Irgendwas mit Rabattmarken

Neben meiem Bett liegt ein Block, der dazu dienen soll, Ideen zu notieren, bevor sie vergessen werde; Träume, geniale Erfindungen, Weltrettungspläne Ergänzungen für den Einkaufszettel, was einem halt so durch den Kopf geht. Aufschreiben und gehen lassen, fast wie beim Zen, das ist der Plan. Genau wie beim Zen ist allerdings: es funktioniert nur, wenn man es auch tut.

Ansonsten ist es eine ungenutzte Chance. Fast so schlimm, wie die Mittel zu kennen und nicht anzuwenden. Für diejenigen, die die Referenz zum tibetischen Buddhismus nicht erkennen: sehr lose zusammengefasst ist, wer die Mittel kennt und nicht anwendet, eine ganz, ganz arme Haut. Vorsichtig formuliert.

Und da ist was dran, denn hätte ich den Block benutzt, zwei/drei Tage zurück, als ich fiebernd im Bett lag und mir diese kleine Geschichte einfiel, die zu diesem Zeitpunkt so schlüssig, so kurz, so punktgenau war, ich müsste jetzt nicht diesen untauglichen Versuch unternehmen, eine arg ausgefranzte Erinnerung zu restaurieren.

Buttermarken kämen im ersten und im letzten Satz vor, nein, eigentlich Rabattmarken. Aber das habe ich im Fieber auch schon verwechselt. Buttermarken sind für mich, was Rabattmarken für die unter Dreißigjährigen sind, etwas wofür man zur Leihbücherei in die Präsenzbibliothek geht und dort im Brockhaus nachschlägt. Oder man googled (Butter-/Rabattmarken).

Könnt Ihr tun oder lassen, denn letztlich geht es nicht um Rabattmarken, sie sind lediglich eine Analogie zu …, zu …, oh, hier tritt sie dämonengleich zu Tage, die häßliche Fratze der Arme-Hautigkeit des Mittel-nicht-Anwenders, …, vergessen. Alles vergessen.

Okay, vergessen wir die Rabattmarken (was sollten wir auch sonst tun), sie waren ohnehin nur die Klammer, gut, nicht „nur“ die Klammer, aber für den Moment müssen wir darauf verzichten.

Das Setting der Geschichte ist ein Spaziergang, offene Landschaft, Wiesen und Felder, am Horizont ein Waldrand. Ein paar wenige junge Menschen und ich. Mit einer der jungen Frauen bin ich im Gespräch. Obwohl jede offensichtliche Ähnlichkeit fehlt, ähnelt sie einer Jugendfreundin genug, um mich zu erinnern, „dass wir“ nur wenige Jahrzehnte zurück „ganz genauso waren“.

Der Geschichte wäre das egal, denn ich bin mir sicher, sie hätte nur aus wenigen Dialogzeilen bestanden, streng genommen wäre sie gar keine Geschichte gewesen. Gesprächsthema wäre ein technischer Zusammenhang X gewesen, dessen Kenntnis mir per Kohortenzugehörigkeit nicht zwangsläufig zugeschrieben wird. Ich gebe vor, darüber nicht Bescheid zu wissen, der Ton gerade ironisch genug, um wahrgenommen zu werden. Oder auch nicht, ich bekomme lieb gemeinte Unterweisung zu X. Ich antworte irgendetwas mit Rabattmarken.

Klare Sache, dass diese Entgegnung von jener Schlagfertigkeit gewesen wäre, die wir immer nur mit zweitägiger Verspätung aufbringen. Steve, der Dialog-Spezialist aus dem Writers Room hätte 14 Tage daran herumfeilen müssen, ein One-Liner, wie er im wirklichen Leben nicht vorkommt.

Ende der Restaurationsbemühung. Natürlich geht es ums Älterwerden und die vielfältigen und notwendigen Anpassungen daran. Eine davon ist, zu erkennen, dass bestimmte Dinge nicht mehr funktionieren. Das Kokettieren mit dem eigenen Alter zum Beispiel. Das funktioniert nur, solange wenigstens eine Person im Raum bereit ist,  „So alt bist Du doch auch wieder nicht“ zu sagen. Sobald diese Person davon überzeugt ist, dass Du genau so alt bist, hast Du verkackt.

Irgendwas mit Rabattmarken.

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