigen könnte, die ich veranstaltet habe. Nichts vor allem, was nicht mit ein bisschen Nachgiebigkeit aus der Welt zu schaffen gewesen wäre. Aber ich musste ja den Endkampf um den Zustand unserer Beziehung daraus machen.

Was ist daraus zu lernen? Zunächst einmal, da gibt es das Gefühl, vollkommen unverbunden zu sein. Es gibt das Fehlen jeder inneren Sicherheit, dass “sie mir gut ist”. Es gibt in mir die Bereitschaft, mich zum eigenen Schaden entgegen meiner gegenteiligen Wünsche zu distanzieren. Es gibt die Bereitschaft, Situationen nach folgendem Muster zu strukturieren: Sie behandelt mich schlecht und ich werde das nicht akzeptieren.

Ich neige zur Unnachgiebigkeit.

Festzuhalten ist auch, dass ich unglaublich viel Energie damit verschwende, wenn ich so “schweigend vor mich hin wüte”. Da ist kaum etwas für wirkliche Meditation übrig geblieben.

Nachdenken möchte ich darüber, was es bedeutet, dass meine inneren Dialoge so verletzend sind. Vieles würde ich in einem realen Gespräch so nicht sagen, weil ich fürchten würde, schwere oder nicht heilende Wunden zu schlagen.

Als Aufgabe habe ich nun „zurückzukehren“. So viel Abkehr, so viel Entfernung war in meinen Gedanken. Und diese Gedanken haben für mich Realitätswert gehabt, man(n) wechselt nicht so einfach seine Realität.

Ich muss mich also nicht, oder deutlich weniger, schützen. Muss nicht heute die Spielregeln unserer zukünftigen Beziehung auskämpfen. Muss mich nicht darum sorgen, ob ich derjenige bin, der immer kommt. Muss mich nicht ungeliebt fühlen. Vor allem muss ich mich nicht entfernen um all diese miesen Gefühle ein für allemal auszuschließen

<O>

Einige schöne Rückmeldungen erhalten. Es war angenehm, mit mir Gemüse zu schneiden (Wir waren auch nach meiner Meinung ein gutes Team). Und ich hätte erstaunlich ruhig gesessen. Ein Lob, das mich dann doch erstaunt, weil es sich nicht mit meiner Innenwahrnehmung deckt.

22.01.2001, Montag
23.01.2001, Dienstag,  [Mein drittes Koan]
24.01.2001, Mittwoch

25.01.2001 Donnerstag
[Donnerstags besteht die Möglichkeit ins nahe gelegen Städtchen, Kodaikanal, zu fahren.]

<O>

„Es gibt keine Lösung, weil es kein Problem gibt.“
Marcel Duchamp

<O>

Wie es mit dem “[Koan]kram” weiterging?

Ich ließ drei Tage herumgehen bis ich schließlich wieder zum Dokusan ging, nicht um das Koan zu lösen, sondern um im Gespräch zu bleiben. Ich sagte, ich wollte nur sicherstellen, dass er keine kleine Pantomime von mir wünsche, erstens, und zweitens seien mir die metaphorischen Bedeutungen [des Koans] durch den Kopf gegangen – Wünsche, Begierden – die zu zeigen ich noch viel weniger imstande sei.

Gewiss, manchmal seien kleine Darstellungen gefragt und manchmal gehe es auch um die Metaphern. [… U]nd setzt sich hin und schließt die Augen und ist [das Koan]. Vermutlich zumindest, denn so genau war das von außen nicht zu erkennen, was innen geschah.

Kurze Pause, dann “I will give you and new koan: [Mein drittes Koan]” Ich wiederholte die Frage und war entlassen.

So also bin ich nun bei meinem dritten Koan. Ohne die ersten zwei gelöst zu haben. Oder habe ich das, ohne es zu wissen? Ich bin mit neuem Interesse an der Literatur nun auf der Suche nach Hinweisen darauf, wie mit Koans umzugehen ist. Wichtig ist wohl, zum Koan zu werden, wie auch immer das erreicht wird. In einigen Schulen gehört es wohl dazu, dass Koan vor dem Versuch, es zu lösen, erneut aufzusagen, Wort für Wort auswendig. In anderen (oder den gleichen?) wird es während der Meditation in Gedanken Wort für Wort rezitiert. Ich muss mehr darüber herausfinden.

