Gesammelte Trivialitäten (3)

Die erste Woche des Monats mal wieder. Was schon zweimal gut geklappt hat, kann doch ein drittes Mal nicht scheitern. Oder? Also einfach mal anfangen „durchzubloggen“, in begrenztem Rahmen.

1.12.2023, Freitag
Es gibt einen Plan für diesen Tag. Einfach mal die Dinge erledigen, die ich nun schon Tage, zum Teil auch Wochen, vor mir herschiebe. Eigentlich alles nicht so schwierig, alles am PC, und trotzdem irgendwie von Widerständen begleitet. Damit sich das nicht zu einem Berg auftürmt, habe ich beschlossen, nach jedem abgearbeiten Punkt eine Serienepisode anzuschauen, die ich ohnehin anschauen würde. Ohne Plan und Beschluss halt hintereinanderweg, mit Plan und Beschluss als Belohnung. Die Hohe Kunst der Selbstverarschemotivation.

Für den niederschwelligen Einstieg die am wenigsten abgehangene Aufgabe, das Besorgen von zwei Büchern zu NLP, angeblich beide gut zu lesen und auch lesenswert. Sie sind eine Empfehlung von S., einem langjährigen Bekannten, mit dem ich gestern darüber im Gespräch war.

Einige Zeit später: Das Grundlagenwerk als .epub gefunden, die populärwissentschaftliche Aufbereitung nur als physisches Buch (u.a. gebraucht bei SchlimmerVersender, das schaue ich Sonntag bei A. nochmal nach, falls die Versandkosten wegfallen, ist das eine Option). Update: Leider nicht versandkostenfrei.

<O>

Punkt 2 der Liste abgehakt. Eine neue Kreditkarte war zu beantragen. Kreditkarten benutze ich kaum, aus Sicherheitsgründen auch nur in der Debitkarten-Version, und immer nur in kostenlosen Angeboten. Da ändern sich manchmal die Geschäftsbedingungen, manchmal stellt der Anbieter das Angebot auch ganz ein, wie-auch-immer, ich brauchte eine neue und die ist jetzt bestellt.

<O>

Punkt 3 abgehakt, Internetbanking im weitesten Sinn, die Debitkarte will aufgefüllt sein. Wie so oft, wenn man Dinge nicht regelmäßig tut, dauert es länger als gedacht. Die Benutzeroberfläche hat sich verändert und die Funktionalität ist stark erweitert, es fehlt an Orientierung. Das sind die Dinge, mit denen zu rechnen war (und unter anderem deswegen habe ich mich ja auch vor der Aktion gedrückt). Heute dann als Zugabe und passende Einstimmung vorneweg: die Authenticator-App hat das Logo gewechselt (Benutzeroberfläche) und kann jetzt über mehrere Geräte synchronisiert werden (Funktionalität). Wegen des fremden Logos finde ich die App nicht und komme erstmal nicht in das Konto. Ich fürchte schon größeren Aufwand für die Wiederherstellung und bin auch etwas nervös, denn es geht um den Zugang zu Geld. Auf dem Weg zur Neuinstallation klärt der Appstore dann die Sache für mich, schenkt mir noch ein passendes Update und entlässt mich freudig in weitere Orientierungslosigkeit. Aber am Ende war alles gut.

<O>

Und letztlich Punkt vier abgehakt. Es war der Einführungstext für den Monatsüberblick, der mir dieses Mal besonders schwer gefallen ist. Also im Anlauf, als ich heute davor saß ging es vergleichsweise schnell.

Es gibt noch einen Punkt auf meiner Liste, aber den werde ich auf morgen vertagen. Es ist schon spät, die wartende Serie geht dem Ende entgegen und hat vor einem Haken den Plot getwistet. Damit wird der Tag zuende gehen.

2.12.2023, Samstag
Viel Geklicke um den letzten Punkt auf der Liste abzuarbeiten, die geplante Fahrt nach Berlin. Erst bei Flixbus und -train, dann auf Google Maps wegen des Berliner Nahverkehrs. Und verschiedener Aufräumarbeiten, die dann auf Maps vordrängelten, gespeicherte Orte wollten aufgeräumt sein, jetzt ist alles fein. Konnte leider nicht sofort buchen, da die Überweisung zum Auffüllen der neuen Debitkarte noch unterwegs ist. Ich hoffe, dass das Montag klappt.

3.12.23, Sonntag
Ganztägig bei A., die ihr Wohnzimmer umdekoriert. Meine Hilfe war beim Anbringen der Lampen und Bilder gefordert, beides dauerte länger, als ursprünglich gedacht, mit den Bildern kamen wir nicht ganz durch. Dafür gab’s ein gutes Essen, einen Haarschnitt und ein Wannenbad.