<O>

Eigentlich möchte ich über D. und mich schreiben, aber was? Unseren Groll aus dem Sesshin haben wir ab-, vielleicht auch nur beiseitegelegt. Ein Gespräch während des Aufstiegs auf den Peak nahm den für uns so typischen Verlauf einer ersten und langsamen Annäherung, der dann der Gesprächsabbruch seitens D. folgt, den sie oft so setzt, dass einfach durch räumlichen Abstand oder Menschen drumherum eine Fortsetzung wirklich unmöglich ist. Ich bleibe dann „angebrochen“ zurück und kann mich mit mir selbst unterhalten. Einziger Vorteil, ich muss nicht auf die Formulierung achten, denn da ist niemand mehr, den ich verletzen könnte.

Im Ernst, diesen Verlauf haben seitdem noch zwei weitere Gespräche genommen und ich vermute auch einige zuvor, ohne dass ich ihn zu diesem Zeitpunkt schon hätte benennen können. Aber was geschieht da? Ich glaube, sie wird einfach ungeduldig, weil sie von mir keinen Beitrag erhält, wie sie ihn erwartet. Was genau ihre Erwartung ist, weiss ich nicht.

Ganz allgemein formuliert sollte ich wohl mehr von mir erzählen. Leider erkennt sie nicht immer, wenn ich das tue. Und auf dem Weg zum Peak habe ich mich an einer Stelle dreimal wiederholen müssen, nur um festzustellen, dass sie meine Innenweltdarstellung unbedingt als Außenweltdarstellung diskutieren und bewerten wollte. Ein weiterer Versuch scheiterte am steilen Aufstieg […].

Dass ich nicht ihr Therapeut sei, muss ich wohl mal unbedacht gesagt haben, und auch dies trägt sie mir nach. Ebenso meine Anspielung auf den Beginn einer Therapiesitzung, als sie mich nach ich-weiss-nicht-mehr-was fragte. Dabei hätte ich mich durchaus darauf eingelassen. Mir ist ihr in-mich-dringen nicht so unangenehm, wie sie denkt.

Gewiss auch deswegen nicht, weil ich in der Vergangenheit bemerkt habe, dass sie solche engen Momente als Vorspiel benutzt. Geteilter Seelenschmerz als Stimulanz. Da scheinen beide von beidem etwas zu haben. Warum also nicht? Hat vor allem den Vorteil, dass es funktioniert. Ganz anders als ihre erfolglosen Versuche, mich hervorzulocken, wenn ich ohnehin schon sauer und umso mehr verschlossen bin. Bis ich dann halbwegs gesprächsfähig bin, ist ihre Geduld schon erschöpft und siehe-oben.

<O>

Enttäuschung also auf beiden Seiten. Sie hätte sich wohl mehr Unterstützung, Zuspruch oder Nachfrage bei Ihren persönlichen Problemen gewünscht. Ein Anspruch, dem ich nur zeitweise und mit Mühe nachkomme

Aber auch meine Hoffnung auf ein etwas freudvolleres und unbeschwerteres Leben hat sich nicht erfüllt. Stattdessen kämpfe ich nun an in fast allen Lebensbereichen mit dem Gefühl des Unvermögens.

26.01 Freitag
27.01 Samstag

28.01 Sonntag
Unser letzter Tag morgen fahren wir ab. Zunächst nach Madurai, wo wir noch zwei Tage verbringen werden. Danach nach Madras oder Mahabalipuram, wo wir nur noch auf den frühen Abflug warten werden.

Heute morgen habe ich noch einige Blumensamen aus dem Garten entnommen. Und auch einen Ableger der Minze. Ich möchte auch versuchen, einige Ableger des Koreagrases großzuziehen, es wächst so hübsch puschelig. Das mag ein Risiko sein, weil es angeblich nicht winterhart ist.

Nun, ich werde sehen.