4.12.23, Montag
Schnee, Überweisung für die morgige Ultraschalluntersuchung besorgt, Erkundigungen zum 49-€-Ticket eingeholt, kurzer Besuch bei G., Ofenanzünder beim Discounter gekauft, wieder zuhause die virtuelle Kreditkarte gecheckt und den Flixbus für die Berlintour gebucht, eine Maschine Wäsche gewaschen.

Fahrradfahren bei Schneefall und/oder liegendem Schnee ist blöd!

5.12.23, Dienstag
11.00 Uhr, Uniklinikum Ultraschall, Termin ist um 11.00 Uhr, bedeutet: Ankunft dort spätestens 10.15 Uhr, Abfahrt bei mir gegen 9.30 Uhr (wegen des Schnees), aufstehen gegen 8.30 Uhr.

Vor dem Ultraschall wird immer ein EKG gemacht und Blutdruck gemessen, damit bin ich tatsächlich kurz nach elf durch. Um dann die nächsten zwei Stunden im Wartebereich zu sitzen, im E-Reader zu lesen – bis der Akku nachgab – und letztlich sogar auf den Stuhl einzuschlafen. Nicht überraschend, geschlafen hatte ich die Nacht cirka zweieinhalb, maximal drei Stunden. Ultraschall kurz nach eins, das Arztgespräch eine dreiviertel Stunde später, Ende der Veranstaltung gegen zwei, zuhause um drei. Dort erstmal ins Bett und bis kurz nach sechs geschlafen. Den Rest der Wachzeit vorm PC verbracht (mit einer kurzen Unterbrechung vor der Heißluftfritteuse).

Ach ja, das Aneurysma ist nicht gewachsen, ich halte das für eine gute Nachricht. Fun fact, bei näherer Betrachtung meiner Aortenklappe waren sich zwei Fachkräfte nicht sicher, ob sie drei oder zwei Segel sehen (das sind die Klappdinger, die in der Herzklappe auf und zu klappen). Drei ist wohl üblich, aber zwei „kommt auch mal vor“. Ansonsten ist das wohl eher egal, Hauptsache es klappt.

„Vermeide Wiederholungen“ hat mein Deutschlehrer immer gesagt. Oder vielleicht hat er das auch nur einmal gesagt und ich habe es mir besonders gut gemerkt. Leider stimmt das nichteinmal für Texte, manche Dinge muss man sogar mehrfach wiederholen, damit sie klappen.

6.12.23, Mittwoch

7.12.23, Donnerstag
Im Makerspace den Einführungskurs in die Bedienung des Lasercutters besucht.

Laserschneiden ist, zumindest in der hier gezeigten Form, so etwas wie Laubsägen 2.0 (keine Wertung). Beliebige zweidimensionale Formen lassen sich aus nicht allzu starkem Plattenmaterial herausschneiden. Industriell geht viel, viel mehr.

Das eigentliche Schneiden geschieht im Lasercutter (siehe Bild, der große weiße Kasten) mittels einer Software, wobei das Ergebnis stark von deren Einstellungen abhängt. Die Einstellungen wiederum basieren auf Erfahrungswerten, sodass letztlich die Profis aus dem Makerspace bei der Ersteinrichtung zwingend  anwesend sein müssen. Dennoch gibt es auch zur Vorbereitung des eigentlichen Schneidevorgangs genug zu lernen. Denn die obengenannte beliebige zweidimensionale Form muss als .svg-Datei vorliegen (oder einem anderen Vektor-basierten Format). Solche Dateien werden u.a. von Inkscape erstellt, einer frei erhältlichen und leistungsstarken Software, mit der wir uns im Kurs schwerpunktmäßig beschäftigten. Klar wurde dabei auch, dass für den Erstanwender nichts (!) einfach oder selbsterklärend ist. Durchfummeln ist möglich, aber aufwändig. Bei zukünftigen Projekten ist also das Verhältnis von Aufwand zum Ergebnis zu bedenken.

Oder ich sag‘ „Spielkram“ und „Mir doch egal“ und habe einfach Spass dabei.

<O>

Zum Abschluss, ich bin unsicher, ob sich dieses 7-Tage-am-Stück-Beitragsformat für mich eignet. Ich bin unzufrieden damit, dass es viele verschiedene Themen aufnimmt, kurz behandelt und dann fallen lässt. Das führt zu einer aufgeblähten Verschlagwortung (wenn ich sie denn machte) und einer schwierigen Verlinkung, wenn ich nochmal auf irgendetwas davon verweisen möchte.

Andererseits erscheinen die Themen aber nur, weil ich mir in diesem Rahmen erlaube, sie nur kurz anzudeuten und genau keinen – großen oder kleinen – Artikel daraus zu machen.

Irgendwelche Ideen dazu?

WMDEDGT November 2023

Ein Monat mit sehr gemischten Ergebnissen, der im Verlauf immer mehr an Schwung verlor und in der zweiten Hälfte fast zum Stillstand kam. Oder so. Das Wintertief ist unabweisbar da, interessanterweise gemeinsam mit dem Winter. Es war ja noch lange warm und ich konnte, wenn auch immer seltener, draußen an der Fensterfront arbeiten. Als es in der zweiten Monatshälfte erstmals wirklich kalt wurde, musste ich die Illusion aufgeben, dass ich einfach so den Winter durcharbeiten könnte. Wenn Ihr jetzt denkt, dass das doch vorherzusehen war, ja, war es. Aber aus unerklärlichen Gründen nicht für mich. Es ist, besser: war, als ob ich nie zuvor einen (nichtmal so sehr) kalten Winter erlebt hätte.

Andererseits bin ich gerade dabei, mich in den Winter einzugewöhnen und die Fahrradtouren nach Gießen oder zum Discounter als belebend zu empfinden, gerade auch wegen der Kälte. Es gibt also noch Hoffnung.

Sage ich jetzt. Und das muss betont werden, weil ich an mir in den letzten Wochen eine „Gefühlsvertiefung“ festgestellt habe. Wenn es mir gerade gut geht, bin ich unangemessen hoffnungsvoll, dass das so bleibt. Geht es mir schlecht bin ich sehr verzweifelt, bis hin zum Gedanken, mir mal wieder Medis verschreiben zu lassen.

Wie gesagt, gerade geht es mir gut und der Gedanke kommt mir albern vor. Ich halte es für möglich, das gerade die schwierige letzte Woche des Monats ausgelöst wurde durch das Schreiben des düsteren Jahresrückblicks. Und dass sich diese Aktualisierung depressiven Gedankenguts jetzt erstmal wieder in den Hintergrund verdrückt. Schön wär’s.

Ansonsten wie immer, für die Details hier WMDEDGT November 2023 weiterlesen

Regenbögen

15.10.2022, Laubach

Warum sieht man in einigen Fällen sogar einen doppelten Regenbogen? Dabei wird das Sonnenlicht im Regentropfen nicht nur einmal, sondern zweimal reflektiert. Durch die doppelte Reflexion ist der auch als Nebenregenbogen bezeichnete zweite Regenbogen lichtschwächer. Zudem kehren sich dabei durch die unterschiedlichen Brechungswinkel auch die Farben wieder um, sodass Blau bzw. Violett nun außen liegt, Rot dagegen innen.

Der Deutsche Wetterdienst erklärt noch mehr.

Jahresrückblick 2023

Die Idee hinter dem vorgezogenen Jahrerückblich war, Euch die wenig unterhaltsame Schilderung der Jahresendzeitdepression gleich zu Beginn des Beitrags zu ersparen. Das wird zumindest in diesem Jahr nicht gelingen, zum einen weil ich hier, entgegen der behaupten Absicht, gleich mal damit einsteige, dass ich anscheinend in diesem Jahr meine Jahresendzeitdepression deutlich vorziehe. Mein gegenwärtiges Aktionslevel ist niederschmetternd niedrig.

Und genug davon, Ende des depressionsbezogenen Klagens.

Zum anderen wird es hier wenig unterhaltsam, weil das Jahr es nicht war, so gar nicht. Im Fogenden wird das unangenehm deutlich und selten war ich so unsicher, ob ich einen Text veröffentlichen sollte.  Den Ausschlag zur Veröffentlichung gab letztendlich so etwas wie der Wunsch nach Vollständigkeit, es wäre doch schade, wenn im Sammelalbum meines Lebens ein paar entscheidende Kapitel fehlen. Auch wenn sie etwas dunkel sind. Da müssen wir halt gemeinsam durch.

Zur Erinnerung, der letzte Jahresüberblick endet mit mir in der Strahlentherapie, vorsichtig optimistisch in Bezug auf die bevorstehende Heilung und die unvermeidlichen Nebenwirkungen. Womit ich, Spoiler, durchaus richtig lag, wie die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zeigen. Dennoch, der Dezember des Jahre 2022 hat mich zerlegt (nachzulesen hier), danach lag ich ein paar Monate in Teilen herum und  habe mich bis heute nur unvollkommen wieder zusammengesetzt. Weniger dramatisch ausgedrückt bin ich vielleicht einfach nur in meinem wahren Alter angekommen und all die Jahre davor, in denen ich mich überwiegend gesund und vergleichsweise jung fühlte, waren das Geschenk eines günstigen Schicksals, guten Karmas oder guter Gene.

Im Januar finde ich mich also in der Reha zur Prostatakrebs-Bestrahlung wieder, die nun aber auch die Folgen eines Herzinfarkts und zweier Stent-Operationen lindern soll. Wie gut das gelingt, will ich nicht beurteilen, denn drei andere Themen drängen sich tageweise und mit wechselnder Intensität in den Vordergrund. Später werde ich noch darauf eingehen, als Psycho-Themen ziehen sie sich durch den Rest des Jahres, Kraft gesaugt haben sie während der Reha sehr, möglicherweise auch deren Erfolg beeinträchtigt.

Um die Hardware-Schäden schnell abzuhandeln, Prostata und Herz werden regelmäßg von Spezialisten gecheckt und alles ist in einem erwartbaren Rahmen. Dennoch ist meine Leistungsfähigkeit gegenüber dem Vorjahr eingeschränkt und es fühlt sich so an, als würde das auch so bleiben beziehungsweise altersbedingt  abnehmen. Bei den Hardware-Schäden mitzudenken ist immer auch die Gehbehinderung durch den Archillessehnenriss links. Ich komme nur deshalb bei schnellem Laufen nicht außer Atem, weil ich gar nicht schnell laufen kann. In der Folge, vermute ich, wird auch das rechte Bein nicht ausreichend trainiert, seit dem Oberschenkelbruch vor rund zwei Jahren ist es deutlich weniger belastbar. Aber, trotz aller Einschränkungen, noch geht alles alleine und das aufzuschreiben ist schon ein erster Hinweis darauf, dass die Gedanken schon manchmal bei einer Zeit sind, in der das nicht mehr so sein wird.

Die Hardware zeigt also deutliche Abnutzungserscheinungen. Damit nicht genug, die Software ist ebenfalls ziemlich buggy. Als Meister der subtilen Überleitung komme mit dieser flappsigen Bemerkung zu den bereits angekündigten ganz und gar nicht flappsigen Psycho-Themen, denn die sind letztlich alle nur Variationen eines großen Themas, dem Sterben.

<O>

Anlass, sich über das Sterben Gedanken zu machen, gab es genug. Als Helen Anfang Dezember starb, kam das für den Rest der Familie gänzlich unerwartet.  Wie um zu beweisen, dass auch ich „unerwartet“ kann, bekomme ich zwei Tage später einen Herzinfarkt und drei Tage später einen Stent gesetzt, die Strahlenbehandlung muss ich während der kurzen Nach-Überwachungszeit nicht unterbrechen, sie findet im gleichen Krankenhaus nur drei Stockwerke tiefer statt. Als Unterstützung für die Kinder, unsere gemeinsamen, nun erwachsenen Kinder, falle ich komplett aus, selbst meine eigene Trauer ist mir in dieser ersten Zeit nach ihrem Tod nicht zugänglich. Zu beansprucht bin ich von Strahlenbehandlung und physischem Herzleid, alles was ich möchte ist dasitzen, vor mich hin schauen und heilen.

Tatsächlich komme ich erst sehr viel später im Jahr dazu, meiner Trauer etwas mehr nachzuspüren, sie zu empfinden und zu durchleben. Im August besuche ich meinen Sohn und dessen Familie in Hamburg, wo auch Helen lebte. Im Rahmen dieses Besuchs schauen wir viele Bilder von Helen an, sprechen über sie und besuchen auch ihr Grab. Würde sie leben, hätten wir uns in diesen Tagen sicherlich getroffen; erstmals wird ihr Fehlen „wirklich“.

Wieder zuhause besucht mich meine Tochter für ein paar Tage, auch sie hat Fotos, Erinnerungsstücke und Fragen zu Helen im Gepäck. In den Gesprächen mit ihr bemerke ich in mir einen Differenzierungsprozeß, Trauer hat verschiedene Seiten, kommt mal tränenreich sentimental daher, mal resignativ bedauernd, manchmal mit Beimischungen früherer, auch schwieriger Gefühle ihr gegenüber. Alte Liebe und alte Kränkung kommen Hand in Hand. Ungelebte Chancen zeigen sich im Rückblick genauso klar wie unerfüllbare Erwartungen.

Vor wenigen Tagen wäre Helens 63. Geburtstag gewesen und bildete den Anlass, in Gedanken für einige Zeit bei ihr zu sein. Noch immer gibt es neue Facetten in diesem Gedenken, dennoch, es fühlt sich an, als sei zuende getrauert. Sie fehlt, aber ihr Fehlen schmerzt nicht mehr.

Ein anderes Ergebnis des Tochterbesuchs: es gibt jetzt endlich eine Patientenverfügung. Nach einer über einjährigen Pause, in der „eigentlich“ schon alles vorbereitet und vorgedacht war, es fehlte wirklich nur noch die Umsetzung  (ein paar Haken im Onlineformular, ausdrucken, unterschreiben) und – hier Auftritt der Tochter – jemand, dem die Aktion wichtig ist. War sie ihr, es gab eine dringende Bitte zum Termin X …, und done! Es kann so einfach sein.

Wie überhaupt, schon während des Jahres hatten wir verschiedene Telefongespräche, in denen wir durchgingen, was so alles schwierig werden kann, wenn ein nahestehender Mensch stirbt; meint: ich. Dabei hatten wir durchaus unsere emotionalen Momente, sind aber auch in der Sache vorangekommen. Meine wesentlichen Wünsche sind mitgeteilt. In Stichworten: Feuerbestattung, Friedwald, Erbverteilung. Selbst so praktische Dinge wie der Geräte- und Kontenzugang, jeweils off- und online, wurden besprochen. Mit all dem bin ich sehr zufrieden, solche Gespräche nehmen die Schwere aus dem Thema und führen zur Akzeptanz. Drüber reden hilft, selbst beim Sterben.

<O>

Ein weiteres großes Thema war die Demenz meiner Mutter, die mir wie eine unnötig in die Länge gezogene Variation des Sterbens vorkommt. Was ich so nicht schreiben würde, wenn ich nicht irgendwann bei mir bemerkt hätte, dass ich um sie trauerte. Vergangenheitsform, der Zustand dauerte nicht lange an und fiel in die Zeit der Reha, in der ohnehin alles geballt stattfand, was ich Euch hier halbwegs sortiert erzähle. Es war, es ist, als sei sie gestorben.

Mich in ihre Demenz einzufühlen gelingt mir nicht. Zumindest nicht im Sinne eines Mit-Leidens, auch hier eher abstrakt und, nun, wertend. Demenz ist der ultimative Move aus der Auseinandersetzung und der Beziehung heraus, hinein in eine Welt, die nur ihrer Interpretation folgt. Was wahr und was erfunden ist, kann und muss nicht mehr unterschieden werden. Sie hätte dies Unschärfe auch wesentlich früher in ihrem Leben zu schätzen gewußt.

Die Demenz meiner Mutter wurde lange nicht erkannt, vielleicht auch nur verleugnet. Anfang des Jahre wurde deutlich, dass sie nicht mehr alleine in ihrer Wohnung sein könnte. Da die Beziehung zu meiner Mutter immer schwierig und niemals wirklich liebevoll war, war ich nicht bereit, die Verantwortung für sie zu übernehmen und bestand darauf, dass ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt werden müsste. Bis zur Benennung einer Betreuerin dauerte es mehrere Monate, in dieser Zeit blieb ich gezwungenermaßen Ansprechpartner Nummer Eins für Nachfragen bezüglich ihres Verbleibs, die ich regelmässig nicht beantworten konnte.  Schmerzhaft deutlich wird auch, wie dysfunktional die Restfamilie ist, der Umgang miteinander ist – in der schwächstmöglichen Formulierung – unfreundlich und kontraproduktiv. Die Auseinandersetzung damit verschwendet unnötig viel Kraft, die ich an anderen Stellen sehr gebrauchen könnte.

Mir, und auch der irgendwann dann eingesetzten gesetzlichen Betreuerin, war von Beginn der Misere an klar, dass Mutters Wohnung aufgelöst und verkauft werden müsste. Insgesamt dreimal war ich, zum Teil mehrere Tage, in der Wohnung um Papiere zu sichten und Erinnerungsstücke zu entnehmen. Jeder dieser Besuche brachte Photoalben oder Schriftstücke zutage, die bewahrenswert sind. Insbesondere beim letzten Besuch, gemeinsam mit meiner Tochter, fanden wir nochmals alte Urkunden aus einer Zeit, als meine Mutter genealogische Nachforschungen betrieben hat. Im Ergebnis habe ich nun Kisten voller Zeugs bei mir herumstehen, von dem ich nicht weiß, wohin ich damit soll. Vieles davon könnte digitalisiert werden, ich habe auch schon damit begonnen, letztlich ist das aber aufwändiger, als ich zunächst dachte. Seit mehreren Wochen (hoch einstellig) steht das Zeug nun unangetastet herum und wartet auf weitere Entscheidungen meinerseits.

Emotionen bezüglich meiner Mutter sind mir kaum zugänglich, vielleicht auch wirklich nicht vorhanden. Ins Leiden kam ich immer nur, wenn von außen die Erwartung an mich herangetragen wurde, dass ich etwas für sie zu fühlen und in der Folge auch zu entscheiden hätte. Seitdem die gesetzliche Betreuerin eingesetzt ist und ich meine Mutter gut untergebracht weiß, beschäftigt sie mich wenig. Oder nur auf eine sehr abstrakte Weise. Ich schaue mir die Fotos aus der Zeit an, als ich noch nicht geboren war, und habe Phantasien darüber, wer diese Elternmenschen waren, damals. Oder spätere Fotos, die den Übergang in eine Zeit zeigen, die ich irgendwann dann auch miterlebte. Nachfragen kann ich nichts mehr, ich bin ganz frei, mir Geschichten auszudenken.

<O>

Mir ist danach, den Text an dieser Stelle kurz zu unterbrechen. Schon jetzt ist dieser Jahresrückblick nicht unbedingt ein Gute-Laune-Text, aber ab hier wird es düster. Empathiebegabte Menschen werden nach dem Lesen traurig sein. Ganz ehrlich, Ihr müsst Euch das nicht geben. Wenn Alter, Krankheit und Tod gerade nicht in Euren Tag passen, dann solltet Ihr jetzt aufhören zu lesen und später wiederkommen. Oder gar nicht. Aber natürlich könnt Ihr auch einfach Jahresrückblick 2023 weiterlesen

Gesammelte Trivialitäten (2)

Erinnert Ihr Euch an die durchgebloggte Woche letzten Monat. Das probiere ich gerade nochmal, es hat gar nicht wehgetan. Direkt am Monatsanfang damit zu beginnen, hat einen kleinen, eher technischen Vorteil, mit dem ich Euch nicht langweilen will. Los geht’s.

1.11.2023, Mittwoch
(Groß-)Tante Lenis Todestag, nicht heute, sondern vor mehr als fünfzig Jahren. Sie ist eine meiner Lieblingsverwandten, vermutlich einfach deswegen, weil sie gut zu mir war und wir auch regelmässig Kontakt hatten. Dass sie mit ihrem Tod meinen 14. Geburtstag massiv störte, sei ihr verziehen, ich bin sicher, hätte sie es vermeiden können, sie hätte es getan. Mehr dazu im Blogbeitrag vom 1.11.1970.

<O>

Für meine Verhältnisse früh aufgestanden, sogar noch vor dem gestellten Wecker, um mich gegen halb eins mit A. zum Brunch zu treffen. Neben allerlei Plauderei geht es auch um die Feinabstimmung unseres morgigen gemeinsamen Ausflugs nach Frankfurt. Auf dem Rückweg am Baumarkt vorbeigefahren und Holzleim mitgenommen, leider vergesse ich Brot, das auch auf dem inneren Einkaufszettel stand. Gegen sechzehn Uhr bin ich wieder zuhause.

Abends Mail vom der Dating-App, mein Account sei nun gelöscht. Das ist nicht überraschend, es gab mehrere Vorwarnungen, so viele, dass ich dachte „Dann tut es doch endlich, statt nur davor zu warnen!“ Dating war im Sommer 22, dann kamen ab Dezember all die niederdrückenden, persönlichen Ereignisse (hier verlinkt zum Jahresrückblick – kommt noch) und im Moment bin ich halbwegs wieder erholt davon, aber der Wunsch nach Verpartnerung hat stark nachgelassen und ist zumindest in der Online-Version den Aufwand nicht wert..

2.11.23, Donnerstag
A. und ich unterwegs nach Frankfurt. Weil Friedberg im Moment eine echte Engstelle im öffentlichen Nahverkehr darstellt, wollten wir clever sein, mit dem Auto dorthin und nur den Rest der Strecke mit der Bahn fahren. Eine gute Idee, die in der Umsetzung an einem Stellwerksfehler scheiterte, der uns trotz aller Bemühung eine Stunde kostete, die wir wartenderweise – oder in anderen als den geplanten Verkehrsmitteln – verbrachten.

Ein Gutes hatte die Geschichte dennoch, während exakt dieser Fahrt entwickelten wir spontan die Idee eines gemeinsamen Städtetrips nach Budapest im Frühjahr/Sommer 2024. Ihr werdet sicher davon lesen.

„Ach was“ ist die Austellung zum hundertsten Geburtstag von Loriot im Frankfurter Karikaturen-Museum überschrieben. Loriot war damals eine große Sache und macht auch heute noch Retro-Spass. Spass, den sich mehr Menschen wünschen, als ich an einem Donnerstagmittag erwartet hätte. Es war sehr voll, vor allem mit Menschen, die vermutlich mit Loriot groß geworden sind. Etwas enttäuscht war ich davon, dass zugunsten dieser Sonderausstellung die Dauerausstellung komplett ausgeräumt war, die hätte ich gerne auch angeschaut, zumindest oberflächlich, denn eines wurde bei Loriot schon deutlich, Karikaturen erfordern einen gewissen Leseaufwand, wenn man Spass dran haben möchte.

 

Leseintensiv war auch die zweite Austellung, die wir besuchten: „Streit – Eine Annäherung“ im Museum für Kommunikation. Klingt trocken und theoretisch, war aber durch viele gelungene Exponate und Mitmachangebote soweit aufgelockert, dass wir gut im Gespräch miteinander waren und erst gegen Ende der Ausstellung Konzentrations- und Nikotinmangel zum Tragen kam. Zwanzig Minuten vor Schließung verließen wir das Museum, liefen zum Bahnhof und gelangten diesmal problemlos zurück nach Friedberg.

Dort, in Friedberg, das sah der der Plan vor, wollten wir essen gehen. Ja, mach‘ nur einen Plan … . Auf einen zweiten Blick sagte uns Google Maps, das Restaurant sei „Dauerhaft geschlossen“, aber wir sind ja flexibel (unterdrücktes Lachen aus dem Off), entschieden uns schnell für eine Alternative in Lützellinden, nur um dort zu erfahren, dass es das bevorzugte Angebot dort nicht mehr gibt. Müde, hungrig, kalt, da hilft nur der Rückgriff auf Routinen, wir landen beim Stamm-Türken (keine Dönerbude, sondern ein eher hochpreisiges, lamm- und knoblauchlastiges Restaurant mit angenehm bürgerlicher Atmosphäre). Womit ich im Nachgang sehr zufrieden bin, vermutlich hätte keine der zuvor angedachten Möglichkeiten uns einen ähnlich angenehmen Abschluss mit ähnlich gutem Essen bieten können.

3.11.23, Freitag
In der Kurzversion stünde hier „Eine Winzigkeit für die Fensterfront, später Lebensmitteleinkauf“, fertig. Solche Einträge unterschlagen die vielen anderen Kleinigkeiten, die sich oft ungeplant wie eine Plauderei auseinander ergeben. Heute, und nur als Beispiel, die Aufbereitung der gestern gemachten Fotos (oft in mehreren Schritten, siehe Bild), die nun noch in ein Album verschoben werden müssen, das ich dann für A. freigeben kann. Stichwort „freigeben“, wäre nicht die Einrichtung eines geteilten Dokuments für die gemeinsame Vorbereitung des Budapest-Städtetrips sinnvoll?  Das Dokument mit ersten Ideen anzufüllen benötigt auch etwas Zeit, denn wo sollen die Ideen herkomen, wenn nicht aus einem Reiseführer. Also Reiseführer suchen, herunterladen und grob sichten. Und es gibt noch Google Bard, mal schauen, was der vorschlägt. So vergeht die Zeit.

4.11.23, Samstag
Laute Gespräche und eine Kettensäge holen mich am späten Vormittag aus dem Schlaf. Die ungeliebte Nachbarin fällt eine längst auch im Wortsinn fällige Birke. Also nicht sie tut das, sie hat auch den Ehemann und den ungeliebten Nachbarn dabei. Alles geschieht schnell und professionell, wären es nicht sie (Einzahl) und sie (Mehrzahl), man könnte fast von einem erfreulichen Ereignis sprechen.

Draußen regnet es, ein guter Tag, die Blogbeiträge der letzten zwei Tage nachzuholen.

Der Abend vergeht mit einem Budapest-Reiseführer. Ich sammle Sehenswürdigkeiten und Informationen auf dem geteilten Dokument von A. und mir. Je länger ich das tue, umso mehr Lust bekomme ich auf die Nummer. Meine Sorge, dass wir 14 Tage nicht angefüllt bekommen, scheint unnötig.

5.11.23, Sonntag
Ein Ego-Boost am Morgen – meint nach dem Aufstehen, ich stoße auf einem Selbsttest zur Medienkompetenz, der von halbwegs verläßlichen Institutionen entwickelt ist, turne ihn einmal durch und schneide erfreulich gut ab. Nebenbei, das mit den halbwegs verläßlichen Institutionen steht da nur, um von vorneherein keinen Zweifel am Testergebnis aufkommen zu lassen.

Bonus-Info: der Durchschnitt liegt über alle Themen bei 2,5 bis 3,2

Dort, wo ich nicht gut abschneide (aber immer noch im Durchschnitt liege), sehe ich Möglichkeiten zur Diskussion. Und dafür habe ich ja Euch. Im Wesentlich kostet mich die Frage Punkte, wie mit weitergeleiteten Fake-News umzugehen sei. Meine Haltung, grundsätzlich keine News – egal ob Fake oder nicht – weiterzuleiten (oder darauf zu reagieren) wird zwar einleitend abgefragt, aber, das zeigt die Auswertung, als unwichtig abgetan. Ich halte das für wichtig, denn alle Konfusion bei der Beantwortung der Folgefragen  leitet sich daraus ab. Andererseits, das Thema heißt „Mitreden“, und das verweigere ich mit meinem Grundsatz tatsächlich. Es gibt also keinen Grund allzusehr herumzupinzen.

Der Punktabzug beim Thema „Fakten checken“ ergibt sich aus der Frage, ob man die Nachrichtenredaktion des Senders NTV eher oder eher nicht als neutral einschätzt. Ich eher nicht. Keine Nachrichtenredaktion ist neutral und „eher“ ist in der Verwendung eher schwierig. Ich gebe mir auch bei diesem Thema eher die volle Punktzahl.

Und weil ich gerade beim Thema bin schaue ich mir später im Tag den dritten Teil einer 14-teiligen Vortragsreihe von Philipp Hüble zum Thema Bullshit-Resistenz an. Hüble ist Philosoph und Publizist, wer mehr wissen will, guckt bei Wikipedia. Es scheint sich um den Mitschnitt eines Seminars zu handeln, ist aber an jeder Stelle gut verständlich. Manchen könnte es sogar zu langsam vorangehen, denn in guter Philosophenmanier wird jeder Begriff erst definiert, bevor er im weiteren Verlauf verwendet wird, als hätten wir darunter eigentlich schon immer genau das verstanden. Wer glaubt zu wissen, was ein Trottel ist, erfährt hier Neues.

6.11.23, Montag
Viele Menschen müssen montags wieder zur Arbeit, ich als Rentner nicht, aber um mich zu erinnern, wie das war damals, erledige ich eine Kleinigkeit an der Fensterfront.

Später im Tag eine eineinhalbstündige Dokumentation zu Loriots 100. Geburtstag in der Mediathek der ARD (Link nur gültig bis zum 6.11.24, ich missbillige das).

7.11.23, Dienstag
Die gestrige Kleinigkeit ist in Teilen falsch, lässt sich aber mit geringem Einsatz korrigieren. Ich korrigiere mich langsam aber sicher, und zunehmend zuversichtlich, einem durchaus zufriedenstellendem Ergebnis entgegen.

<O>

Vielleicht werde ich auf die alten Tage rührselig oder sentimental. Gestern bin ich zunächst auf die Story und dann auf das Video des „letzten“ Beatles-Songs gestoßen, der in diesen Tagen veröffentlicht wurde. Und war tatsächlich zu Tränen gerührt. Keine Ahnung wovon genau, vielleicht von den Textfragmenten, die ich verstand, oder den Videomontagen, in denen alte Männer ihren jüngeren Inkarnationen begegnen.

Die Entstehungsgeschichte des Songs ist interessant, ganz unabhängig von den Beatles. Obwohl es vermutlich hilft, die Beatles zu sein, wenn man Peter Jackson mit ins Produktionsboot holen will.

John Lennon schrieb das Lied in den späten 1970er Jahren und nahm es als Demo auf. 1980 wird er in New York ermordet. 1995 arbeiten die verblieben Beatles – Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr – erstmals an dem Song. Sie fügten neue Instrumente und Gesangsspuren hinzu, in dieser Zeit entsteht auch die Gesangsspur von Georg Harrison, der 2001 starb. Über zwanzig Jahre später, im Jahr 2022, entwickelte Peter Jackson und sein Team ein Verfahren, das es ermöglichte, auf dem Demo-Band die Stimme von John Lennon von der Klavierbegleitung zu trennen. Mit dieser bereinigten Tonspur konnten die zwei verblieben Beatles – Paul McCartney und Ringo Starr – den Song fertigstellen.

<O>

Den Müll herausgebracht, was nur deswegen erwähnenswert ist, weil eine der zwei Tüten schon seit ziemlich genau einem Monat neben dem Mülleimer darauf wartete. Als die zweite Tüte dazu kam, war es nicht mehr so dringend, nun konnten die zwei sich miteinander unterhalten. Dennoch war es eine große Freude, als ich die beiden heute mit ihren Freunden wiedervereinte. Aber auch etwas morbide, der ganze Mülltütenverein träumt davon, in der großen Müllhalde aufzugehen. Die aufgeklärteren Müllgenossen träumen von thermischer Wiederverwertung, ich halte das nur für unwesentlich besser. Aber hey, was weiß ich schon.